Oberhausen. „Lassen Sie sich nicht stören. Wir sind schon fertig“ war lange das Motto des größten privaten Arbeitgebers in Oberhausen.

Wer ist der größte private Arbeitgeber in einer Stadt mit Malocher-Historie wie Oberhausen? Kein Industriebetrieb wie thyssenkrupp Mill Services, der aktuell 1780 Beschäftigte hat. Nein, die Gesellschaft für Gebäudereinigung und Wartung mbH, kurz Gewa, mit zurzeit 2700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur die Stadtverwaltung hat mit knapp 3000 Beschäftigten mehr. Das Geschäftsmodell dieses Giganten in unserer Stadt, der Wiege der Ruhrindustrie? Putzen! Ein Wort, das die Geschäftsführer Bernd und Stefan Thielen allerdings nicht gerne hören. Weil „Reinigen“ nicht nur besser klingt, sondern auch wertschätzender die harte Arbeit der Reinigungskräfte beschreibt.

Also: Die Gewa reinigt. Ihr Kerngeschäft ist die sogenannte Unterhaltsreinigung, womit gemeint ist: In Büros oder in ganzen Gebäuden Toiletten putzen, Müll einsammeln, Teppiche saugen, Böden wischen und Schreibtische abstauben. All das, damit die Büros am Morgen sauber sind. Apropos Morgen: Die Arbeitszeit für die Reinigungskräfte beginnt oft in aller Frühe, um 5 Uhr. Das ist genau der Zeitpunkt, an dem keine Nachtzuschläge mehr gezahlt werden müssen. Die Gewa hatte dieses unauffällige Tun für lange Jahre im Motto auf ihren Fahrzeugen: „Lassen Sie sich nicht stören. Wir sind schon fertig.“ >>> Zur Reportage: Arbeitswelt: Die stillen Helden im Centro Oberhausen

Firma Gewa in Oberhausen: Gründung 1965

Die Brüder Bernd und Stefan Thielen führen das Familienunternehmen in zweiter Generation. 1965 von Vater Hermann Thielen mit weiteren Gesellschaftern gegründet, ist der ältere Bruder Stefan genauso alt wie das Unternehmen. Seit 58 Jahren hat die Gewa ihren Hauptsitz in Oberhausen, seit 2004 an der Fahnhorststraße und inzwischen mit Niederlassungen in Gelsenkirchen, Köln und München. Bernd Thielen kümmert sich um die Kundenbetreuung und das operative Geschäft, Bruder Stefan ist für Kundenbetreuung, Vertrieb und Marketing zuständig.

Seit 2004 hat die Firma Gewa ihren Hauptsitz an der Fahnhorststraße in Oberhausen.
Seit 2004 hat die Firma Gewa ihren Hauptsitz an der Fahnhorststraße in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Gründer Hermann Thielen (1938 bis 2016), hatte Spaß am Reinigen, erzählt Sohn Bernd. Als Kind der Nachkriegszeit gründete er die Gewa, während er noch bei der Gutehoffnungshütte als Angestellter in der Pensionsabteilung beschäftigt war, und wagte erst vier Jahre später den Sprung ins Reinigungs-Geschäft.

Markt für Gebäudereinigung wird komplizierter

Heute ist der Markt für Gebäudereinigung komplizierter und ein Unternehmen tut gut daran, die ganze Palette des Gebäudemanagements anzubieten. Die Gewa macht alles sauber, was sauber gemacht werden muss: Fenster, Fassaden, Maschinen oder Industrieanlagen. Und sie bietet weitere Dienstleistungen an, wie den Hausmeister, Grünanlagenpflege oder Spül- und Winterdienste.

Der größte Einzelkunde ist die Stadtverwaltung. Die Gewa macht aber auch im Centro, bei Topgolf am Brammenring und in der Messe Köln sauber. Insgesamt hat das familiengeführte Unternehmen rund 60 Prozent Kunden der öffentlichen Hand und 40 Prozent aus der Privatwirtschaft, der Umsatz betrug im letzten Jahr 49 Millionen Euro, in der Kasse blieben als Gewinn rund 1,5 Millionen. Eine sauber Erfolgsgeschichte made in Oberhausen.

Mit einem Raumbuch, in dem jeder Quadratmeter eines Gebäudes beschrieben ist, kommt der Kunde zur Gewa und es wird ein genaues Leistungsverzeichnis erstellt, das die Reinigungskräfte minutiös einplant. Wie oft soll gereinigt werden? Wo stehen die Putzmaterialien? Wann kann gearbeitet werden (das Staubsagen eines Teppichs ist lauter als das Wischen eines Hartbodens)? All diese Dinge werden sorgfältig geplant, denn Gebäudereinigung ist vor allem Handarbeit.

Gerade große Kunden achten auf umweltfreundliche Verfahren mit biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln.
Bernd Thielen, Geschäftsführer der Gewa

Eine anstrengende Arbeit, durch die Menschen nicht reich werden. Eine normale Reinigungskraft erhält mit 13 Euro in der Stunde den tariflich festgelegten Mindestlohn des Gebäudereiniger-Handwerks. Ab Januar steigt er auf 13,50 Euro. Neben den – ungelernten – Reinigungskräften gibt es die Fachkräfte für Glas- und Fassadenreinigung, die etwas mehr erhalten, zurzeit 16,20 Euro für die Stunde Arbeit, auch hier steigt der Tariflohn im Januar um 50 Cent.

Eine Arbeit, die vor allem von Frauen geleistet wird, die geprägt ist von geringfügiger Beschäftigung mit der monatlichen Verdienstgrenze von 520 Euro, etwas verharmlosend „Minijobs“ genannt, und von Reinigungskräften aus aller Welt. Bei der Gewa liegt der Frauen-Anteil bei drei Vierteln, machen die Minijobber etwa 40 Prozent der Beschäftigtenzahl aus, arbeiten Menschen aus 67 Ländern.

Geputzt, nein, gereinigt, wird immer gleich, könnte man meinen. Doch auch diese Branche ist im Wandel. „Gerade große Kunden“, so Bernd Thielen, „achten auf umweltfreundliche Verfahren mit biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln“. So setzt die Gewa auf deutsche Lieferanten und zertifizierte Standards.

Wir wollen organisch wachsen.
Stefan Thielen, Geschäftsführer der Gewa

„Wir wollen organisch wachsen“, beschreibt Stefan Thielen den Blick in die Zukunft und sein Bruder Bernd ergänzt: „Die Maschinen-Unterstützung, in der Branche Cobotik genannt, ist nach unseren Vergleichsrechnungen noch nicht wirtschaftlich, doch die Gewa arbeitet bereits an einer digitalen Arbeitszeiterfassung und Objektleiterunterstützung per App.“ Damit soll das Personalmanagement intelligenter werden. Ein kontroverses Thema, dessen sind sich die Geschäftsführer bewusst, denn neben den Vorteilen, wie einer genauen Abrechnung, Krankmeldungsmöglichkeiten und einer Urlaubsübersicht stehen die Befürchtungen einer stärkeren Kontrolle.

Die Gewa ist in Oberhausen verwurzelt. Schon der Gründer Hermann Thielen unterstützte den OTHC, die Tennishalle trägt ihm zu Ehren seinen Namen. Die Söhne führen das soziale Engagement für die Stadt fort und unterstützen regelmäßig die Oberhausener Tafel, das Friedensdorf und die Behinderteneinrichtung Alsbachtal. Meist tun sie das ebenso unauffällig wie die Beschäftigten reinigen.