Wesel-Bislich. Bei der Winterversammlung zogen die Weseler Landwirte Bilanz: 2019 war ein erlebnisreiches Jahr. Die Bauern spüren Erfolge ihrer Proteste.

Bundesweite Demonstrationen tausender Bauern, Wut über die mangelnde Wahrnehmung in der Bevölkerung, die Politik und ihre Entscheidungen – auf der Winterversammlung der Weseler Ortsbauernschaft war zu spüren, dass das Jahr 2019 den Landwirten spürbar Aufwind gegeben hat. Das zeigte sich schon beim Grußwort von Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, die Verständnis für den Unmut der Landwirte hat.

„Es ist gut, dass Sie 2019 auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben und über die Proteste mit den Traktoren ihre Position ins Bewusstsein gerückt haben.“ Seitens der Verbraucher brauche es eine Verhaltensveränderung, was den Kauf von landwirtschaftlichen Produkten betrifft.

Klimawandel nimmt bedrohliche Züge an

„Agarpolitisch war das Jahr 2019 eines der erlebnisreichsten Jahre überhaupt, so lange ich mich zurückbesinnen kann“, führte der stellvertretende Kreisbauernvorsitzende Jens Buchmann aus. Zum richtigen Zeitpunkt hätte eine Handvoll Berufskollegen die Idee „Land schafft Verbindung“ auf den Weg gebracht, die im Herbst zum „durchschlagenden Erfolg“ führte. Es gelte aber, „dran zu bleiben“.

Die zunehmend medial geprägte Gesellschaft habe den Blick auf die reale Landwirtschaft längst verloren, sagte er. Alle seien sich einig, dass der Klimawandel „bedrohliche Züge“ angenommen habe. Aber dem mit „unqualifizierten Aktionismus“ zu begegnen, sei falsch, kritisierte Buchmann. Politik und Gesellschaft ignorierten wissenschaftliche Erkenntnisse, er sprach von „selbst ernannten Umweltpäpsten“ und dem Interesse der Politik an Wählerstimmen.

Landwirtschaft: Gewisse Emissionen sind unvermeidbar

Die Landwirte im Kreis Wesel wollten Natur- und Umweltschutz. Aber die Landwirtschaft sei für 4 bis 7 Prozent der Treibhausgase verantwortlich, „die mit natürlichen Prozessen verbunden sind, die der sicheren Versorgung mit Nahrungsmitteln dienen“. Wenn man die Ernährung durch die Landwirtschaft erhalten wolle, müsse man gewisse Emissionen hinnehmen. Die Emissionen seit den 1990er Jahren seien in der Landwirtschaft um 16 Prozent reduziert worden.

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„Mit dem Humusaufbau der Böden können wir einen wertvollen Beitrag zur Reduktion leisten.“ Der CO2-Anteil bei der Produktion von einem Liter Milch liege deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Für eine EU-weite Klimaneutralität bis 2050 Waldflächen auszuweiten, würde „den Flächenverlust für die Landwirtschaft vergrößern und die Produktion ins Ausland“ verlagern.

Blühstreifen sind nicht das Allheilmittel

Vor Buchmanns Rede standen zwei spannende Vorträge und Diskussionen. Sabine Engler von der Biologischen Station im Kreis Wesel referierte über die Förderung der Artenvielfalt durch Blühstreifen. Sie plädierte dafür, diese möglichst lange stehe zu lassen, sie blütenvielfältig und nicht zu schmal zulegen. Wenn Landwirte dazu veranlasst würden, einmal im Jahr Grünland zu mähen, dann sei das „ein großes Problem, das gesetzlich geändert gehört.“ Man könne auch Ausnahmegenehmigungen beantragen. „Blühstreifen sind aber nicht das Allheilmittel.“

Bauern legen 15 Hektar Blühstreifen an

Thomas Quakenstein von der „Stiftung Rheinische Kulturlandschaft“ stellte dann diverse Blühstreifen und Niederwaldprojekte wie Wildackergestaltung, Saumstreifen mit Heilkräutern oder Heckenanbau vor. Man versuche, in Kooperation mit Landwirten zielgerichtet und nachhaltig nicht so ertragreiche Flächen auszuwählen, und den Verlust über ein angemessenes Bewirtschafttungsentgeld auszugleichen. Das Ziel seien 28 Hektar Blühstreifen mit diversen Wildgräsern in den nächsten fünf Jahren anzulegen. Im ersten Jahr seien davon schon 15 Hektar angelegt worden. „Die Landschaft ist bereit, etwas zutun“, lautete seine Analyse.

Für die Landwirtschaftskammer führte Hermann Verweyen-Thenagels aus, dass im Zuge der Dürrehilfen von 622 Anträgen landesweit allein 129 aus den Kreisen Kleve und Wesel gekommen sind. „Da weiß man, wo der Schwerpunkt war.“ 96 Anträge seien zwischen April und August 2019 bewilligt, insgesamt 2,14 Millionen Euro ausgezahlt worden. Allerdings wurden auch 33 abgelehnt.

Landwirte bestätigen Martin Gimken als Vorsitzenden

Am Ende der Versammlung standen die Wahl des Vorstandes an. Martin Gimken wurde dabei einstimmig für weitere sechs Jahre als Vorsitzender bestätigt. Unmittelbar nach seiner Wahl kündigte der Geflügel-Landwirt aber an, nach Ablauf dieser Zeit nicht mehr für das Amt zur Verfügung zu stehen. „Dann bin ich 62 Jahre alt, dann ist endgültig Schluss“. Zu seinen Stellvertretern wurden erneut Sebastian Scholz und Klaus Halswick bestimmt.