Oberhausen. An zwölf Adressen überall in Oberhausen öffnen am 18. November 46 Kreative ihre Ateliers und bieten Programm rund um die Kunst.
Während dreier dunkler Jahre blieben die Lichter aus und die Ateliers der Oberhausener Kreativen für die Öffentlichkeit geschlossen. Doch am Samstag, 18. November, funkeln sie wieder (meist von 18 bis 22 Uhr) unter dem bewährten Motto: „Kunstlicht“. An zwölf Adressen im gesamten Stadtgebiet präsentieren insgesamt 46 Künstlerinnen und Künstler eine aktuelle Auswahl ihres Schaffens. Und sie gewähren – für viele noch spannender – Einblicke in ihre Werkstätten. Dort sieht es manchmal halt weniger aufgeräumt aus als in Galerien, doch Kunstbegeisterte genießen dieses einzigartige Flair.
Vor allem die beiden Hof-Adressen im Stadtsüden bieten beides: Sowohl Atelierhaus als auch Kunstfabrik sind, wie’s die Namen schon sagen, Produktionsstätten für Gemälde, grafische und plastische Arbeiten. Aber sie sind auch immer wieder Ausstellungsorte mit besonderem Ambiente. Im Atelierhaus an der Ludwigstraße 20 haben die acht ansässigen Künstler noch drei Gäste dazu gebeten und zeigen so ein breites Spektrum von „optischer Poesie“ bis zu Druckvorführungen. Die Kunstfabrik an der Dieckerstraße 14 mit sogar 15 beteiligten Kreativen verspricht „kleinformatige Überraschungen“ ebenso wie eine raumgreifende Installation mit dem Titel „la bandera“.
Bei der letzten „Kunstlicht“-Nacht im November 2019 hatte die Galerie KiR tüchtigen Anteil am Teilnahmerekord von 70 Beteiligten – schließlich war ihr Beitrag damals die gemeinsame Jahresausstellung der Kunstinitiative Ruhr. In diesem Jahr füllen den schmalen, aber tiefen Galerieraum an der Elsässer Straße 21 die zeichnerisch virtuosen Tiefenbohrungen von Many Szejstecki (1931 bis 2016). Als bildender Künstler war der gebürtige Breslauer ein Solitär in der Ruhrgebiets-Szene – und das nicht einmal wegen seiner beruflichen Karriere: Als 16-Jähriger kam der junge Many (eigentlich Manfred) 1947 allein ins Ruhrgebiet, um auf der Dortmunder Zeche Minister Stein einzufahren. Ihm gelang der Aufstieg bis zum Reviersteiger und Bergingenieur.
Monumentale Formate zeigen ganze Stadtlandschaften „von unten“
Szejsteckis einzigartige Zeichnungen von oft monumentaler Größe sind imaginäre Blicke aus der Tiefe und erfassen von den Schichtungen unter Tage aus ganze Stadtlandschaften „von unten“ – so als blickte man tauchend auf das Straßen-Raster an der Oberfläche. Das alles gestaltet mit einer Präzision und Detailfreude, die wohl jeden Betrachter staunen lässt. Und – man muss es wohl heutzutage betonen: Many Szejstecki arbeitete freihändig, ganz ohne Computer und deren Grafikprogramme. Dabei scheint seine Kunst genau jene polygonalen Netze vorwegzunehmen, auf denen im 21. Jahrhundert die 3D-Animationstechnik basiert.
Die größten Szejstecki-Originale finden Bewunderer im Weltkulturerbe Zeche Zollverein, im Bochumer Bergbaumuseum – und in der unterirdischen Straßenbahn-Haltestelle Trinenkamp in Gelsenkirchen-Bismarck. Natürlich zeigt die Galerie KiR die von vielen privaten Besitzern entliehenen Werke auch über die „Kunstlicht“-Nacht hinaus – und zwar bis zum 26. November.
In nächster Nachbarschaft zur Kunstinitiative Ruhr, nämlich im Leerstand an der Elsässer Straße 17, hat sich die „Galerie auf Zeit“ eingerichtet. Zwei Künstlerinnen und zwei Künstler zeigen hier ganz unterschiedliche Facetten des geistreichen Schaffens – von Simone Kamms in vielfachen Variationen strahlender Lichtkunst, beschirmt von handgeschöpften Papieren, bis zu den grafischen Wortspielen Wolfgang Kleinöders, eines wahren Archäologen des schon ziemlich verschütteten Revierdeutsch. Als Gäste haben die vier Galeristen „auf Zeit“ zudem Petra Leipold und Klaus Wiesel eingeladen.
Der Multimedia-Künstler als als improvisierender Musiker
„Die wohlige Atmosphäre unzähliger Lichtobjekte“ verspricht Simone Kamm natürlich auch für ihr eigenes Atelier an der Sterkrader Westhoffstraße 10. Auch dort sorgen Gäste für Vielfalt, nämlich Alex Schreiber mit Wandkreationen, Ulla Klerlein mit mit skurriler Sitzkunst aus Holz sowie der Multimedia-Künstler Jan Arlt in seiner zweiten Inkarnation als improvisierender Jazz- und Ambience-Musiker.
Am Rande von Sterkrade, an der Horststraße 10, dürfen Neugierige vom „Künstlerhaushalt Lara und Gäste“ stets aparte Überraschungen erwarten: Hier hatten die Gastgeberinnen schließlich schon mal mehrere Räume als Domizil für „Arnold Layne“ eingerichtet, jenen Dessous von der Wäscheleine stehlenden Helden des gleichnamigen Pink Floyd-Songs. Ob man wieder feine Wäsche bewundern darf? Der einfallsreiche Künstlerhaushalt verheißt nur rätselhaft „Alltag, Farbe, Klang, Wort“.
Digitalisierte Gemälde leuchten auf der Hausfassade
An sechs weiteren Adressen öffnen zur „Kunstlicht“-Nacht die Ateliers von fünf Künstlerinnen und einem Künstler: Helga Brune hat als Gästin an der Bottroper Straße 196 (im Hof) Eva Koch eingeladen, an der Hammondorgel unterhält Rainer Brune. Luise Hoyer zeigt am Hauffweg 31 nahe dem Sterkrader Volkspark ihre Zeichnungen und Installationen.
Für einen besonderen Coup sorgt Ludger Mels in seiner Galerie an der Osterfelder Siepenstraße 1. Der 68-Jährige lässt seine Werke auch als digitalisierte Lichtkunst auf der Hausfassade leuchten: Strahlender kann eine Einladung kaum sein.
Im „Atelier Freiraum“, Auf der Höhe 5a in Schmachtendorf, präsentieren Viola Schledorn und Monika Topp „experimentelle Mitmachkunst“. Am Alstadener Kiwittenberg 34 zeigt Gaby Wienen eigene Feinmalerei und ermuntert die Besucher, sich im Malen zu erproben. Und Iris Schnaitmann verlost in ihrem innerstädtischen Atelier im Hof der Helmholtzstraße 43 Gemälde, Fotografien und Objekte zugunsten des Frauenhauses.