Oberhausen. Auch „Get up“, das Spielfilm-Debüt mit Lena und Lisa Mantler, zählt zum Festival. Es startet mit dem „Ingeborg Bachmann“-Film einer Altmeisterin.
Nach einem Festivaljahr im Online-Format, gefolgt vom wieder glücklich „live“ präsentierten Jubiläum 2022 starten die Oberhausener Frauenfilmtage „Visuelle“ in ihrer elften Auflage mit Frauenpower durch – und mit sechs Filmen vom 13. bis 17. September, jeweils begleitet von den Filmemacherinnen.
Gleich zu Beginn – am Mittwoch, 13. September um 18.30 Uhr – erwartet die Kinogäste im Lichtburg Filmpalast eine Oberhausener Festival-Premiere mit dem neuen Werk von Altmeisterin Margarethe von Trotta: „Ingeborg Bachmann – die Reise in die Wüste“. Nach ihren Biopics über Rosa Luxemburg und Hannah Arendt widmet sich die 81-jährige Regisseurin erneut einer weiblichen Lichtgestalt des 20. Jahrhunderts: Unverändert gilt die österreichische Lyrikerin, die 1973 in ihrer Wohnung in Rom im Alter von nur 47 Jahren unter tragischen Umständen ums Leben kam, als eine der bedeutendsten Dichterinnen deutscher Sprache. Mit Vicky Krieps (bekannt als Kaiserin Elisabeth aus „Corsage“) in der Hauptrolle zeichnet von Trotta nach eigenem Drehbuch die toxische Beziehung von Ingeborg Bachmann mit dem Schweizer Literaten Max Frisch (Ronald Zehrfeld) nach, in einem ebenso eleganten wie aufwühlenden Film, der unter großem Aufwand in sechs Ländern entstand. Zum Gespräch mit dem Publikum besucht Produzentin Bettina Brokemper diesen „Visuelle“-Auftakt.
Diesem furiosen Einstieg folgen an den nächsten „Visuelle“-Tagen gleich drei Top-Dokumentationen: „Sieben Winter in Teheran“, „Feminism WTF“ und „Be Water – Voices from Hong Kong“. Auch hier werden die weiblichen Filmschaffenden in den Dialog mit den Kinogästen treten und somit die weiteren Oberhausener Festival-Premieren wieder zu besonderen Kinovorstellungen machen.
„Sieben Winter“ bis zur Todesstrafe
Regisseurin Steffi Niederzoll kommentiert am Donnerstag, 14. September, um 18.30 Uhr ihre Arbeit an „Sieben Winter in Teheran“. Ihr Werk erzählt von der Passion der Reyhaneh Jabbari, die als 19-Jährige von iranischen Richtern zum Tode verurteilt wurde, weil sie in Notwehr ihren Vergewaltiger erstochen hatte. Regisseurin Katharina Muckstein stellt sich am Freitag, 15. September, um 18.30 Uhr dem Gespräch über ihren Film „Feminism WTF“, der mit einer Fülle von Gesprächspartnerinnen bis zu der Frage führt, was Feminismus mit dem Kampf gegen die Klimakatastrophe zu tun hat.
Den Spielfilm „Black Box“, in der Lichtburg am Samstag, 16. September, um 18 Uhr drehte Asli Özge als dramatische Allegorie auf die zersetzende Wirkung der Angst. In Thriller-Manier erzählt die Regisseurin und Autorin vom Gift der Verdächtigungen – und diskutiert mit dem „Visuelle“-Publikum. Als vielschichtige Bild- und Klangcollage beendet am Sonntag, 17. September, um 13 Uhr „Be Water – Voices from Hong Kong“ die fünf Festivaltage. Mit nie zuvor gezeigten Bildern der Proteste schildert Regisseurin Lia Erbal die Geschichte der Demokratiebewegung in Hongkong und ihre brutale Niederschlagung. Und sich berichtet im Kino von ihren Begegnungen mit exilierten Demokraten.
Wie wichtig in den ausgewählten Filmen die thematischen Schwerpunkte sind – toxische Liebesbeziehung, der Ruf nach Gerechtigkeit, Feminismus, Geschlechtervielfalt, Misstrauen und Zwietracht in der Gesellschaft – zeigt deutlich der wieder ausgerufene Publikumspreis. Der Zonta Club Oberhausen, der mit der städtischen Gleichstellungsstelle und der Lichtburg das kleine feine Festival ins Leben gerufen hat, sponsort nicht nur den Publikumspreis, sondern ist als aktiver Teil des „Visuelle“-Teams auch vor Ort in den Vorstellungen dabei.
Zwillingsschwestern auf dem Weg zur Selbstfindung
Als kontinuierliche Sponsoren sorgen die Volksbank Rhein-Ruhr und die Energieversorgung Oberhausen. mit der städtischen Jugendförderung seit Festivalbeginn auch für die kostenfreie Vorstellung zum „Mädchen-Festival“ am Freitag, 15. September, um 16 Uhr. Mit „Get up“ hat hier Programmleiterin Petra Rockenfeller – gerade erst in Ludwigslust ausgezeichnet von Kulturstaatsministerin Claudia Roth für das beste Kinder- und Jugendfilmprogramm – eine Regiearbeit von Lea Becker ausgesucht: Sie beschreibt den Weg der Zwillingsschwestern Juli und Alex zur Selbstfindung in Bildern zwischen lebensnah und magisch-überhöht. Und natürlich ist auch hier die Regisseurin „live“ dabei, um von ihrer Arbeit mit den jungen Influencerinnen und Web-Berühmtheiten Lena und Lisa Mantler zu erzählen.
Erst zwei Tage „Kinofest“, dann fünf Festivaltage „Visuelle“
Kino-Karten kosten im Lichtburg Filmpalast, Elsässer Straße 26, jeweils 10 Euro. Bei Filmklassikern und an Sonntag-Vormittagen (bis 12.30 Uhr) beträgt der Ticketpreis nur 6,50 Euro.
Noch günstiger geht’s nur beim bundesweiten „Kinofest“ am Samstag und Sonntag, 9. und 10. September: Dann gilt für alle Vorstellungen auf allen Plätzen der Einheits-Eintrittspreis von 5 Euro.