Wesel. In Wesel ermittelt der Staatsschutz nach einem versuchten Anschlag auf Räume eines islamischen Vereins. Mitglieder schildern ihre Eindrücke.

Rund 40 Männer treten aus dem Gebetsraum des islamischen Kultur- und Bildungsvereins an der Pastor-Bölitz-Straße in der Weseler Innenstadt. Leichter Nieselregen setzt ein. Es ist das erste Mal, dass sich die Muslime nach dem mutmaßlichen Anschlagsversuch auf die Al-Rahman-Moschee zum Freitagsgebet versammelt haben. Während sich der Großteil der Gläubigen vor dem zunehmenden Regen in Sicherheit bringt und schnellen Schrittes den Hinterhof verlässt, nimmt sich Jamal Atanjaoui Zeit für ein kurzes Gespräch.

„Natürlich wurde das Thema heute nochmal aufgegriffen“, beginnt der Mitbegründer des Kulturvereins. „Der Prediger hat gesagt, dass wir nicht alleine sind und zusammenstehen müssen.“ Schließlich habe die islamische Gemeinde in den vergangenen Tagen viel Unterstützung erhalten – auch aus nicht-muslimischen Kreisen. Trotzdem sei es eine beklemmende Situation gewesen, als er am Dienstagmittag von der eingeschlagenen Fensterscheibe erfuhr. „Man hat ja schon öfter mitbekommen, dass es Anschläge auf Gotteshäuser gab - egal welcher Glaubensrichtung.“ Das sei nichts Neues.

Hausbesitzer hat weiterhin ein mulmiges Gefühl

Auch Hausbesitzer Günter Engelmann, der den Vorfall nach Hinweisen eines Mieters noch am selben Morgen der Polizei meldete, habe nach wie vor ein mulmiges Gefühl: „Ich weiß nicht, inwieweit man es als gewollten Anschlag bewerten muss“, so Engelmann am Freitag. „Aber ein Silvesterspaß wird es sicher nicht gewesen sein.“ Dabei sei das Miteinander unter den Bewohnern in den vergangenen Jahren stets friedlich und konfliktfrei gewesen, versichert der Hausbesitzer.

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Für Schuldzuweisungen sei es laut Atanjaoui aber noch zu früh: „Es weiß ja keiner von uns, ob die Tat wirklich einen extremistischen Hintergrund hatte. Das ist Arbeit der Polizei.“ Die Beamten hatten bei den Ermittlungen mehrere Gegenstände sichergestellt, die auf eine versuchte Brandstiftung hindeuten. „Zu Schaden gekommen ist aber keiner“, so Atanjaoui.

Omar Salam – ebenfalls Mitbegründer des Kulturvereins – schließt sich dem Gespräch an und erzählt: „Die Atmosphäre während der Predigt war ganz normal. Was soll man auch machen, wenn so etwas passiert?“ Einschüchtern lassen wolle sich Salam von dem mutmaßlichen Anschlagsversuch jedenfalls nicht. „Wir sind auch ein Teil dieser Gesellschaft – wir leben hier.“

Neuer „Tag der offenen Tür“ soll Sorgen abbauen

Trotzdem habe der Kulturverein aus dem Vorfall seine Lehren gezogen, sagt Pressesprecher Wael El Eit: „Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir ab sofort regelmäßig einen Tag der offenen Tür veranstalten, damit die Leute verstehen, was wir hier machen und woran wir glauben.“ Vielleicht habe sich der Täter oder ein Teil der Anwohner durch den Kulturverein bedroht gefühlt. „Wer Fragen oder auch Sorgen hat, kann jederzeit zu uns kommen“, betont El Eit. Einen Termin für ein erstes Kennenlernen werde der Verein in Kürze bekannt geben.

Auch Atanjaoui will nach vorne gucken. „Ich habe keine Angst. Das Leben wird weitergehen,“ so der Mitbegründer des Kulturvereins. Unter den restlichen Mitgliedern herrsche ebenfalls keine Verunsicherung. „Der Schaden ist ja zum Glück nicht so groß ausgefallen.“ Ein Wechsel in eine andere Gemeinde komme für den Mitbegründer auf keinen Fall in Frage. „Wesel ist meine Heimat.“ Dann verschwindet Atanjaoui im anhaltenden Regen.