Wesel. . Willi Meesters (82) erinnert sich gut an die Zeit nach den Bomben. Als Klempnerlehrling war er nach dem Krieg bei Heinrich Kirchmann und unermüdlich mit dem Wiederaufbau beschäftigt
Wenn Willi Meesters von der Kriegszeit in Wesel und dem mühevollen Wiederaufbau seiner Heimatstadt erzählt, dann ist der 82-Jährige kaum zu bremsen. Immer wieder fällt ihm ein Detail ein, das ihm wichtig oder jemand, der ihm im Gedächtnis geblieben ist.
Schließlich hat er viel erlebt, in einer Zeit, die von Entbehrungen und Trauer, teils von Ohnmacht und Entsetzen bestimmt war.
Doch Willi Meesters weiß auch über viel Schönes zu berichten, darüber, wie die Menschen den Krieg hinter sich lassen wollten und optimistisch in die Zukunft sahen. Das erste Schützenfest, der erste Karneval, ausgelassene Feiern überall - aber der Reihe nach.
1946 begann die Lehre
Nach dem Angriff der britischen Bomber, die aus der bis dahin so schönen Hansestadt ein Trümmerfeld gemacht hatten, ging es für Familie Meesters, die ein Haus in der Steinstraße bewohnt hatte, mit dem Zug nach Mitteldeutschland.
Bis Ende 1945 blieb sie dort, um mit dem Güterzug wieder an den Niederrhein zu gelangen. In Drevenack, im Bereich Wachtenbrink, kam sie unter, und im April 1946 begann für Willi Meesters die Lehre bei Heinrich Kirchmann. Der war Klempner und Installateur und hatte seine Werkstatt mitten in der zerstörten Stadt, im Keller der heutigen Ellen-Key-Schule.
Das war ideal, um für die Menschen da zu sein.Wasser benötigten alle, und so waren Meesters und sein Chef gefragte Männer. Für Willi Meesters bedeutete das, Tag für Tag mit dem Fahrrad mit Vollgummireifen von Wachtenbrink nach Wesel und zurück zu fahren, und das, wo die Arbeitstage meist lang wurden.
Die Firma Ziegler stellte damals die Loren, in denen der Schutt aus der Stadt geschafft wurde. Morgens wurden sie leer hergebracht, abends gefüllt abtransportiert. Beim Elternhaus von Willi Meesters, ein Doppelhaus in der Steinstraße, kamen 430 Loren zusammen. Doch schon 1950 war der Bau wieder bezugsfertig. Zunächst hatte man sich mit Wellblech und Planen beholfen, um Schutz vor der Witterung zu haben.
Doch oft lief das Wasser trotzdem unter die Betten, weiß Meesters, der darauf hinweist, dass - wie bei so vielen - zuerst der Keller bewohnbar war.
In der Innenstadt stand kein Geschäft mehr, und so wurden hinter der Kaserne an der Friedenstraße, wo kein Schutt im Weg war, erste so genannte Nissenhütten aufgestellt. Die alt eingesessenen Geschäftsleute ließen sich hier für eine gewisse Zeit nieder, um die Weseler zu versorgen und sich selbst den Lebensunterhalt zu sichern.
Wertarbeit, die hält
Willi Meesters half mit seinem Chef, wo er nur konnte. Doch das Material war knapp. In den Trümmern suchte man deshalb nach Blei- oder Gussrohren. An einem Haus an der Moltkestraße befestigte der Klempner damals Blechtafeln aus Zink. Sie sind heute noch da, und so wirft der Weselaner immer wieder gern einen Blick nach oben, um seine Wertarbeit von einst zu betrachten. Das Gebäude hatte damals zwar kein Dach mehr, aber die Fassade stand - ein Glücksfall.
Auch Zigaretten Winkelmanns und die Metzgerei Spelmanns gab es am Fusternberg noch, sagt Meesters. Da kamen die Menschen sogar aus Büderich und Flüren vorbei, um hier einzukaufen. Und an der Ecke Hansaring/Fischertorstraße ragte ein Haus in die Höhe, das tatsächlich alles nahezu unbeschadet überstanden hatte.
Hier kamen vorübergehend viele Menschen unter, immer ein Zimmer für eine ganze Familie.
„Wir haben uns viel untereinander geholfen“, erinnert sich Meesters. Das zeigt auch der Titel des Wohnbauprogramms „Wesel hilft sich selbst“. Damals entstand die so genannte Bundesversuchssiedlung an der Esplanade, die es ja heute noch gibt.
Bei all der Arbeit, brauchten die Menschen auch eine Zeit der Erholung. Die ersten Lokale öffneten wieder. So etwa „Stichel“ Bölting in einer Baracke am Großen Markt. Später gab es große Weinfeste mit der Kolpingsfamilie.
Dort und anderswo spielte die Kapelle Meesters: Willi Meesters mit seinem Vater, dem Großvater, den Brüdern und den Onkeln. Die Gerichtsklause, Kamps und van Gelder waren die Ziele der Weseler damals - und ein paar Bauernhöfe in Obrighoven, wo auf der Deel getanzt wurde. 1949 wurde das erste Bürgerschützenfest unter freiem Himmel gefeiert und der Kolpingkarneval war schnell legendär.
Als dann das erste Mal die Glocke von Willibrord wieder läutete, floss so manche Träne, sagt der 82-Jährige. Später nahmen auch die Wochenmarkthändler wieder ihre Geschäfte auf.