Wesel. Mit Brimborium und Politprominenz wurde vor den Sommerferien der 1. Spatenstich gemacht. Zwei Monate später soll es an der Südumgehung losgehen.
Runter vom Gas, heißt es schon seit langem, wenn man auf der Willy-Brandt-Straße Richtung Lippeschlösschen unterwegs ist. Denn hier gilt wegen der normalerweise an dieser Stelle zu erwartenden Baufahrzeuge Tempo 50. Doch bis auf einen einsamen gelben Bagger, der auf den grünen Lippewiesen steht, ist im Bereich der künftigen Südumgehung nichts zu sehen.
Das soll sich vielleicht noch in dieser Woche zumindest im Bereich der Rhein- beziehungsweise Lippebrücke Weseler Straße/Schillstraße ändern. Die Voerder Firma Langenfurth hat vom Landesbetrieb Straßen NRW den Sechs-Millionen-Auftrag erhalten, den alten Lippearm zu verfüllen und die Abwasserleitung aus dem Gewerbegebiet am Lippe-glacis zu verlegen. Das teilt Roland Schmidt auf NRZ-Anfrage mit. Er arbeitet als Abteilungsleiter Straßenbau für die Region Niederrhein beim Landesbetrieb in Mönchengladbach.
700 Meter Lippelauf müssen zugeschüttet werden
Lippeverfüllung 2.0 nennt er diesen ersten Bauabschnitt, der eigentlich hätte schon vor einem Jahr dort beginnen sollen. Doch der Betrieb, der damals den Auftrag erhalten hatte, konnte das benötigte Material fürs Verfüllen nicht auftreiben und so verlief die Sache im Sande.
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Nun ist Roland Schmidt sehr zuversichtlich, dass alles seinen geregelten Gang geht, zumal nun ein Unternehmen aktiv wird, dessen Zentrale nicht weit entfernt von der Baustelle ist. 700 Meter Lippelauf müssen zugeschüttet werden und damit der Bereich auch tragfähig für die B58n ist, muss eine spezielle Mischung her, die auch etwaigem Hochwasser standhält.
Gefährliche Stoffe im Boden vermutet
Weiter oben wird dann eine so genannte Schwarz-Weiß-Baustelle eingerichtet. Die Abwasserleitung, die bislang direkt in den alten Lippearm führt, muss bis zum neuen verlegt werden. Und weil im Gewerbegebiet vermutlich Materialien lagern, die nicht unproblematisch sind, wie Schmidt es ausdrückt, können die Bauarbeiter nur in entsprechender Schutzkleidung tätig werden. Das Ganze bringe einen hohen Sicherheitsaufwand mit sich. Schon nach wenigen Stunden müssen die Kollegen pausieren und in einer Schleuse die benutzten Overalls entsorgen. Denn, um die Leitung frei zu bekommen, sei eine Grabung bis zu einer Tiefe von fünf, sechs Metern nötig. Und dort könne man dann auf Reste einer Deponie stoßen.
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Walter-Bau ist für einen Sieben-Millionen-Auftrag im Bereich der künftigen B58n-Unterführung unter der B8 zuständig. Noch im September, voraussichtlich in vier Wochen, soll damit begonnen werden, knapp 830 Meter Versorgungsleitungen umzulegen, die etwa zu Thyssen-Gas und zu der Stadt Voerde gehören. Und es muss eine Umfahrung geschaffen werden, die für die nächsten Jahre Bestand hat. Als „Beule“ bezeichnet Schmidt die 890 Meter Straße und Radweg, die in Richtung Innenstadt geschaffen werden, damit auf der Baustelle im Bereich der Bahngleise und der Bundesstraße 8 in Ruhe gearbeitet werden kann.
Zudem entsteht eine weitere provisorische Baustraße. An dieser Stelle ist der schwierigste Punkt der künftigen Südumgehung, muss hier doch weitgehend bei laufendem Eisenbahnverkehr gearbeitet werden. Sperrpausen, bei denen hier kein Zug entlang rollt, müssten zwei, drei Jahre im Voraus beantragt werden, sagt Schmidt. Denn die seien auf jeden Fall nötig und müssten voll ausgenutzt werden.
Zweistelliger Millionenbetrag für Dichtwand gegen Hochwasser
Eine weitere Spezialaufgabe ist das Errichten einer Dichtwand im Bereich der Unterführung. Schließlich droht hier Hochwasser. Damit es nicht eindringt ist wohl ein zweistelliger Millionenbetrag nötig, der verbaut wird. Die Ausschreibung läuft bereits, ein Unternehmer ist noch nicht gefunden.
Die Verfüllung der Lippe soll voraussichtlich im Herbst 2020 abgeschlossen sein. Erst dann geht es an den Bau der neuen Lippebrücke nahe der Niederrheinbrücke und um die Unterführung an der B8.
Ein 220-Millionen-Euro-Projekt
Die Baustelle der Südumgehung bezeichnet Roland Schmidt als einzigartig, schließlich besteht fast im gesamten Bereich Hochwassergefahr. Mittlerweile sei klar, dass der Bau wesentlich mehr Aufwand erfordere als noch vor zehn Jahren gedacht. Und er erfordert vor allem wesentlich mehr Geld. 220 Millionen Euro lautet die momentane Schätzung.
Fakten und Zahlen
Fast zwei Monate sind seit dem 1. Spatenstich am 8. Juli vergangen, ohne dass sich an der 3,8 Kilometer langen Neubaustrecke etwas getan hat. Für das Jahr 2025 sind zwischen der B8 (Dinslakener Landstraße) und der B58 (Schermbecker Landstraße), die hier miteinander verbunden werden, rund 25.000 Kraftfahrzeuge täglich prognostiziert. In Wesel selbst soll sich das Aufkommen auf 4500 Kfz am Tag reduzieren.