Wesel. Die 50er und 60er Jahre in Wesel stehen im Mittelpunkt einer Ausstellung, die ab 8. September im Centrum läuft. Zeitzeugen kommen zu Wort.

Kriegsheimkehrer, die nach den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg in ihrer Heimatstadt Wesel am Bahnhof ankamen, hatten freie Sicht bis zu den Ruinen des Willibrordi-Doms. Von den einst 25.000 Einwohnern lebten im Mai 1945 gerade noch 1900 Menschen in der zu 95 Prozent zerstörten Stadt. Was dann kam, war mühselig und Kräfte zehrend. Eine Ausstellung beschäftigte sich vor zehn Jahren mit dem Wiederaufbau Wesels. Sie wurde mit knapp 2000 Besuchern zum Publikumsmagneten. Denn das Interesse an der Weseler Geschichte ist groß.

Wie es dann weiterging, das dokumentiert ab Sonntag, 8. September, die Ausstellung „Wunder aus Trümmern - Wesel: Die wirtschaftliche Entwicklung einer zerstörten Stadt“. Noch ist nicht viel zu sehen, doch zu erzählen gibt es bereits einiges über Wesel in den 50er und 60er Jahren.

25 Zeitzeugen und deren Nachfahren hatten sich auf einen Aufruf der Stadt, der auch in der NRZ stand, gemeldet und haben nun Beiträge geleistet. Sie ließen sich interviewen, zeigten ihre Fotoalben aus dieser Zeit und steuerten den einen oder anderen Gegenstand bei, „von alten Steinen bis zu Kochbüchern“, sagt die Kulturbeauftragte Heike Kemper. So entsteht ein Einblick in die so genannten Wirtschaftswunderjahre. Bis dahin war es ein langer Weg, der zunächst wenig systematisch verlief. Es gab kein Vorbild für den wirtschaftlichen Aufbau. Meist waren es Einzelkämpfer, die Gewerbebetriebe, Einzelhandelsgeschäfte in der Innenstadt und große Industrieunternehmen in Wesel etablierten. Letztlich stellte Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Reuber das Ganze auf wissenschaftlich fundierte Füße. „Diese grandiose Aufbauarbeit war der Grundstein für die heute gefestigte Wirtschaftskraft in der Stadt“, sagt Bürgermeisterin Ulrike Westkamp.

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Wie der Alltag vor 60 bis 70 Jahren in Wesel aussah, wird beispielsweise in einem Film von Stephan de Leuw und Carla Gottwein gezeigt, die einige Zeitzeugen zu Wort kommen lassen. Auch die Filmemacherin Gabriele Kremer aus Xanten bietet Interessantes. In einer siebenminütigen Videosequenz, die während der Ausstellung im Eingangsbereich des Centrums gezeigt wird, werden historische Fotos und der heutige Zustand zu sehen sein, so dass ein unmittelbarer Vergleich möglich ist.

In der Ausstellung geht es um die Hohe Straße, ums Schützenfest und um Firmen, aber auch um Freizeitgestaltung, Mobilität und Hafenneuausrichtung. Dazu werden die wichtigsten Entwicklungsschritte der Industrieansiedlung gezeigt. Dabei spielt Stadtdirektor Reuber eine entscheidende Rolle. Er war der Mann des Wiederaufbaus und wurde damals in der Presse als „von Bohnenkaffee aufgepulverter Motor seiner Stadt“ beschrieben. Seine drei Töchter kommen zwar nicht zur Ausstellungseröffnung, werden aber dabei sein, wenn Heiko Suhr am 17. Oktober unter dem Titel „Wesel ist nicht tot - Wesel lebt“ im Bühnenhaus über ihn referiert.

Die Ausstellung des Stadtarchivs und des Städtischen Museums im Centrum wird am Sonntag, 8. September, um 11.30 Uhr im Städtischen Bühnenhaus eröffnet. Sie läuft bis zum 15. Dezember bei freiem Eintritt. Immer donnerstags gibt es ein interessantes Rahmenprogramm. Gestartet wird am 12. September mit einer offenen Führung durch Heiko Suhr vom Stadtarchiv.