Wesel. . Ausverkauft war das Scala-Kulturspielhaus bei der Testvorführung des Filmes über die transidente Pfarrerin. Nach dem Film wurde diskutiert.
Elke Spörkel ist sichtlich nervös, als sie sieht, wie viele Menschen zur Testvorführung des Filmes „Fürchte dich nicht“ ins Scala Kulturspielhaus strömen. Als Protagonistin der Dokumentation über die ehemalige Pfarrerin der evangelischen Gemeinde Haldern, die hier im Jahr 1984 als Heinz-Gerd Spörkel die Pfarrstelle antrat, ist für sie die Reaktion des Publikums schwer einschätzbar. Dass die transidente Theologin während des Filmes mit Szenenapplaus bedacht wurde, mag sie beruhig haben. Nicht ohne Grund wählte Filmemacher Manuel Rees das Bibelwort „Fürchte dich nicht“ als Titel.
Charlotte Bethke zeigt klare Kante
Mucksmäuschenstill ist es im Saal, als die Kamera über das Dorf schwenkt: dörfliche Idylle, schmucke Einfamilienhäuser, kaum Menschen auf der Straße. Dann sieht man Elke Spörkel, die Sprachunterricht nimmt, um die Stimme ihrer neuen Identität anzugleichen, die sich schminkt, Pumps und Kleidung anprobiert. Sie erzählt ihre Geschichte, viele Wegbegleiter und Halderner sind gekommen, „sogar meine Schwiegermutter“, freut sich Spörkel. Sie erzählt im Film, wie das Gerücht die Runde macht, dass der Pfarrer von Haldern in Frauenkleidung gesehen wurde. Charlotte Bethke, Mitglied in der Gemeinde, gibt sofort klare Kante: „Na und!“ Die hochbetagte Seniorin bezieht bis heute Stellung: „Auch wenn Elke jetzt eine Frau ist, der Mensch hat sich doch nicht verändert.“ Die 95-Jährige sieht man im Film auch im Brautamt von Elke Spörkel und Kirstin Hänisch, ihre nun dritte Ehefrau. Dem vorausgegangen ist das, was das Fass zum Überlaufen brachte: der Heiratsantrag von Elke Spörkel, den sie vor versammelter Schulklasse machte. „Es war mir peinlich“, gibt Hänisch im Film zu.
Sehr deutlich hat Manuel Rees die Tragik herausgearbeitet. Für alle Beteiligten. Er lässt Menschen zu Wort kommen, die die Veränderung lange mitgetragen haben, weil Spörkel für die Menschen als Seelsorger wertvoll und wichtig war, doch schließlich sagen: „Das Maß ist voll!“. Wie Anke Knoblich, Gemeindeglied aus Haldern. Nur die Person habe im Vordergrund gestanden, nicht mehr die Inhalte.
Sohn kommt zu Wort
Auch Sohn Nils Spörkel kommt zu Wort. Was in den Anfängen für ihn emotional von Wut begleitet war, rechnet er am Ende seinem Vater als Leistung an, weil sie jetzt transidenten Menschen Mut macht. Was anwesende Betroffene mit Szenenapplaus quittieren.
Nach der Vorführung stellen sich Elke Spörkel und Manuel Rees Fragen aus dem Publikum. Es gibt viel Anerkennung für Spörkels Mut, sich im Film zu offenbaren. Aber es wurden auch provokante Fragen gestellt: „Herr Spörkel! Wenn Sie immer schon wussten, dass Sie eine Frau sind. Warum haben sie sieben Kinder gezeugt?“ Die Antwort kam prompt: „Meine Kinder aus zwei Ehen sind zwischen 38 und zehn Jahre alt. Ich liebe sie alle und habe immer versucht, ein guter Mann zu sein, ich haben meinen Mann gestanden, mit allem was dazugehört!“ Oder wie sie es empfinde, nur noch als Seelsorgerin in Altenheimen und einem Krankenhaus tätig zu sein? „Ich war wohl eine Zumutung für die Gemeinde“, kann Spörkel heute nachvollziehen. Heute sieht sie die Entscheidung der Landeskirche und seines Superintendenten „als Geschenk.“ Als Seelsorgerin in den Altenheimen werde sie mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. „Viele Menschen hier sind Experten im Loslassen. Sie lehren mich, demütig zu sein und das Loslassen zu üben.“
Lob für den Filmemacher und Regisseur
Viel Lob gab es im Publikum für Filmemacher und Regisseur Manuel Rees. Der Film sei formal sehr gut aufgebaut. Auch dadurch, dass er sehr Interviewlastig sei, was ihn authentisch macht. Er bezieht nicht Stellung, trotz der Freundschaft, die Rees und Spörkel verbindet. Der Film zeichnet sich durch poetische Bilder, kluge Montage und die geübte Bildgestaltung aus und hat das Potential für einen Kinofilm. Wenn der Film überarbeitet ist, soll er auf einem der großen Filmfestivals Premiere feiern.