Hamminkeln. Der Ringenberger ist ein Kerl wie ein Baum - äußerlich. Denn André Biesemann ist schwer krank. Das führt manchmal zu unangenehmen Situationen.

In Ringenberg ist André Biesemann der sprichwörtliche „bunte Hund“. Schon lange wohnt er mit seiner Frau Stefanie und zwei Kindern an der Zingelstraße. In einem ehemaligen Stall vom Schloss, wie er weiß.

Schließlich ist der 40-Jährige auch der zweite Vorsitzende des Heimatvereins, bei der Ringenberger Schützengesellschaft aktiv, übernahm den Ringenberger KAB-Karneval, als die alten Organisatoren nicht mehr weiter machen wollten.

Zwei Mal in die Prinzenrolle geschlüpft

Vielen ist Biesemann auch als einer der Macher des Halloween-Spektakels bekannt, das bis 2017 rund um Schloss Ringenberg die Besucher in Scharen lockte. In der letzten Session war er mit seiner Frau das Brüner Karnevalsprinzenpaar, in dieser Session ist er noch mal Prinz bei der Karnevalsgemeinschaft Brünen, mit Bauer Florian (Fenneken) und Jungfrau Marcy (Marcel Koprowski) an seiner Seite. Das Dreigestirn, passend zum 33. Geburtstag der organisierten Karnevalisten in Brünen. Warum ein zweites Mal? „Weil es Spaß macht“, antwortet der 40-Jährige spontan. Aber auch, weil er es vielleicht in Zukunft nicht mehr schafft ein Karnevalsprinz zu sein.

Pillen zählen für Andre Biesemann schon fast zu den Grundnahrungsmitteln
Pillen zählen für Andre Biesemann schon fast zu den Grundnahrungsmitteln © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Denn André Biesemann ist krank. Er leidet an Sarkoidose, einer entzündlichen Krankheit, die den gesamten Körper betreffen kann und bei der sich im Bindegewebe mikroskopisch kleine Knötchen entwickeln, die die Organe befallen.

Medikamente können nur lindern

Die Ursache der Sarkoidose ist bisher nicht behandelbar, man kann lediglich die Beschwerden und die Folgen der Erkrankung lindern. Das ist nicht alles. André Biesemann hat auch Polyneuropathie, eine Erkrankung, die das periphere Nervensystem schädigt.

Beiden Krankheiten ist gemeinsam, dass man sie nicht heilen kann. Weil der 40-Jährige so viele Medikamente schlucken muss, ist auch noch Diabetes hinzugekommen. André Biesemann ist nicht einfach nur krank. Er ist schwer krank.

Biesemann will mitnehmen, was noch geht

Das ist für ihn kein Grund, sich hängen zu lassen. Eher das Gegenteil ist der Fall: Alles mitnehmen, was noch geht. So erklärt er auch sein Brüner Majestäten-Dasein im zweiten Jahr. Wer weiß, ob er dieses Amt in einigen Jahren noch ausüben und Freude verbreiten kann.

Sein Problem, bei all seinen Problemen? Man sieht dem 40-Jährigen nicht sofort an, wie krank er ist. Vor allem nicht an guten Tagen, denn die gibt es genauso wie die schlechten.

Schließlich ist Biesemann wie man so schön sagt „ein Kerl wie ein Baum“ mit seinen 1,98 Metern Größe. Von Gebrechlichkeit ist auf den ersten Blick nichts zu sehen, manchmal auch nicht auf den zweiten. Mit Bart, Ohrringen und ziemlich vielen Tätowierungen ist er eher eine auffällige Erscheinung, der man tatkräftiges Mit-Anpacken ohne weiteres zutraut. „Das ist halt nicht so, dass mir ein Arm oder ein Bein fehlt. Dann würde man ja sofort sehen, dass ich krank bin“, erzählt er.

Deshalb ärgert er sich, wenn die Leute ihm gar nicht glauben wollen, ihm gar unterstellen zu simulieren. Wer Karnevalsprinz sei, könne auch das Halloween-Spektakel in Ringenberg organisieren, habe ihm einer vorgeworfen, als die Organisatoren die Veranstaltung im letzten Jahr wegen seiner Krankheit abgesagt hatten.

Appell: Mehr Respekt für Kranke

Dabei sei das Blödsinn. „Für Halloween haben wir zehn Monate richtig gearbeitet“, erzählt der gelernte Dachdecker. Das sei mit dem Karnevalsengagement überhaupt nicht vergleichbar. Eigentlich ist er jemand, der gerne feiern geht, wenn er einen guten Tag hat.

„Aber da hast du schon gar keinen Bock mehr irgendwo hinzugehen, weil du dich nicht ständig rechtfertigen willst. Ich hab mir das nicht ausgesucht, dass ich krank bin“, ärgert er sich. Mitleid will er deshalb nicht, aber Respekt.

Deshalb hat er eine Botschaft für die Menschen: „Es gibt ganz viele Menschen mit Krankheiten, die man nicht auf den ersten Blick sieht. Und unter denen diese Menschen doch sehr leiden.“ Da sollte niemand zweifeln, auch wenn der Betroffene ein Kerl wie ein Baum ist.