Wesel. . Das Weseler Tierheim ist in finanzieller Schieflage. Doch nicht nur an Geld fehlt es: Jetzt gründet sich ein Freundeskreis für die Einrichtung.
Mücke und Motte haben ein neues Zuhause, genauso wie Maiky und Mucki. Ein Happy-End für die traurigen Schermbecker Fundhunde, nach einem Bericht in der NRZ und im Anschluss im WDR sind sie vermittelt. Auch der riesige Kangal Effe sitzt nicht mehr in einem Zwinger an der Lackfabrik, er hat Menschen gefunden, die mit ihm umgehen können. Und eine Freundin auf dem großen Reeser Hof. Das sind Erfolgsmeldungen, trotzdem: Dem Weseler Tierheim geht es nicht gut. Mehr als 35.000 Euro fehlen in der Kasse. Zudem kann das Team um Tierheimleiterin Gabi Wettläufer das Arbeitspensum kaum noch schaffen. Ausgebildete Tierpfleger arbeiten hier für den Mindestlohn. „Eine 60 bis 70-Stunden-Woche ist bei uns keine Seltenheit“, sagt Wettläufer traurig. Ans Überstunden abfeiern sei gar nicht zu denken, Sonn- und Feiertagszuschläge gibt es nicht.
Menschen, die anpacken
Doch Wettläufer und ihre Mitstreiter gehören nicht zu den Leuten, die nur jammern. Sie weiß, was das Tierheim – neben Geld – braucht. Menschen, die regelmäßig helfen, denen die Einrichtung und ihre Tiere am Herzen liegen. Während andere Tierheime einen Verein haben, der sie unterstützt, fehlt das in Wesel. „Wir wollen einen Freundeskreis aufbauen“, erläutert Wettläufer ihre Idee. Menschen die rausgehen, in Schulen und Vereine, die Werbung machen. Die dafür sorgen, dass das Tierheim mehr in das Bewusstsein der Tierfreunde rückt, Öffentlichkeitsarbeit machen. „Wir schaffen das allein einfach nicht mehr.“
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Die finanzielle Schieflage ist schnell erklärt: 65 am Corona-Virus erkrankte Katzenkinder hat das Heim im Frühjahr aufgenommen. „Die Tierarztrechnung war extrem hoch und sie konnten nicht vermittelt werden.“ Obwohl das Virus meist nicht tödlich verläuft, waren 20 der Kätzchen verloren. Und: „Die Menschen sind aufmerksamer geworden“, erläutert Wettläufer. Das lindert Leid. Verletzte Tiere werden aufgesammelt und zum Tierarzt gebracht. Die Rechnungen für Operationen sind allerdings immens, das Tierheim muss sie aufbringen.
Tiere aus Wesel, Hünxe, Voerde und Schermbeck nimmt das Weseler Tierheim auf. Von den Kommunen erhält es 7,1 Prozent der eingenommenen Hundesteuer plus – bis jetzt – 153 Euro pro Fundhund. „Die Verträge stammen noch aus dem Jahr 1993. Ich habe mit den Kommunen gesprochen.“ Das Problem sei dort nicht präsent gewesen – und man wollte helfen. Von der zweiten Hälfte 2019 an wird es 222 Euro pro Fundhund geben. Für abgegebene Tiere gibt es nichts.
Nicht nur Kuschelhunde
Ein bisschen macht sich die Tierheimleiterin das Leben selbst schwer und sie weiß es: Niedliche Welpen aus dem Auslandstierschutz zu übernehmen und zu vermitteln ist lukrativer als das was sie aus Überzeugung tut. „Wir verstehen uns als regionales Tierheim. Wir haben nicht nur Kuschelhunde“ sagt sie. Häufig landen an der Lackfabrik eben diese ehemaligen Knuddelwelpen, wenn sie krank oder auffällig geworden sind, die kleinen Boxer sich als Listenhunde herausstellen. Und andere Hunde, „die sind nicht mal eben in zwei oder drei Wochen vermittelt“. Wie der Rottweiler, der ein Kind angefallen hat. „Das war ein absoluter Halterfehler“, urteilt Wettläufer. Im Tierheim sei er unauffällig, jeder könne zu ihm rein und ihm alles abnehmen. Ein schwieriger und ein kostspieliger Fall. So wie der alte Hund der Dame, die ins Pflegeheim muss. Oder Tiere, mit denen die Menschen nicht fertig werden. „Die stehen vor der Tür und sind so aggressiv mit ihrem Hund: Wenn wir ihnen die 80 Euro Abgabegebühr abverlangen würden, wüsste ich nicht, was sie mit den Tieren machten.“
Andere haben schlicht kein Geld, „man sieht es ihnen an“. Wie dem Obdachlosen, der am Auesee gezeltet hatte, Leute hatten seinen Hund gebracht, der dort herumlief. „Der war klein, aber alt. Als der Mann kam, hat der Hund ihn förmlich umarmt. Sie gehörten zusammen“, erzählt Wettläufer. Hat sie Geld von ihm verlangt? Nein, er hatte auch keines. Statt dessen gab sie ihm Futter, damit er über die Runden kommt. Leisten kann sich das Heim das nicht.
Der Region verpflichtet
Wettläufer fühlt sich diesen Tieren aus der Region verpflichtet. Sie braucht Hilfe. Die kann vielfältig, muss aber verlässlich sein. Mancher packt gern mit an, im Garten, beim Reinigen des Tierheims. Andere geben gern Geld. „Auch kleine Beträge, die regelmäßig kommen, helfen. Es ist ein berechenbarer Faktor.“ Viele Menschen bringen Futter und Sachspenden ins Heim, das ist willkommen. „Wir brauchten aber auch Leute, die das Sommerfest organisieren. Oder mal eine Aktion.“
Förderkreis Tierfreunde Wesel und Umgebung
Der Freundeskreis geht gerade an den Start. Im Januar soll es eine erste Versammlung geben, danach monatliche Treffen. Tierfreunde können schon jetzt dem Förderkreis Tierfreunde Wesel und Umgebung beitreten, der sich gründet, um das Tierheim zu unterstützen. Es soll ein Netzwerk aus Aktiven werden, die spenden, helfen, mit anpacken und sich mit „ihrem Tierheim“ identifizieren. Fast alle Tierheime haben einen Verein, der sie trägt. Der Freundeskreis soll das für die Weseler Einrichtung tun. Wer nähere Infos möchte, wende sich an Tierheimleiterin Gabi Wettläufer unter 0281/56699 oder info@tierheim-wesel de. Im Netz: www.tierheim-wesel.de.