Oberhausen. In Oberhausen gibt es ein Zechenareal, das von der Natur zurückerobert worden ist. Gegen die geplante Bebauung hat sich Protest formiert.

Die Bürgerinitiative für den Erhalt des grünen Geländes der Zeche Sterkrade hat am Samstag, 4. Mai, zum Ortstermin geladen: Rund 35 neugierige Menschen waren dabei, um das für eine Bebauung vorgesehene Areal rund um den roten Sterkrader Förderturm zu erkunden. Ein erstaunliches Erlebnis.

Die Bürgerinitiative ist Ende 2023 gegründet worden. Sie wehrt sich gegen die geplante Bebauung mit Gewerbe und Wohnhäusern. Die Wochenend-Exkursion entpuppte sich als eine spannende Vor-Ort-Erfahrung, denn: Im dichten Bewuchs des Geländes verstecken sich viele sehr schmale und sehr kurvenreiche Pfade, denen die Spaziergänger hier sogar eigene Namen gegeben haben: Einer davon ist tatsächlich „Ho-Chi-Minh-Pfad“ getauft worden, benannt nach den legendären, vom Urwald gesäumten Nachschub-Wegen im Vietnamkrieg, andere Pfade führen durch den „Hexenwald“ oder durch den „Märchenwald“.

Rund 35 Menschen nahmen an der Exkursion auf dem Sterkrader Zechengelände teil.
Rund 35 Menschen nahmen an der Exkursion auf dem Sterkrader Zechengelände teil. © WAZ | Michael Bresgott

Ein echter Zechenkenner zeigt den Teilnehmern das Gelände

Klaus Cornelißen leitete die ungewöhnliche Frühlings-Exkursion. Der Oberhausener kennt das Zechenareal so gut wie kaum ein zweiter. Er hat hier einst gearbeitet, hat Betriebsschlosser gelernt und Steiger; er weiß ganz genau, wo hier damals Güterzuggleise verliefen, wo etwa das Umspannwerk und die einzelnen Betriebsgebäude standen. Unter kundiger Führung ging es also mehr als eine Stunde über das Gelände, das immer wieder Überraschungen bietet: viele Gräser; dazu zahlreiche dicht mit Bäumen besetzte Flächen, die fast urwaldartig anmuten; kleine Höhenunterschiede, die schöne Ausblicke ermöglichen.

Die Kreuzkröte ist nach dem Umzug vom Edeka-Standort hier angesiedelt worden. Feldlerche, Heidelerche, Flussregenpfeiefer, Kiebitz und Fledermaus sind präsent. Für die Menschen in der Nachbarschaft und auch darüber hinaus ist der grüne Ex-Zechenstandort längst zu einem Stadtteilpark der ganz besonderen Art geworden. Sie möchten diese Landschaft, die sich die Natur über viele Jahrzehnte von der Industrie zurückerobert hat, nicht mehr missen. Eine Bebauung mit Wohnungen und Gewerbe, wie aktuell geplant, halten sie für völlig abwegig, weil damit eine wichtige Frischluftschneise im ohnehin dicht besiedelten Stadtnorden von Oberhausen zerstört und so eine weitere wertvolle Grünfläche versiegelt werde, die im Zuge des Klimawandels dringend gebraucht werde, und zwar genau so, wie sie sich jetzt präsentiere.

Auf schmalen Pfaden unterwegs: Exkursions-Teilnehmer im als „Hexenwald“ getauften Teil des Zechengeländes.
Auf schmalen Pfaden unterwegs: Exkursions-Teilnehmer im als „Hexenwald“ getauften Teil des Zechengeländes. © WAZ | Michael Bresgott

Andrea Hegermann ist Sprecherin der Initiative und hat mit ihren Mitstreitern seit Ende vorigen Jahres bei vielen Gelegenheiten diesen Standpunkt in der Öffentlichkeit deutlich gemacht. Sie haben Unterschriften gesammelt und an Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) im Rathaus übergeben, um das von der Stadtverwaltung und großen Teilen der Politik favorisierte Bauprojekt doch noch zu verhindern.

Der überwiegende Teil des Geländes gehört der RAG Montan Immobilien GmbH; kleinere Teile sind im Besitz der Essener Thelen-Gruppe. Ein wichtiges Detail dabei: Der rote Förderturm gehört der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, die damit über den prominentesten Part des Areals die Regie führt – über das Fördergerüst und die Schachthalle. Die Sanierung des Denkmalensembles hat rund drei Millionen Euro gekostet. Es soll nach den vorliegenden Plänen ebenso wie der hier verlaufende HOAG-Radweg in die künftige Bebauung integriert werden.

Am Rande der Exkursion weitere Unterschriften gesammelt

Am Rande der Exkursion hat die Bürgerinitiative am Wochenende weitere Unterschriften für den Erhalt des grünen Zechengeländes gesammelt. Zahlreiche vorbeikommende Radfahrerinnen und Radfahrer haben gestoppt, sich spontan in die ausliegenden Listen eingetragen und ihre Solidarität mit der Forderung nach einem Stopp des Bauvorhabens bekundet. Der Stadtrat hat allerdings Mitte März mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP bereits ein entsprechendes Leitbild beschlossen und den Prozess für eine Bebauung damit eingeleitet. Dem Oberhausener „Ho-Chi-Minh-Pfad“ könnte also irgendwann die Planierraupe drohen.

Am Dienstag, 14. Mai, wird das nächste Treffen der Bürgerinitiative in der Gaststätte Klumpen Moritz an der Bahnhofstraße in Sterkrade stattfinden. Los geht es um 19 Uhr. Es werden dann Politiker mehrerer Parteien erwartet, mit denen die Initiative ins Gespräch kommen möchte und denen sie ihren Standpunkt deutlich machen will.

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