Wesel/Hamminkeln. Helmut Bourry (89) denkt jedes Jahr um den 16. Februar an die „Todesstunde der Stadt Wesel“, die ihm noch heute in schrecklicher Erinnerung ist.

Jedes Jahr, wenn es wieder auf den Jahrestag der Zerstörung Wesels zugeht, kommen die schrecklichen Ereignisse des Jahres 1945 bei Helmut Bourry wieder in Erinnerung. Der 89-Jährige aus Wesel findet es wichtig, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät.

Der ehemalige Elektrohandwerksmeister erinnert sich: „Am 16. Februar jährt sich zum 75. Mal der Tag, an dem unsere schöne alte Stadt Wesel in Schutt und Asche versank.“

Anfang 1945 war der Krieg mit den Alliierten täglich näher an die deutschen Reichsgrenzen gerückt, berichtet der Senior, der damals 14 Jahre alt war.

„Unter hohen Menschenverlusten wurde auf beiden Seiten um den entscheidenden Durchbruch ins Deutsche Reich gerungen“, schildert Bourry und ergänzt: „Als die Luft im linksrheinischen Kalkar zu eisenhaltig wurde, ist unsere Familie – solange die Brückenübergänge noch intakt waren – ins rechtsrheinische Loikum, meinem Geburtsort, geflüchtet.“

Die Luftübermacht der Alliierten sei seinerzeit täglich zu spüren gewesen, so der Weseler heute: „Alles was sich dabei auffällig bewegte, wurde gnadenlos zusammen geschossen.“

Kalter Wintertag wurde zum Schicksalstag

Dann kam der 16. Februar 1945: „An diesem kalten Wintertag sollte nun die Todesstunde der Stadt eingeläutet werden“, sagt Bourry, der aus sicherer Entfernung im zwölf Kilometer entfernten Loikum die Bomber die Hansestadt anfliegen sah.

So sah Wesel nach dem Angriff aus.
So sah Wesel nach dem Angriff aus. © Stadtarchiv Wesel

„Die fürchterlichen Detonationen und Erschütterungen zerrissen die Luft. Nach dem Angriff flüchteten die Menschen aus der Stadt und suchten ihr Heil auf dem Land“, sagt der Senior mit zitternder Stimme sichtlich bewegt.

Am Tag nach dem großen Angriff begleitete der junge Helmut Bourry die etwa 18 Jahre alte Tochter einer Vermissten, um in Wesel deren Mutter zu suchen.

„Trümmer, nichts als Trümmer“

„Doch wo man hinsah: Trümmer, nichts als Trümmer“, erinnert sich der heute 89-Jährige.

Die Suche war allerdings erfolglos, Teile Wesels waren aber auch wegen der Blindgänger viel zu gefährlich. Die vermisste Frau wurde erst rund ein halbes Jahr später in einem Keller unter der gar nicht mehr zu erkennenden Sparkasse gefunden. Da war sie bereits schon lange tot.

Grausige Bilder

„Wir waren froh, dass wir die Stadt heil verlassen konnten. Grausige Bilder begleiteten uns auf dem Heimweg.“

Am 23. März 1945 gegen 16.30 Uhr sei dann der Beschuss der Alliierten von der anderen Rheinseite auf Loikum aus losgegangen, berichtet der Senior weiter. „Dieses Artillerieinferno dauerte die ganze Nach bis um 6 Uhr in der Frühe. Wir wurden sturmreif geschossen.“

Mitten in dem Chaos habe er dann mit ein paar anderen Schutzsuchenden – durch Gewehr- und Maschinengewehrfeuer – ins Nachbargehöft fliehen müssen, denn der Meissenhof, in dem sie sich ursprünglich in Sicherheit wähnten, stand schon in Flammen.

Helmut Bourry ist sich sicher: „Wer das damals miterlebt hat, kann diese unselige Zeit niemals vergessen.“ Wie Wesel nach der Zerstörung aussah, zeigt unserer Bilderstrecke.

>>> ERINNERUNG AN DIE ZERSTÖRUNG DER HANSESTADT:

Wesel erinnert mit mehreren Veranstaltungen an den Krieg: Am Freitag, 14. Februar, läuft ab 19.30 Uhr ein Konzert der Castle Singers aus Emmerich zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt vor 75 Jahren in der Fusternberger Engelkirche.

Einen ökumenischen Gottesdienst gibt es am Sonntag, 16. Februar, um 11 Uhr im Willibrordi-Dom. Unter anderem mit dabei sind Schüler des Konrad-Duden-Gymnasiums, die sich auf Spurensuche begaben und an die Kriegszerstörung 1945 erinnern.


Das ZDF plant am Donnerstag um 21.45 Uhr im „Heute-Journal“ einen Beitrag über die Zerstörung Wesels und Dresdens.