Wesel. Händler aus Wesel bestätigen: Viele Leute entdecken durch die aktuellen Einschränkungen ihre Lust aufs Radfahren. Auch Hunde fahren im Hänger mit

Viele Branchen leiden unter den Einschränkungen zur Ausbreitung des Coronavirus. Doch es gibt auch Gewinner der Krise. Dazu gehören zweifellos Fahrradhändler, wie Klaus und Birgit Strößer vom gleichnamigen Zweiradgeschäft aus Obrighoven bestätigen. Seit 20 Jahren führen sie den Laden, „doch so verrückt wie den den letzten drei Wochen war es noch nie“, berichtet der Zweiradmechaniker.

Zwar musste er seine Verkaufsfläche vom 18. März bis 19. April schließen. „Da konnten wir aber auch mal viel in der Werkstatt schaffen“, so der 54-Jährige. Denn die galt als „systemrelevant“ und dürfte auch während des „Shutdowns“ weiterarbeiten.

Von dem, was dann ab dem 20. April passierte, können Geschäftsleute eigentlich nur träumen: „Als wir an dem Montag morgens um 9 Uhr die Tür aufgeschlossen haben, standen schon mehrere Leute davor uns haben gewartet – sowas gab es noch nie bei uns“, erinnert sich Birgit Strößer. Die 50-Jährige hat mehrere Erklärungen, warum die Kunden ihnen seit jetzt drei Wochen regelrecht die Bude einrennen.

Schülerin Kathrin Strößer (16) hilft auch im Fahrradgeschäft mit – es gibt ja in diesen Wochen genug zu tun...
Schülerin Kathrin Strößer (16) hilft auch im Fahrradgeschäft mit – es gibt ja in diesen Wochen genug zu tun... © FFS | Lars Fröhlich

„Natürlich kaufen sich ohnehin viele Leute im Frühjahr ein neues Fahrrad, doch durch die Coronakrise kommen noch andere Gründe dazu“, so die Kauffrau.

Sie berichtet von einem Paar mittleren Alters, dass ihr berichtete: „Aus unserem Türkeiurlaub wird in diesem Sommer ja leider nichts, jetzt wollen wir uns für das Geld gerne E-Bikes kaufen“, so Birgit Strößer.

Andere wiederum entdecken Fahrräder wieder, die zwischenzeitlich quasi „verschollen“ waren, wollen wieder rauf aufs Rad, „weil man ja sonst aktuell nicht viel machen kann“, so Erklärungen in der Corona-Zeit.

Kurios: „Da kommen wirklich Leute zu uns mit 30 Jahre alten Fahrrädern, die sie seitdem nicht mehr benutzt haben“, berichtet der Fahrradhändler.

Eine Dame brachte kürzlich ein Zweirad, das auch schon mehrere Jahre herumgestanden hatte. „Wir sollten einen neuen Hinterreifen aufziehen, doch dann stellte sich raus, dass es mit aufpumpen schon getan war“, berichtet Klaus Strößer schmunzelnd.

Etwa zwei Drittel E-Bikes

Viele Weseler entdecken aber auch, wie toll man vor der eigenen Haustür mit dem Fahrrad Ausflüge machen kann. Zwei Drittel der Erwachsenenfahrräder seien mittlerweile mit Elektro-Unterstützung, schätzt Birgit Strößer. Schließlich sind damit locker Touren bis zu 160 Kilometer möglich, erklärt die 50-Jährige, deren Familie schon komplett auf Pedelecs umgestiegen ist.“

Der 14-jährige Sohn Moritz fährt damit von Obrighoven zum Yachthafen zum Kanutraining: „Das ist super, so komme ich fast völlig ausgeruht dort an“, lobt der Jugendliche.

Seine Schwester Kathrin (16) hilft im Laden mit. Sie hat beobachtet: „Viele Familien fragen auch nach Kinderrädern und entscheiden sich dann ziemlich schnell zum Kauf.“

Kommunionräder warten

Traditionell bekommen viele Kinder zur Kommunion ein neues geschenkt. „Viele sind auch schon angezahlt und stehen hier bereit“, erklärt Birgit Strößer.

Da viele Familien aber nicht auf einen Nachholtermin der Kommunion warten wollen, haben einige Kinder schon vorab jetzt ihr Fahrrad bekommen.

Zwei weitere Trends nennen die Händler: Wegen einer Förderung des Landes NRW werden Lastenfahrräder (auch „Bakfiets“ genannt) immer mehr nachgefragt.

Und Anhänger für Hunde liegen immer stärker im Trend. „Kein Wunder“, erklärt Birgit Strößer, „durch die E-Bikes fahren die Hundebesitzer jetzt länger und weiter – das schaffen die Hunde dann irgendwann nicht mehr.“ Doch die Vierbeiner wollen ja auch mit, gehören sie ja quasi auch zur Familie...

>>> AUCH DEN ADFC HAMMINKELN FREUT DER TREND „RAUF AUFS RAD“:

Peter Zelmer, Vorsitzender des Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Hamminkeln, freute sich erst Christi Himmelfahrt, „dass ungewöhnliche viele Menschen per Rad unterwegs sind“.

Allerdings: „Die zurzeit noch geltenden Abstandsregeln einzuhalten, ist nahezu unmöglich“, erklärt der passionierte Radler, der sich für bessere Radwege einsetzt. Er nennt dazu ein Beispiel: „Wenn Radwege nur 1 bis 1,30 Meter breit sind – wie soll ich da einen Fußgänger überholen und dabei 1,50 Meter Abstand halten?“