Oberhausen. Der alte große Maschinenbau-Konzern Babcock in Oberhausen gehört längst der Vergangenheit an; auf seinem Areal ist Erstaunliches entstanden.
In der einen oder anderen Nische lugt noch Marmor hervor, Waschbecken sind mit Bronzearmaturen ausgestattet. Edelstahlgeländer zieren die weitläufige Terrasse: Es waren noch andere Zeiten, als hier die Führungskräfte des weltweit operierenden Maschinenbaukonzerns Babcock das Sagen hatten. Stumme Zeugen erzählen von einer Zeit, die längst der Vergangenheit angehört. Willkommen ganz oben im achten Stock des höchsten Gebäudes auf dem geschichtsträchtigen Babcock-Firmengelände an der Duisburger Straße.
Die Oberhausener Polizei nutzt einen Teil der Gebäude schon lange als Mieter
Die Büroräume in dem Hochhaus stehen leer - und das seit vielen Jahren. Doch demnächst soll neues Leben Einzug halten, die Suche nach neuen Nutzern werde in Kürze beginnen, kündigt Verena Kohl an. Sie betreut im Auftrag des Eigentümers, des Unternehmens Sirius Facilities, den einstigen Industriestandort samt dem Gebäuderiesen. Aufwendige Umbauarbeiten waren hier erforderlich, um die Ansprüche des Brandschutzes zu erfüllen. Die komplette Instandsetzung soll starten, wenn erste Mieter gefunden sind.
Ganz anders sieht es im direkten Nachbargebäude aus. Dort hat die Polizei zahlreiche Dienststellen untergebracht und will zudem im Frühjahr 2025 auch noch mit der Wache und dem Gewahrsam vom Friedensplatz in der Oberhausener Innenstadt hierher an die Duisburger Straße ziehen, allerdings nur vorübergehend - bis zur Fertigstellung eines neuen Präsidiums.
Warum heißt das alte Babcock-Gelände in Oberhausen nun „Quartier 231“?
Der alte Name Babcock ist verschwunden, Quartier 231 steht jetzt ganz groß auf den Außenmauern. Wer sich über die dreistellige Zahl verwundert die Augen reibt, erhält auch gleich die Antwort: „Die Bundesstraße mit diesen Ziffern durchzieht weite Teile des westlichen Ruhrgebiets und bildet für Oberhausen eine wichtige Verbindung mit dem Umland“, erklärt Philip Mersmann. Der Geschäftsführer des Immobilienmaklers Brockhoff unterstützt die Vermarktung des einstigen Industriestandorts mit seinen zwölf Hektar, früher eine Art Stadt für sich, in der Tausende Menschen in Lohn und Brot waren. Doch nicht nur die Bundesstraße führt dazu, dass Firmen hier ansiedeln wollen, sondern auch die Nähe zu den Autobahnen 2, 3 und 42.
Neue Betriebe auf dem Oberhausener Babcock-Gelände bieten rund 1000 Jobs
Während das Hochhaus aus den 70er Jahren aus einer Art Dornröschenschlaf erwacht, haben viele Hallen und Büroräume längst eine neue Bestimmung gefunden. Etwa 60 Firmen bieten insgesamt rund 1000 Arbeitsplätze. Die Lieferanten Picnic und Durstexpress, letzter hat inzwischen den Mitbewerber Flaschenpost übernommen, unterhalten Depots, um von hier aus ihre Waren zum Kunden zu bringen. Ein Malerbetrieb ist hier ebenso ansässig wie ein Dienstleister für Telekommunikation.
Das Oberhausener Busunternehmen Pink hat seinen Firmensitz auf das Gelände verlagert, weil es dringend mehr Platz benötigte. Die Firma für Autotransporte, „Right Ride“, startet ganz neu durch. Angesichts des eigenen Expansionskurses reichten den Firmengründern die heimischen Büroräume nicht mehr aus. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort mit Hallen für den eigenen Fuhrpark und repräsentativen Räumen wurden die Betreiber hier fündig.
