Oberhausen. Sie sind „100 Jahre Oberhausen“, sagen Jürgen Koschnick und Wolfgang Fischer. Der Eine hat sogar seine Kinder mit der Liebe zum Job angesteckt.
50 Jahre beim gleichen Arbeitgeber – das schaffen heute nur noch die wenigsten. Schon allein, weil sie viel später in den Beruf einsteigen als Jürgen Koschnick und Wolfgang Fischer. 1973 haben die beiden ihre Ausbildung angefangen, damals beim Grünflächenamt der Stadt Oberhausen, und bringen es nun gemeinsam auf „100 Jahre Oberhausen“. Dass sie so lange durchgehalten haben, hat einen einfachen Grund: „Das ist schon ein Traumjob“, sagt Koschnick. Der 65-Jährige verschiebt sogar seinen Renteneintritt nach hinten.
Jürgen Koschnick ist Baumkontrolleur bei den Servicebetrieben Oberhausen (SBO). 100 bis 150 „Patienten“ untersucht er pro Tag. Als ausgebildeter Baumchirurg erkennt er nämlich auch Krankheiten und Pilzbefall. Außerdem prüft Koschnick die Bäume auf Verkehrssicherheit: Hängen die Äste zu tief? Gibt es Stolperfallen? Jeder Straßenbaum – davon gibt es in Oberhausen rund 23.000 Stück – muss zweimal im Jahr kontrolliert werden. Viel Arbeit, die für den Liricher aber mit einem riesigen Vorteil verbunden ist: „Ich bin immer draußen in der Natur.“
Spielplätze in Oberhausen werden auf Sicherheit geprüft
Wolfgang Fischer hingegen verbringt mehr Zeit im Büro. Also mehr als Koschnick. Auch der 64-Jährige arbeitet etwa 50 Prozent der Zeit an der frischen Luft. Als Disponent ist er bei den SBO zum Beispiel zuständig für die Kontrolle der Spielplätze in Oberhausen. Einmal pro Woche werden sie auf Sicherheit geprüft. Sein Kollege Jürgen Koschnick weiß: „Das hat höchste Priorität.“
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Für Koschnick und Fischer sind 50 Jahre Betriebszugehörigkeit nicht das erste Jubiläum in ihrer Berufslaufbahn. Die beiden haben schon einige Urkunden gesammelt. Angefangen haben sie 1973 als jugendliche Auszubildende beim Grünflächenamt, dann waren sie irgendwann bei den Wirtschaftsbetrieben WBO angestellt, danach beim Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) und schließlich bei den Servicebetrieben Oberhausen (SBO), wo sie noch heute arbeiten. „Ich habe viele Chefs kommen und gehen sehen“, fasst Koschnick die vielen Veränderungen zusammen.
Das Personal ist in 50 Jahren drastisch geschrumpft
Anfangs gab es noch drei Betriebsstellen des Grünflächenamtes in Oberhausen: eine in Stadtmitte – dort arbeitete Jürgen Koschnick, eine in Sterkrade und eine in Osterfeld – da war Wolfgang Fischer im Einsatz. Er erinnert sich, dass der Maschinenpark damals aus drei Autos und einer Motorsäge bestand. Mit Bollerwagen und Besen sind sie damals losgezogen. Ende der 1980er Jahre wurde der dezentrale Betrieb zu teuer. Auch das Personal wurde reduziert. „Wir sind noch etwa 80 Leute“, sagt Fischer. „Wir waren mal über 200.“
Das hat naturgemäß Folgen: „Jetzt wird nicht mehr 15-mal im Jahr gemäht, sondern sechsmal“, nennt Koschnick ein Beispiel. „Wir müssen die Arbeit so strukturieren, dass wir das mit so wenig Leuten schaffen.“ Auch Müll werde nicht mehr jeden Tag gesammelt. Worüber sich auch einige Bürgerinnen und Bürger beschweren – bei Wolfgang Fischer, der betreut nämlich auch die Hotline. „Wir kriegen manchmal Sachen an den Kopf geworfen . . .“, staunt der 64-Jährige.
Viel positive Resonanz auf bunte Blumenbeete in Oberhausen
Die Menschen in Oberhausen stören sich am Pflegezustand in Parks und daran, dass kein Rasenschnitt mehr aufgenommen wird. Oft sind es alte Leute, die sich beschweren. „Die kennen das von früher anders“, weiß Wolfgang Fischer, der den Wandel selbst miterlebt hat. Doch irgendwo musste gespart werden. „Man kann nicht mit weniger Leuten den gleichen Pflegezustand aufrecht erhalten“, schildert Jürgen Koschnick das Dilemma. Das müssten die Leute verstehen.
Manchmal gibt es aber auch positives Feedback. Zum Beispiel zu den bunten Blumenbeeten in der Stadt. Sie waren Fischers Idee, lässt der bescheidene Mann sich entlocken. Das war viel Arbeit, aber die hat sich gelohnt. Die Bürgerinnen und Bürger in Oberhausen erfreuen sich am Anblick der Farbkleckse in der Stadt.
Klimawandel: Auf Baumexperten kommen neue Herausforderungen zu
Auch wenn sich in 50 Jahren nicht alles zum Guten gewandt hat, sind Jürgen Koschnick und Wolfgang Fischer mehr als zufrieden mit ihrem Job. So zufrieden, dass Koschnick sogar die nächste Generation mit seiner Liebe zu Bäumen und zur Natur angesteckt hat. „Mein Sohn ist voll in meine Fußstapfen getreten.“ Heute ist Jens Koschnick Baummanager der Stadt Oberhausen – und damit im Grunde Chef von seinem Vater. „Vor zehn Jahren musste er sich bei mir im Büro melden, jetzt muss ich mich in seinem Büro melden.“
Und der Job bleibt wichtig, wird vielleicht noch wichtiger. Denn mit dem Klimawandel haben Extremwetterereignisse, vor allem Hitze und Trockenheit, stark zugenommen, berichten die beiden Baumexperten. „Der Regen in den letzten Wochen war ein Segen für uns“, sagt Koschnick. In Zukunft werden daher wahrscheinlich noch einige exotische Gewächse in Oberhausen Einzug halten, „die es sonst hier nicht ausgehalten haben“, sagt Fischer. Auf deren Pflege müssen Jürgen Koschnick und Wolfgang Fischer sich dann aber nicht mehr tagtäglich kümmern. Jetzt ist die nächste Generation am Zug.