Xanten. Corona hat die Jugendherberge in Xanten hart getroffen. Doch nun ist die Nachfrage nach Übernachtungen aus mehreren Gründen höher denn je.

Achtung: Hier brüten Bachstelzen.“ Der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider, momentan auf seiner jährlichen Sommertour, staunt nicht schlecht, als er das Schild auf einem der vielen Blumenkästen im Innenhof der Jugendherberge in Xanten erblickt. Auch wenn die Singvögel in der Regel nicht besonders scheu sind, verwundert es auf den ersten Blick tatsächlich, dass sie ihre Nester ausgerechnet dort bauen, wo normalerweise viele Kinder und Jugendliche Tischtennis, Karten oder Fangen spielen statt wie sonst im Verborgenen. „Hier war es lange ruhig. Es war ja nichts los“, erklärt Herbergsleiterin Ursula Hiepler.

Die Corona-Einschränkungen der gesamten Tourismusbranche hat auch der Xantener Jugendherberge stark zugesetzt. 20 Aktenordner mit Stornierungen habe Hiepler gemeinsam mit ihrem Team mittlerweile abgearbeitet. Einige der Gäste waren durch den Lockdown dazu gezwungen, ihre Familienreisen oder Klassenfahrten absagen. Manche hätten sich auch aufgrund der Angst sich anzustecken, freiwillig zur Stornierung entschieden. Wieder anderen waren die Einschränkungen zu undurchsichtig – etwa dass bei einer Inzidenz von knapp über 50 schon kein warmes Essen mehr ausgegeben werden dürfe, Frühstück hingegen schon.

Viele Mitarbeiter der Jugendherberge mussten sich im Lockdown neu orientieren

Während des langen Lockdowns haben sich Bachstelzen in einem der Blumenkästen im Innenhof der Jugendherberge Xanten eingenistet.
Während des langen Lockdowns haben sich Bachstelzen in einem der Blumenkästen im Innenhof der Jugendherberge Xanten eingenistet. © NRZ | Patrick Schuh

Nichtsdestotrotz gab es für Hiepler und ihre Mitarbeiter kaum mal eine Gelegenheit, durchzuatmen. Neben eigens durchgeführten Renovierungsarbeiten stand auch die Telefonanlage der Herberge nur selten still. „Wir haben viele Anrufe bekommen, wie groß die Gruppen sein dürfen, ob man Tests braucht und in welchen Bereichen man eine Maske tragen muss“, berichtet die Leiterin. „Manchmal hatte ich das Gefühl, mehr für das Gesundheitsamt zu arbeiten als für uns.“

Auch finanziell ist die Krise nicht spurlos an der Einrichtung vorbeigegangen: „Wir müssen als ganzer Landesverband der Jugendherbergen schauen, dass wir über die Runden kommen.“ Ähnlich wie in der Gastronomie haben sich auch im Tourismus viele Beschäftigte in der Zeit des Lockdowns beruflich umorientiert: „Von 35 Leuten sind mir noch 22 geblieben“, berichtet Hiepler zähneknirschend.

Jetzt schon mehr als 38.000 Buchungen für 2022

Weniger zu tun wird es für sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in absehbarer Zeit jedoch wohl nicht geben. Denn über geringe Nachfrage könne man in Xanten nie klagen. Dazu kämen neuerdings noch Familien, die pandemiebedingt lieber in Deutschland bleiben wollen. Für 2022 habe Hiepler bereits mehr als 38.000 Buchungen im System – teils verschobene Urlaube aus dem letzten Jahr, teils neue Vorausbuchungen: „Viel Platz fürs nächste Jahr ist schon jetzt nicht mehr.“ Auch Schulen, der hauptsächliche „Geldbringer“ für die Herberge, könnten schon bald wieder einkehren.

Warum die Jugendherberge Xanten für einen Kurzurlaub so beliebt ist, erklärt sich Hiepler mit der schönen in unmittelbarer Nähe zur Xantener Südsee sowie den diversen Ausflugsmöglichkeiten wie den APX, die Bislicher Insel oder das Freizeitzentrum Xanten.

Ernennung zum Unesco-Weltkulturerbe wird den Tourismus in Xanten weiter ankurbeln

Nun durch den Niedergermanischen Limes noch offiziell zum Unesco-Weltkulturerbe zu gehören, werde die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten in Xanten weiter steigern, wie Hiepler vermutet. Aber: „Wenn wir voll sind, sind wir voll. Außer wir finden irgendeine Möglichkeit, noch ein paar kleine Häuschen für Familien dazuzustellen.“