Xanten. Büroalltag mit den Füßen im Sand: Eva Schubert ist in Xanten aufgewachsen. Inzwischen lebt und arbeitet die 32-Jährige auf der Insel Teneriffa.

Viele Deutsche malen es sich aus. Gerade jetzt, wo hierzulande die Tage kurz sind, Kälte und nassgraues Wetter dazu einladen, sich deprimiert in den eigenen vier Wänden zu verkriechen und im Fernsehen Doku-Soaps darüber laufen, wie schön es anderswo sein kann. Die Wenigsten aber wagen tatsächlich den Schritt, brechen die Zelte ab und bauen sich in der Fremde ein neues Leben auf – wandern aus.

Eva Schubert hat es getan. Seit Frühjahr 2017 lebt sie nun auf der kanarischen Insel Teneriffa. Wie viele Menschen arbeitete die 32-Jährige, die fast ihre gesamte Kindheit und Jugend in Xanten verbrachte, zuvor fünfmal die Woche von 9 bis 17 Uhr im Büro. Sie verfiel allmählich in einen Trott und schaffte es immer seltener, ihre Freunde zu treffen, wurde zunehmend unzufrieden mit ihrem Leben. Irgendwann reifte in ihr der Entschluss: So möchte ich nicht weitermachen, ich brauche eine Veränderung.

Auswandern nach Teneriffa: Sehnsucht nach Sonne

Dabei war es keineswegs so, dass sie ihren Job in Köln als Social-Media-Managerin einer bekannten Kaufhauskette ungern gemacht hätte, versichert sie, aber ihr fiel bald auf: „So viele meiner Aufgaben laufen digital. Wieso muss ich also den ganzen Tag im Büro sitzen?“ In ihr formte sich der Wunsch, den Lebensmittelpunkt in ein anderes Land zu verlagern. Eines, das ihre Sehnsucht nach Sonne und Wärme stillen konnte: Südafrika, Dominikanische Republik. Jedoch wollte sie ihren alten Job in Teilzeit gerne behalten, und die verschiedenen Zeitzonen hätten das schwierig werden lassen.

Auch interessant

Nach einem Urlaub auf Teneriffa fiel ihre Wahl auf die Kanaren, dort, wo das ganze Jahr über ein mildes Klima herrscht und die Sonne ständig scheint. Außerdem wollte Schubert schon immer mal Spanisch lernen. „Der größte Schritt war es sicherlich, meinen Chef zu überzeugen, ihm zu sagen: Ich möchte nach Teneriffa gehen. Dafür habe ich lange nicht den Mut aufgebracht.“ Ihr Chef fasste ihr Vorhaben dann aber überaus verständnisvoll auf. Die kleine Hürde, jemanden zu finden, der die Hälfte von Schuberts Aufgaben übernehmen konnte, wurde schnell genommen. Schwerer war es dagegen, den Freunden und der Familie Lebewohl zu sagen.

Neustart für gebürtige Xantenerin: Mühsame drei Monate

Und wie das so ist, können Wunschvorstellungen schnell von der nüchternen Realität eingeholt werden. In den ersten drei Monaten sei es mühsam gewesen, sich zurechtzufinden. Ihr Freund und sie hätten sich fremd gefühlt, keine Kontakte auf der Insel gehabt, die Sprache ein Hindernis. Zudem „war es super schwer, eine Wohnung zu finden.“ Als sie zwei Monate vor dem geplanten Umzug zur Wohnungssuche nach Teneriffa kam, musste Schubert erfahren, dass auf den Kanaren die Uhren anders ticken, denn lediglich für den Folgemonat wurden Wohnungen angeboten.

Auch interessant

So musste das Paar ab März zunächst eine Ferienwohnung beziehen und vor Ort suchen, außerdem ein Auto kaufen, eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. „Es ist eine Herausforderung, sich in einem fremden Land ein neues Leben aufzubauen“, betont Schubert. Andererseits wollte sie genau das. Einen Schnitt, neu anfangen, nicht mehr von Termin zu Termin zu hetzen, stattdessen darüber nachdenken: wie verbringe ich meine Freizeit, welche Hobbys könnten mir Spaß machen? „Da ist plötzlich ein weißes Blatt, das man mit Farben füllen kann.“

Eva Schubert ist in Xanten aufgewachsen

Kindheit: Als Sechsjährige zog sie mit ihren Eltern nach Xanten, machte ihr Abitur am Stiftsgymnasium.

