Oberhausen. Das Elektro-Festival „Ruhr in Love“ hat trotz der Regen-Schauer Zehntausende Fans angelockt. Feiernde haben auf 40 Tanzflächen klare Favoriten.

Bei diesem zusammengewürfelten House-Hit müssen selbst Puristen schmunzeln: Ausgerechnet Klangfetzen aus „Enjoy the Silence“ schallen gerade über das Gelände der ehemaligen Landesgartenschau in Oberhausen-Osterfeld. Bei „Ruhr in Love“ verpacken 400 Discjockeys auf 40 Freiluft-Tanzflächen musikalische Genüsse. Nur Ruhe, so wie es der gerade am DJ-Plattenteller zusammengebaute Hit von Depeche Mode weismachen möchte, ist nicht dabei.

Unglaublich, aber wahr: 20 Jahre sind vergangen. 2003 wurde noch im Nordsternpark in Gelsenkirchen die gemischte Tüte unterschiedlicher elektronischer Stilrichtungen zu einer Open-Air-Großfete verheiratet.

Mittlerweile fühlt sich die Elektro-Szene im Olga-Park gestärkt als könnte sie Bäume ausreißen. Mehr als 33.000 Fans lockt die Gartenparty mit Techno, House, Trance und all den anderen Musiksparten mittlerweile an. Zum Start war es gerade einmal die Hälfte.

Ruhr in Love 2023: Regenschauer? Die Raver tanzen einfach weiter

Vor den Toren des Olga-Parks wittern sie ein neues Geschäft: Leichte Regen-Ponchos zum Überziehen gehen schon am frühen Samstagmittag weg wie warme Semmel. Der Wetterfrosch hat sich nicht als Raver erwiesen und fiese Regenschauer angesagt.

Auf dem Gelände merkt man davon allerdings reichlich wenig. Wenn der Himmel die Schleusen öffnet, tanzen sie einfach weiter. Und ab und zu grillt die Sonne die Temperatur dann doch unverhofft wieder auf Strandwetter hoch. Wie es die Trip-Hop-Format Faithless ja schon immer wusste: „God is a DJ!“

Auch wenn die Briten nicht zum Line-up gehören. Nostalgie gibt es beim 20. Geburtstag von „Ruhr in Love“ reichlich. „Moguai? Auf jeden Fall“, gibt ein reiferer Raver über seinen Favorit zu Protokoll. Das Recklinghäuser DJ-Urgestein hat seine Fans behalt.

Gerade weibliche Djanes wie Lilly Palmer und Kaudia Gawlas haben aber viele männliche Kollegen längst überholt. Während bei Festivals wie „Rock am Ring“ regelmäßig ein viel zu männerdominierter Programmzettel moniert werden, ist die Elektro-Szene deutlich weiter. Nach Schätzungen des Veranstalters „I-Motion“ ist mindestens ein Drittel aller DJ-Sets bei „Ruhr in Love“ mit einer Frau besetzt.

Ruhr in Love 2023: Geballte Feierlaune bei Hardcore und Hardstyle

Auch wenn das Elektro-Genre in viele Intensitätsschichten unterteilt bleibt, werden deren Ränder immer populärer. Entweder sind geschmeidige Mainstream-Titel aus Dance und EDM angesagt. Oder vor allem Sounds, die für Laien nach dem Presslufthammer klingen.

Vor den Bühnen von Hardcore und Hardstyle gibt es zwischendurch kaum ein durchkommen. „Guter Rhythmus, starker Sound“, schallen Klangfetzen aus einer Mädelsgruppe herüber, die den Daumen noch oben reckt. Gerade aus den Niederlanden sind viele Fans nach Osterfeld gereist. Auf der Tanzfläche der „Hardcore Gladiators“ beschallen die „Masters of Noise“. Ja, kommt hin!

Raver tragen Baustellen-Absperrungen als Hüte. Andere lassen die Füße im Olga-Kanal baumeln. Erstmals zahlen die Besucher bei „Ruhr in Love“ bargeldlos mit einem Armbändchen. An Automaten werden dafür Geldscheine gezückt. Oder es wird per Internet überwiesen. Das Armband funktioniert wie eine Guthabenkarte. „Klappt ganz ordentlich“, heißt es am Automaten. Viel schneller macht das moderne Verfahren die Getränke-Besorgung an den Theken aber nicht. Zur Hauptzeit am Nachmittag bilden sich lange Warteschlangen.

Ruhr in Love 2023: Lange Schlangen an den Getränkeständen

Musik geht durch den Magen. Nicht nur, wenn man direkt vor der Bass-Box steht. Es duftet nach Döner, es dampfen die Pommes. Für Feierende, die sich für keine feste Tanzfläche entscheiden können oder zwischen den DJ-Bereichen wechseln, gibt es dagegen: Klangbrei. Alle Bereiche spielen gleichzeitig. Auf der Tanzfläche bereitet das keine Probleme. Aus der Entfernung klingt es: nun, interessant.

Viele Grünbereiche sind plötzlich Festivalfläche. Auf einem Spielplatz tanzen sie selbst im großen Sandkasten. An Wäscheleinen baumeln bunt mit Baumwolle umhäkelte CD-Scheiben. Aufblasbare Fliegenpilze schmücken den Turntable. Und selbst eine Hüpfburg wird zum Elektro-Vergnügen aufgepumpt. Der Olga-Park, heute ist er ein riesiger Vergnügungspark für Fans der Elektro-Musik!

Die Polizei kontrolliert zugleich auf und vor dem Olga-Gelände nach illegal mitgeführten Drogen. Besucherinnen und Besucher werden dabei mit synthetischen Substanzen und Cannabis erwischt. Bis zum Nachmittag sprechen die Beamten von vergleichbaren Kontrollerfolgen wie in den Vorjahren. Genaue Zahlen folgen erst nach Ende des zehnstündigen Festivals.