Oberhausen. Sie sehen verschmutzt aus, sind veraltet, angerostet, beschmiert – sollen aber Trinkwasser im Sommer bieten. Und die Politik irrt sich.
Die immer dramatischer werdende Klimakrise zwingt Städte dazu, die Sommerhitze für die Bewohner in dichtbesiedelten Quartieren erträglich zu machen – auch durch den Abriss von ganzen Gebäudezeilen, um Luftschneisen mit mehr Grün in den heißen Innenstädten zu schaffen.
Doch sogar eine im Grunde ganz einfache Maßnahme, nämlich mehr Quellen mit kostenlosem Wasser von guter Qualität zu installieren, kommt in Oberhausen nicht voran. Schlimmer noch: Die seit Mitte der 90er Jahre existierenden fünf Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet sind den Bürgern nahezu unbekannt – und werden vom Eigentümer, den Rheinisch-Westfälischen Wasserwerken RWW, nur stiefmütterlich behandelt. Sogar gewählte Lokalpolitiker, die sich eigentlich in ihren Sprengeln gut auskennen sollten, geben sich ahnungslos: Denn die großen Parteien im Stadtrat, SPD und CDU, glauben irrtümlich, die fünf RWW-Trinkwasserbrunnen seien aus hygienischen Gründen schon abgebaut.
Dabei gibt es schon viele Papiere auf Bundes- und EU-Ebene, die den Städten vorschreiben, frei verfügbares kostenloses Leitungswasser an öffentlichen Orten bereitzustellen. Dieser Vorstoß der EU-Kommission von 2018 wurde Anfang 2021 in der EU-Trinkwasserrichtlinie festgeschrieben – und ist seit Jahresbeginn nationales Recht.
Trinkwasser als Daseinsvorsorge der Städte und Gemeinden
Demnach gehört diese Aufgabe zur Daseinsvorsorge der Städte und Gemeinden. Die Kommunen sollen künftig Trinkwasserbrunnen, beispielsweise in Parks und Fußgängerzonen, aufstellen. Dadurch sollen auch die Mengen an Kunststoffflaschen mit Mineralwasser reduziert werden. Schon 2018 hatte deshalb die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, der eine Förderung von „überall gut erreichbaren Nachfüllstationen für Wasserflaschen“ vorsieht.
Doch tatsächlich reagierte die Stadt Oberhausen darauf verhalten – und mit ihr die Politik. Immerhin fiel den Grünen Ende 2022 auf, dass es im gesamten Stadtgebiet nur fünf Punkte gibt, an denen man Trinkwasser kostenlos zapfen kann. Im Mai darauf wussten es SPD und CDU angeblich besser: „Die vom RWW in Oberhausen bereits betriebenen fünf Trinkwasserbrunnen mussten aus hygienischen Gründen schon vor geraumer Zeit außer Betrieb genommen und abgebaut werden“, heißt es im SPD-Antrag an den Stadtrat, unterschrieben von Fraktionschefin Sonja Bongers und dem Umweltpolitiker Manfred Flore. Dies übernahm die CDU in ihrem Änderungsantrag. Beide Anträge zielten darauf, dass RWW neue Trinkwasserbrunnen in Oberhausen installiert. Zudem sollen die Rathaus-Planer künftig für zusätzliche Trinkanlagen sorgen, beschloss der Stadtrat.
Doch mitnichten hat RWW seine Trinkwasserbrunnen abgebaut: Sie stehen aber so unauffällig, etwa auf dem Saporischschja-Platz und auf dem Altmarkt in der Innenstadt ohne irgendwelche Hinweistafeln, herum, dass sie von vielen Bürgern übersehen werden, aber sie existieren. „Wir haben überhaupt nichts abgebaut und stellen die von Frühjahr bis Herbst immer an. Ich weiß nicht, wie es zu diesem Gerücht gekommen ist“, wundert sich RWW-Sprecher Ramon Steggink über den Irrtum der Politik. „Wir kontrollieren die Brunnen alle 14 Tage und nehmen Wasserproben, um die Trinkwasserqualität zu überprüfen.“ Viel Aufwand also für den Wasserversorger, den allerdings kein Bürger so recht wahrnimmt.
Die eine funktioniert nicht, die andere ist beschmiert – Trinkwasserstationen von RWW in Oberhausen
Denn besucht man die Stationen, dann funktioniert die eine Trinkwasserstation mal nicht (wochenlang der Brunnen auf dem Saporischschja-Platz), die andere funktionstüchtige (Altmarkt) ist mit den Worten „Arschwasser“ und „Schweiss“ beschmiert. Zudem sehen die aus den 90er Jahren stammenden, ein Meter hohen grau-blauen Wasser-Säulen ziemlich angegriffen aus: Sie wirken veraltet, verrostet und sind beschmutzt – gerne trinkt man aus diesen Dingern nicht.
Und nach Nachfrage bei seinen Fachleuten hört Steggink zu seinem eigenen Bedauern, dass tatsächlich Ende Juli drei von fünf Trinkwasserbrunnen von RWW in Oberhausen gerade kein Wasser spenden: „Sie mussten wegen dringlicher Servicearbeiten unterschiedlicher Art kurzfristig abgestellt werden.“ Sie werden repariert, obwohl es nach RWW-Angaben sehr schwierig ist, die passenden Ersatzteile für die veralteten Anlagen zu besorgen. Seit der zweiten August-Woche funktioniert aber wieder alles. Ratspolitiker können ja nun selbst mal die Wasserspender ausprobieren und sich überzeugen: Ja, sie stehen noch.
RWW will keine weiteren Trinkwasserbrunnen für Oberhausen spendieren
Und wird RWW für Oberhausenerinnen und Oberhausener, schließlich keine unwichtigen Kunden im Versorgungsreich der Wasserwerker, noch weitere Trinkbrunnen kostenlos aufstellen? RWW-Sprecher Steggink zeigt sich skeptisch: „Dies ist nach den neuen Wasserrichtlinien schließlich Aufgabe der jeweiligen Stadt. Wenn die Kommune aber mehr Brunnen möchte, helfen wir gerne. Schenken werden wir sie aber nicht.“ Immerhin: Auf Wunsch der Ratsmehrheit arbeiten die Stadtbediensteten an einem Konzept. „Planungs- und Umweltverwaltung sind dabei, weitere mögliche Aufstellplätze festzustellen“, schreibt auf Anfrage der Redaktion die städtische Pressestelle. Mal sehen, wann wir den sechsten Trinkwasserspender im Stadtgebiet nutzen können.
Die fünf bestehenden RWW-Trinkwasserbrunnen sind hier zu finden: Wasserstraße, Ecke Kastellstraße in Höhe Hausnummer 47 (Holten), Stöckmannstraße in Höhe Hausnummer 93 nahe Altmarkt, Paul-Reusch-Straße in Höhe Hausnummer 30 am Saporischschja-Platz, Marktstraße bei Hausnummer 186 und Steinbrinkstraße am Großen Markt (Sterkrade).