Oberhausen. Immer wieder fahren Autos verbotenerweise über die Marktstraße in Oberhausen. Kunden und ein Restaurant-Betreiber beschweren sich.
- Baustellen sorgen in der Oberhausener Innenstadt für Ärger
- Kunden und Restaurant-Inhaber beschweren sich über Autos in der Fußgängerzone
- Beim abendlichen Ortsbesuch zählen wir Autos im Minutentakt
Die Gitarrenriffs von Marlon Hammer rollen aus den Boxen über die Straße zu den Zuschauern. Dazwischen verirrt sich das leise Motorengeräusch eines Autos. Es fährt mitten durch den Biergarten der Oberhausener Kultkneipe Gdanska.
Eigentlich dürfte der Konzert-Veranstalter die Straße absperren. Doch dann stecken die Autos fest. Der Altmarkt in der Oberhausener Innenstadt ähnelt dieser Tage einem Irrgarten. Wo geht’s raus und wie ist man hier reingekommen?
Vergangene Woche beschwerten sich Händler über die Zustände rund um den Altmarkt. Der Energieversorger EVO und die Wirtschaftsbetriebe WBO arbeiten an den Fernwärmeleitungen – ein wichtiges Thema in diesen Zeiten. Allerdings müssen deshalb Straßen gesperrt oder zur Einbahnstraße gemacht werden. Da in einem Feldversuch auch noch die Gutenbergstraße am Jobcenter für den Verkehr geschlossen wurde, weil sich die Stadtverwaltung dadurch weniger Autoverkehr erhofft (auch ein wichtiges Projekt), bleiben viele Autofahrer am Altmarkt irritiert hängen: Sie verpassen die Ausfahrt durch den Gdanska-Biergarten, stellen an der Marktstraße fest, dass die Stöckmannstraße in einer Sackgasse endet, und suchen ihr Heil über die autofreie Fußgängerzone Marktstraße.
Bei unserem Besuch fahren in zehn Minuten zehn Autos über den Altmarkt. Überrascht ist davon niemand. Protest? Fehlanzeige. Selbst wenn mal einer zu schnell über den Platz heizt und offensichtlich keine Orientierungsprobleme hat. Auf der Marktstraße hat man sich an einiges gewöhnt.
Kiosk-Betreiber flucht über Baustellen auf der Marktstraße
Die Einkaufsstraße ist so etwas wie ein Dauerbrenner. Seit dem Bau des Centro wird gestritten über den drohenden Verfall der Innenstadt. Um „die City zu retten“ hat die Rathaus-Spitze das Projekt Brückenschlag ins Leben gerufen, die Stadt mietet leere Ladenräume an und belebt ihn mit neuen Konzepten. Außerdem werden Pläne geschmiedet zur Verbesserung der Lebensqualität, Baukräne kreisen am Himmel, neue Gebäude entstehen. Der Blick geht in der Verwaltung nach vorn, derzeit herrscht aber an der Basis Frust.
„Das macht einen psychisch kaputt“, flucht Bangien Hasso. Er betreibt den 24-Stunden-Kiosk „Späti“ in der Nähe des Altmarkts und damit der Baustellen. „Was sollen die Leute denn tun? Was soll ich denn tun? Zwei Kilometer weit weg von meinem Laden parken?“ Wöchentlich bekomme er Knöllchen; er fühlt sich ungerecht behandelt, weil sich die Stadtverwaltung nicht genügend um Parkplätze kümmere. „Ich kann die Leute verstehen, die über die Marktstraße fahren. Für mich ist die Stadt daran schuld.“ >>> Marktstraße: Darum hat das „Tropical“ noch nicht geöffnet
„Poser“ nerven Restaurantbetreiber
Allerdings kann der Kiosk-Besitzer auch verstehen, dass sich Gastronomen über den Verkehr aufregen. Direkt neben seinem Geschäft befindet sich das Fisch-Restaurant La Maddalena. Vor der Tür laden Holztische zum gemütlichen Sitzen in den Abendstunden ein. Allerdings gibt es ein Problem: Inhaber Gianluca Demirci beobachtet immer wieder Autos, die über die Marktstraße fahren – und auch noch zu schnell unterwegs sind. „Mich nerven die, die mit ihren Autos hier posen wollen“, sagt der Jung-Koch. Bei unserem Besuch schiebt sich ebenfalls ein mattschwarzer Mercedes über die Marktstraße. Immerhin im gemäßigten Tempo.
Auch ein Kunde des Restaurants hat uns geschrieben. André Wilms berichtet von einem abendlichen Besuch des "La Maddalena: "Während unserer circa 2,5-stündigen Aufenthaltszeit befuhren unzählige meist hochwertige Fahrzeuge rechtswidrig die Fußgängerzone der Marktstraße; quasi direkt neben unserem Tisch hielten viele dieser Fahrzeuge an und besuchten bei laufendem Motor den Spätkauf!". Er macht sich sorgen, dass sich diese Art Restaurants langfristig deshalb nicht halten können. "Hier ist klar die Stadt gefragt, für Verhältnisse zu sorgen, die den Gästen den Aufenthalt nicht vermiesen. Für uns ist jedenfalls klar, dass derzeit ein weiterer Besuch der Außengastronomie in diesem Bereich der Markstraße kaum noch infrage kommt!"
Um dem Problem etwas entgegenzusetzen, haben Ordnungsamt und Polizei eine erste „Schwerpunkt-Aktion“ durchgeführt und dort Autos angehalten. Denn auch Ordnungsdezernent Michael Jehn hat festgestellt: „Die Leute halten sich nicht an Regeln.“ Wer durch die Fußgängerzone fährt, riskiert ein Bußgeld von 50 Euro. Weil das anscheinend nicht Abschreckung genug ist, erwägt die Verwaltung, Radarmessgeräte einzusetzen. Doch auch an der Polizei und dem Ordnungsdienst gibt es Kritik. Ein Leser, der am Altmarkt wohnt, beschwert sich über mangelnde Präsenz. Die Pkw's würden durch die Füßgängerzone "rasen", was eine Gefahr für die dort spielenden Kindern darstelle. Die Ordnungskräfte würden aber zu wenig kontrollieren, beobachtet Frank Weinberg: "In den letzten drei bis fünf Wochen habe ich dort insgesamt nur dreimal den Ordnungsdienst kontrollieren gesehen. Die öfter vorbeikommende Polizei ignoriert die Lage vollkommen."
Autofahrer stehen sich verwirrt gegenüber
Die Mitarbeitenden des Café Extrablatt reagieren gelassen auf das Auto-Problem. Tagsüber würde kaum ein Auto über die Einkaufsstraße fahren, sagt eine Angestellte. Aber sobald es Abend werde, gehe es los. „Ab und zu stellt sich die Polizei hier auf und blockiert den Weg.
Mehr Polizeipräsenz könnte das Problem lösen. Nur wäre das vermutlich nicht in allen Fällen gerecht. Am Freitagabend stehen sich mehrere Autos auf der Stöckmannstraße gegenüber. Sie versuchen, aneinander vorbei zu kommen. Für einen Moment geht nichts. Die Augen wandern nach links und nach rechts – wo geht’s hier raus? Autofahrer möchte man in diesem Moment auch nicht sein.