Oberhausen. Die Jugendförderung Oberhausen ist erschrocken: Hunger spielt bei Kindern eine große Rolle. Viele essen nicht genug zuhause oder in der Schule.
- Jugendförderung Oberhausen zieht Bilanz für das Jahr 2022
- Hunger und unzureichende Bewegung sind die großen Themen
- Einrichtungen berichten von Problemen – besonders in Oberhausen-Mitte
Die Oberhausener Jugendförderung zieht in ihrem aktuellen Jahresbericht eine erschreckende Bilanz: Der Hunger unter den Kindern nimmt zu. Mangelhafte Ernährung sei eines der zentralen Themen, heißt es in einem Bilanzpapier für das Jahr 2022, dass der Politik vorgelegt wurde. Wörtlich steht darin: „In fast allen Einrichtungen fiel auf, dass Kinder und Jugendliche mit großem Hunger und unzureichender Bewegung zu den Angeboten kamen.“
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit bietet im Stadtgebiet verschiedene Anlaufstellen und Freizeit-Angebote. Eine der bekannteren Einrichtungen ist das „Place2be“ in der Oberhausener Innenstadt. Auf der Marktstraße gibt es beispielsweise das CVJM-Haus. Im Brücktorviertel gibt es das Parkhaus, in Lirich das Druckluft, in Osterfeld den Falkentreff. Das sind nur einige der Häuser, die Jugendliche in ihrer Freizeit aufsuchen können.
Hunger-Problem: Finanzielle Mittel der Einrichtungen begrenzt
Die Hunger-Problematik ist überall akut, besonders gravierend ist es in Oberhausen-Mitte: „In allen Einrichtungen fällt auf, dass das Thema Hunger bei den Kindern und Jugendlichen eine große Rolle spielt. Manche Besucherinnen und Besucher kommen in die Häuser und haben den ganzen Tag noch nichts gegessen. Hier muss noch deutlicher gegengesteuert werden, was allerdings mit den bisher zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln nur bedingt möglich ist.“ >>>Zum Thema:Streetwork Oberhausen: Mehr psychische Probleme seit Corona
Auch in Sterkrade scheint der Hunger unter den Kindern größer geworden zu sein. Das Problem sei massiver in den Fokus gerückt, schildert etwa das Jugendhaus GOT. „In vielen Haushalten sind zum einen die finanziellen Mittel zum Einkaufen sehr knapp und zum anderen ergibt sich laut Aussagen der Kinder und Jugendlichen vor Ort, durch die Abwesenheit der Eltern, dass nicht gekocht wird.“
Familien haben zu wenig Geld
Belastung nimmt zu
Der Tätigkeitsbericht der Jugendförderung listet noch eine Reihe anderer Probleme auf. Durch die Pandemie hätten gerade bei Kindern psychische Belastungen zugenommen. Bildungsdefizite seien bei benachteiligten Kindern und Jugendlichen erhöht.
Auch der Beratungsbedarf ist gestiegen. Hauptthemen seien Perspektivfragen und Lebensführungen. Einige Einrichtungen stellen eine Perspektiv- und Orientierungslosigkeit fest. Das Thema Outing ist ebenfalls präsenter, da in der Pandemie die sozialen Kontakte eingeschränkt wurden und sich auf das familiäre Umfeld beschränkten.
Rund 2600 Kinder und Jugendliche gelten in Oberhausen als Stammbesucherinnen und Besucher der Jugendhäuser. Die am stärksten vertretene Altersgruppe ist die zwischen 18 und 27. An Projekten und Veranstaltungen nahmen im Jahr 2022 fast 15.000 Kinder und Jugendliche teil. Einige Einrichtungen bieten beispielsweise kostenloses Obst an, um der Mangelernährung entgegenzutreten. Die Gründe sind vielschichtig: „Besucherinnen und Besucher berichteten, dass sie entweder nur das Ganztagsmittagessen zu sich genommen haben oder tatsächlich bis in den Nachmittagsbereich noch gar nichts gegessen hatten“, heißt es in dem Bericht. „Nach Rückfragen stellte sich heraus, dass vielfach das Bestellen von Mittagessen im Ganztag durch die Eltern versäumt wurde, dass Kinder und Jugendliche kein Frühstück von zu Hause mitgenommen hatten oder dass die finanziellen Mittel im häuslichen Umfeld sehr knapp geworden sind.“ Nun soll ein gesamtstädtisches Konzept zur Vorbeugung erstellt werden. Ernährungs- und Bewegungsangebote sollen Abhilfe schaffen.
Initiative kümmert sich um kostenloses Frühstück
Das Hunger-Problem in der Stadt ist nicht neu. Kinder, die sich kein regelmäßiges Essen in der Schule leisten können, werden von der Stadt über die „MyCard“ unterstützt. Dieses System soll eine leichtere Abrechnung für Familien ermöglichen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2022 konnten sich 3710 Schülerinnen und Schüler kein regelmäßiges Mittagessen leisten und waren auf finanzielle Hilfe angewiesen. Um zu verhindern, dass Kinder mit Bauchschmerzen und Kopfweh im Unterricht setzen, schließen sich immer mehr Schulen der Initiative „brotZeit“ an. In Oberhausen sind mittlerweile sieben Grundschulen dabei. Der Münchener Verein kümmert sich mit Ehrenamtlern um ein kostenloses Frühstück in der Mensa. Das Land NRW ist der größte öffentliche Förderer der Initiative.