Oberhausener IT-Firma legte rasantes Wachstum hin
Eine weitere, noch recht junge Firma belegt inzwischen eines der zahlreichen Bürogebäude komplett. Die Rede ist von „StartupWerk“, einem Spezialisten für Software- sowie App-Entwicklung und Gestaltung von Internetseiten. Mittlerweile sind über 30 IT-Fachleute für das Unternehmen tätig.
In Kürze wird eine renommierte und weit über Deutschland hinaus agierende Agentur ins Quartier kommen. Mit 8000 Quadratmetern gehört sie zu den Mietern mit den größten Flächen. Die Verträge sind inzwischen unter Dach und Fach, aber noch ist Stillschweigen vereinbart, um welches Unternehmen es sich handelt. Aktuell ist nur noch eine Halle mit 3000 Quadratmetern frei, doch auch dafür wird sich nach Einschätzung der Makler noch ein Betrieb finden.
Der jüngste Trakt im Quartier entstand 1995 und damit nur wenige Jahre vor dem bitteren Babcock-Aus. Das moderne und dank seiner Glasfassaden lichtdurchflutete Gebäude beheimatet heute beispielsweise den Verwaltungssitz von „Meda Küchen“ mit etwa 70 Beschäftigten, ein Callcenter als auch eine medizinische Fortbildungsstätte. Demnächst wird hier noch die Bildungsakademie und Kraftfahrschule „Ruhr Mobil“ einziehen, die die Räume des „Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung“ übernimmt, das zur Marktstraße in die Oberhausener Innenstadt wechselt.
Makler: Nach dem Homeoffice-Boom während Corona sind Büros wieder gefragt
Momentan sind auf den sechs Etagen nur noch 150 Quadratmeter frei. Damit bestätigt auch hier, betont Mersmann, die starke Nachfrage, dass zahlreiche Firmen Abschied vom Homeoffice nehmen und in die Büros zurückkehren. „Ganz deutlich ist aber zu spüren, dass die Räume dann auch attraktiv sein müssen, um Mitarbeiter zu halten oder auch zu gewinnen“, betont Philip Mersmann. Die Unternehmen stehen aufgrund des Fachkräftemangels durchaus unter Druck. Mit einem Angebot in dem Komplex „wenden wir uns unter anderem an Firmengründer“, sagt Verena Kohl. „Räume lassen sich hier nämlich befristet mieten, auch nur für einige Monate.“
Wenn Privat- oder Geschäftsleute Örtlichkeiten suchen, um Waren oder Gegenstände zu lagern, sind sie in dem Quartier ebenfalls an der richtigen Adresse. In dem einstigen Sozialgebäude mit Kantinen und Aufenthaltsräumen sind heute über 300 Lagerboxen in Größenordnungen von fünf, zehn und 15 Quadratmetern eingerichtet. Über das Internet-Portal „MyLager“ sind Anfragen und Terminvereinbarungen möglich.
Investor pumpt eine zweistellige Millionen-Summe in den Oberhausener Standort
Um den gesamten Gebäudebestand auf Vordermann zu bringen, hat Sirius Facilities, dem bundesweit 70 Gewerbeparks gehören, bislang einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in den Standort gepumpt. In der Summe sind allerdings auch die Abrisskosten enthalten, so wurde unter anderem das Empfangsgebäude dem Erdboden gleich gemacht. Ein Objekt wiederum hat wohl auf Dauer Bestand: In einem der früheren Verwaltungstrakte steht das Treppenhaus aus den 50er Jahren unter Denkmalschutz. Ob und wie das Gebäude einmal genutzt werden kann, ist noch ungewiss.
Möglicherweise lässt es sich aber in das Konzept einbinden, an dem die Stadt Oberhausen arbeitet. Sie hat mit ersten Plänen begonnen, um hier ein ganz neues Wohngebiet zu schaffen. Denn zu dem riesigen Areal gehören immer noch viele Freiflächen.
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