Studium: Von 2008 bis 2011 studierte sie in Köln „Online-Redakteur“, danach machte sie ihren Master „Elektronische Medien“ in Stuttgart. Der Blog von Eva Schubert: www.aufdersonnenseite.de

In den vergangenen zwei Jahren habe sie so eine neue Lebensqualität gefunden. Mit ihrem Partner, der sich als Freiberufler um Suchmaschinenoptimierung für Unternehmen kümmert, hat sie eine Wohnung am Strand im südlichen El Médano gefunden. Die beiden sind nun zwei von 50.000 anderen Deutschen auf der Insel, von denen die meisten hier nur überwintern. Schubert hat indessen Spanisch gelernt. Sie ist regelmäßig Kitesurfen und geht in den Bergen der Insel wandern. Sie hat ihren Yoga-Meister in Indien gemacht, bietet nun Kurse am Strand an, organisiert Sprachcafés, engagiert sich im Naturschutz.

Erfahrungen im Ratgeber

Zudem führt Schubert seit einiger Zeit einen Blog, mit dem sie andere zum Auswandern inspirieren und zu diesem Thema informieren möchte, schließlich sei sie selbst frustriert darüber gewesen, wie wenig deutsch- oder englischsprachige Infos sie im Vorfeld ihres Umzugs im Netz gefunden hatte. Ihre Erfahrungen hat sie ebenso in einem Ratgeber gebündelt. Über all diese Hobbys hat sie viele Freunden gefunden, mit einigen teilt sie sich einen Coworking-Space – eine Art Gemeinschaftsbüro, in dem jeder seiner eigenen Arbeit nachgeht, man aber zusammen Zeit verbringt, zu Mittag isst, danach gemeinsam etwas unternehmen kann. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen, was ihr neue Blickwinkel eröffne und sie viel über sich selbst gelehrt habe. Die Inselmentalität habe sie zu schätzen gelernt, sagt sie: „Die Leichtigkeit, das Extrovertierte, manchmal Laute, Lebhafte, aber auch Entspannte“.

Auch interessant

Insgesamt stünde ihr zwar weniger Geld als in Deutschland zur Verfügung, allerdings seien die Lebenserhaltungskosten auf den Kanaren auch geringer und sie habe eben jetzt mehr Zeit für sich selbst. Sie glaubt, dass in Zukunft immer mehr Menschen ortsunabhängig arbeiten werden. Schließlich sei dies eine der großen Errungenschaften der digitalen Welt und beinhalte große Freiheiten.

Auch interessant

Immer mehr Menschen sei eine Balance zwischen Arbeits- und Privatleben wichtig. In den USA sei das virtuelle Zusammenarbeiten schon längst in der Arbeitswelt etabliert, Deutschland hinke hier noch etwas hinterher, sagt Schubert und fordert: „Wir müssen weg davon, in Zeitkategorien und Kontrollmechanismen zu denken, uns eher an Ergebnissen orientieren.“

Leben auf Teneriffa: Regelmäßig zu Besuch

Schubert bereut ihre Entscheidung, auszuwandern, keine Sekunde. Etwa fünfmal pro Jahr kommt sie nach Deutschland und ist auch immer gerne bei ihren Eltern in Xanten zu Besuch. An ihre Kindheit habe sie durchweg positive Erinnerungen. Ob es sie irgendwann mal wieder ins Rheinland zieht, möchte sie nicht ausschließen, „aber derzeit bin ich genau am richtigen Ort und total glücklich.“

Im November wird sie ihre Traumhochzeit auf Teneriffa feiern können, wahrscheinlich bei wohligen 22 Grad unter blauem Himmel am Strand.