Wesel. . Die Landwirte im Kreis Wesel sehen das Wildtier als Problemwolf. Der Nabu-Vorsitzende Malzbender spricht dagegen von „verbal-ketzerischer Hatz“.
Der Wolf im Kreis Wesel wird immer mehr zum Streitthema: Während die Schaf- und Viehhalter monieren, dass Kosten und Aufwand für Schutzmaßnahmen bei ihnen hängen bleiben und schnelle Maßnahmen gegen den „Problemwolf“ fordern, schimpft der Kreis Weseler Nabu-Chef über die „verbal-ketzerische Hatz“ auf den Beutegreifer und bezeichnet den Sprecher der Berufsschäfer in NRW, Maik Dünow, als „Problemschäfer“.
Dass der Wolf auch nach NRW kommt, war lange absehbar – es sei beim Land versäumt worden, sich darauf vorzubereiten, kritisiert der Vorsitzende der Kreisbauernschaft, Johannes Leuchtenberg. Die jüngsten Angriffe, bei denen der Wolf in Hünxe trotz des als sicher geltenden Zaunes und zweier Herdenschutzhunde mehrere Schafe von Maik Dünow töten konnte, spitzten das Problem nun zu. Die Landwirte fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen. Sie fordern, dass nach einem Angriff auf Herden auch der erhöhte Betreuungs- und Arbeitsaufwand (zum Beispiel die Pflege verletzter Tiere) finanziell berücksichtigt werden muss.
Zuschüsse für Schutz vor Wolf reichen nicht aus
Außerdem reiche die Zuwendungssumme pro Betrieb von 15 000 Euro in drei Jahren nicht. Ein Herdenschutzhund koste 5000 Euro, der Unterhalt pro Jahr 2500 Euro, so Leuchtenberg. Berücksichtigt werden müsse auch die Unterhaltung für die Schutzzäune, die regelmäßig von Bewuchs befreit werden müssten. Ingo Hülser vom Deichverband Mehrum kritisiert zudem, dass der Verband, der für die Aufstellung der Zäune auf dem Deich zuständig ist, keine Hilfe beantragen kann – das dürften nur Tierhalter. Der Deichverband müsse 25 Kilometer Zäune errichten, um die Tiere des dortigen Schäfers zu schützen.
Vieles sei noch nicht geregelt. Rindviehzüchter Hartmut Neuenhoff aus Schermbeck hält seine Tiere von April bis November im Naturschutzgebiet in Damm. Rinderhalter erhalten keine Zuschüsse – er sieht sich aber durchaus betroffen. Vor einiger Zeit habe der Wolf seine Herd gehetzt. Zwar war kein Tier verletzt, doch die Rinder seien so verschreckt gewesen, dass es Tage dauerte, sie einzufangen. Eine in Panik geratene Rinderherde könne leicht alle Zäune umrennen und auf der Straße Unfälle verursachen. „Die Verantwortung bleibt beim Halter“, ärgert sich Neuenhoff. „Diejenigen, die den Wolf haben wollen, sollen die Verantwortung tragen“.
Die Landwirte fordern Regeln, wann ein Wolf als Problemtier gilt – und schnelle Möglichkeiten zur Tötung. Ein Wolf, der als sicher geltende Zäune überwindet, gehört aus ihrer Sicht dazu. DNA-Spuren müssten zudem schneller ausgewertet werden. Die Kreisbauernschaft verweist auch auf Lösungen in anderen europäischen Ländern, wo es beispielsweise Quoten für die Wolfspopulation gebe. Überall in Europa werde der Wolf, wenn nötig, vergrämt oder entnommen.
Malzbender kritisiert Kampagne gegen den Wolf
Unterdessen spricht der Nabu-Vorsitzende Peter Malzbender von einer „Rufmordkampagne“ gegen den Wolf – den er keineswegs für einen Problemwolf hält – und kritisiert Schäfer Maik Dünow. Er stelle regelmäßig voreilige Behauptungen auf, „seine Forderungen sind in der Regel unangemessen“.
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Die Schäfer hätten viel früher mit ihren Forderungen nach Schutzzäunen agieren müssen, aus der Eigenverantwortung könnten sich Weidetierhalter nicht stehlen. Das Szenario der jüngsten Schafsrisse sei „nebulös“, so Malzbender: „Die Fernsehbilder von dem Areal vermittelten mir zu niedrige Schutzzäune, die jeder fitte größere Hund und erst recht ein Wolf springend überwinden kann. Außerdem haben seine großen Pyrenäenschutzhunde wohl vollkommen versagt.“
Nabu will verhindern, dass Wolf ins Kreuzfeuer gerät
Der Schäfer habe sich „Schoßhündchen“ ausgeliehen, so Malzbender. Normalerweise habe ein Wolf gegen diese Hunde keine Chance. Der Nabu werde mit allen Mitteln verhindern, dass der Wolf durch „amateurhaftes Verhalten“ oder „willkürliche Behauptungen“ ins Kreuzfeuer gerate. Auch bei dem Angriff auf Damwild in Dinslaken sei festgestellt worden, dass der zwei Meter hohe Zaun Durchschlupfmöglichkeiten aufwies.