Kreis Wesel. . Bei der Infoveranstaltung zum Umweltskandal um die illegal entsorgten Ölpellets in Schermbeck ging es vor allem um die Gefahr für die Anwohner.

Vor weit mehr als 200 Bürgern informierte Landrat Dr. Ansgar Müller gemeinsam mit Experten über den Umweltskandal um die 30 000 Tonnen illegal in den Gahlenener Mühlenberg entsorgten hochgiftigen Ölpellets. Am Ende des fast zweieinhalbstündigen emotionalen Abends verkündete Müller als Konsequenz, dass er sich für eine Gesetzesänderung einsetzen werde. Er fordert unter anderem, die Erzeuger stärker in die Verantwortung zu nehmen. Von den Pellets im Mühlenberg gehe keine Gefahr aus, sagen die Behörden

In einem waren sich zumindest die interessierten Bürger im Saal Holtkamp, die Vertreter vom Kreis Wesel, der Bezirksregierung, die Bürgermeister aus Schermbeck und Hünxe sowie auch die Experten einig: Die Ablagerung der Ölpellets in der ehemaligen Tongrube des Gahlener Mühlenberges geschah mit hoher krimineller Energie.

Helmut Czichy von der Kreisverwaltung erläuterte, welche Schritte nach Bekanntwerden des Skandals eingeleitet und durchgeführt wurden.
Helmut Czichy von der Kreisverwaltung erläuterte, welche Schritte nach Bekanntwerden des Skandals eingeleitet und durchgeführt wurden. © Gerd Hermann

Gastgeber Landrat Dr. Ansgar Müller nannte es „erschreckend, wie gegen Gesetzte verstoßen wurde“ und bezeichnete die Vorgänge als „eine Riesensauerei“. Seine Verwaltung sei als Ordnungsbehörde für den Schutz der Umwelt und die Gesundheit verantwortlich.

Auf das noch laufende Strafverfahren vor dem Amtsgericht in Bochum wurde nur am Rande eingegangen, vielmehr ging es in den 145 Minuten – teils sehr emotional – um die Einschätzung, welche Gefahren aktuell und in Zukunft für Mensch und Umwelt ausgehen.

Experten: Besser das Material vor Ort lassen

Trotzdem war es natürlich sinnvoll, dass Helmut Czichy vom Kreis als Aufsichtsbehörde noch einmal zusammenfasste, welche Schritte unternommen wurden, nachdem der Skandal im August 2014 dem Kreis Wesel bekannt wurde. Unter anderem ging er auf Untersuchungen von möglichen Gefährdungen ein und stellte unter anderem fest: „Wir sehen kein Risiko, dass es eine Verunreinigung des Grundwassers geben wird.“ Czichy kam zu dem Fazit: „Es ist die Entscheidung im Einvernehmen aller beteiligter Behörden, die Materialen vor Ort zu belassen.“

In der späteren Diskussion waren mehrere Redner auch der Meinung, dass eine Öffnung der Verfüllung und das Herausholen des belasteten Materials neue Gefahren mit sich bringen würde.

Gutachter Ulrich Lieser zeigt eines der Ölpellets aus dem Mühlenberg.   
Gutachter Ulrich Lieser zeigt eines der Ölpellets aus dem Mühlenberg.    © Johannes Kruck

Diplom-Geologe und Gutachter Ulrich Lieser hatte einen Klumpen aus den besagten Ölpellets mitgebracht, um die es bei der ganzen Diskussion geht. „Diese handgroßen Knollen riechen nach Teer und sind optisch nur schwer von der Umgebung zu unterscheiden“, so der Experte, der – teils sehr wissenschaftlich – erläuterte, dass aufgrund der guten Abdichtung des eingelagerten Materials aus seiner Sicht kaum Belastungen für Mensch und Umwelt zu erwarten seien. Auch er plädierte dafür, die Pellets in der Verfüllung zu belassen – auch in Zukunft sieht er keine Gefahr: „Da kann rein theoretisch in Geologischen Zeiten nichts passieren.“

Die meisten der rund 25 Wortbeiträge aus der Bürgerschaft waren allerdings doch sehr viel skeptischer. Zu mehreren Fragen nach dem Sickerwasser bemerkte Matthias Börger von der Bezirksregierung: „Es wird ein Messkonzept geben, das und ermöglicht, zu kontrollieren, wohin das Wasser fließt.“

Eine dicke Folie würde zu mehr Sicherheit führen

Konkret fragte Landwirt Wilhelm Hemmert-Pottmann aus Gahlen, ob eine Folie zur Abdichtung die Sicherheit erhöhe. Darauf antwortete Experte Lieser mit einem klaren „Ja“.

Fast zweieinhalb Stunden ließen sich die Bürger im Saal von Cafe Holtkamp in Gahlen informieren.
Fast zweieinhalb Stunden ließen sich die Bürger im Saal von Cafe Holtkamp in Gahlen informieren. © Gerd Hermann

Dr. Ansgar Müller bilanzierte zum Abschluss: „Ich ziehe die Konsequenz, dass es einer politischen Initiative zur Optimierung der Vorschriften bedarf. In meiner Funktion als Vizepräsident des Landkreistages Nordrhein-Westfalen und des Deutschen Landkreistages werde ich mich dafür einsetzen, dass es zu einer Gesetzesänderung kommt.

Die Abgrenzung zwischen Abfall und Produkten muss anhand der gesetzlichen Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes klarer werden.“ Das Abfallregime müsse verhindern, dass gefährliche Stoffe so leicht umdeklariert und damit der Aufsicht der Behörden entzogen werden können.

>>> KEINE WEITERE ERHÖHUNG DES MÜHLENBERGS:

Eine Tonaufnahme des Info-Abend in Gahlen beabsichtigt der Kreis Wesel in Kürze auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Ein Bürger hakte nach, wie es mit der von der Firma Nottenkämper gewünschten Erhöhung des Mühlenbergs aussehe. Darauf antwortete Michael Fastring vom Kreis Wesel: „Wir haben keinen Antrag und würden den auch nicht genehmigen.“

  • Einen 15-seitigen Fragenkatalog des Bürgerforums Gahlen beantwortet der Kreis im Nachgang.