Oberhausen. Fans klassischer Videospiele warteten in Oberhausen in langen Schlangen. Zur Retrobörse sind manchmal selbst leere Kartons Hunderte Euro wert.

Mit lebensechter Computergrafik kann hier keiner punkten. Auch Neuerscheinungen in Folie sind allemal Beiwerk. Am Samstag pilgerten hunderte Fans von klassischen Videospielen ins Zentrum Altenberg nach Oberhausen. Hier begeistern minimalistische Pixel-Anzeigen, karger Bit-Sound - und die volle Ladung Nostalgie.

„Unter klassischen Videospielen versteht man bei uns Games, die Erwachsene in ihrer Jugend gespielt haben“, sagt Jens Klöpfel, der sich den Sammlermarkt vor 18 Jahren in Bochum ausgedacht hat. „Bei Jüngeren ist das die Playstation 2. Bei Älteren der Atari.“

Meist geht es in den 1980er Jahren los: Seltene Spiele und kaum noch zu bekommende Hardware sind manchmal wie ein guter Wein gereift - zumindest, was den Preis angeht. Kürzlich ging das teuerste Videospiel der Welt für schwindelerregende zwei Millionen Dollar an einen anonymen Käufer. Es war das bekannte „Super Mario Bros.“ für das Nintendo Entertainment System (NES) aus dem Jahr 1985.

Doch bevor nun jemand aufgeregt den Dachspeicher durchstöbert: Die Verpackung zum Spiel muss sich bei solch einer Rarität im ungeöffneten Originalzustand befinden, komplett mit Anleitung und Innenleben. Kratzer und Druckstellen sind tabu.

Klassische Videospiele: Teuerstes Spiel kostet zwei Millionen Dollar

Solche Millionen-Schätze werden im Zentrum Altenberg zwar nicht gesichtet. Das Interesse ist dennoch riesig. Die lange Warteschlange schlängelt sich kurz vor dem Start beachtlich über den Altenberger Hof. „Wer früh erscheint, hat die besten Chancen einen Schnapper zu machen“, weiß Jens Klöpfel.

Ganz findige Sammler haben sogar schon versucht, gegen einen Obolus früher in die Halle zu gelangen. Doch bei unmoralischen Angeboten bleibt der Börsen-Chef hart: „Alle bekommen dieselben Chancen. So etwas wird es bei uns nicht geben.“

Zuletzt waren Spiele und Konsolen vom „Super Nintendo“ (SNES) aus den 1990er Jahren besonders gefragt. Mittlerweile steigt das Interesse an der Nachfolge-Daddelkiste „Nintendo 64“. Klöpfel: „Das zeigt, dass sich bereits die nächste Generation ein Stück ihrer Jugend zurückkaufen möchte.“

Die Preise variieren stark, je nach Zustand, Seltenheit und Nachfrage: Einfache Gameboy-Titel wie Formel-1-Simulatoren oder Tennis mit Super Mario starten ohne Verpackung und Anleitung bei 4 Euro. Bei gebrauchten, aber noch kompletten Sets wie „Duck Tales 2“ sind es schon 170 Euro. Ein Videospiel zum Kinofilm „Kevin allein zu Haus“ fürs Sega Master System kostet plötzlich 750 Euro. Und so weiter...

Klassische Videospiele: Nostalgie neben Kraftwerk-Platten und Kiosk-Eiskarten

Keller-Schätze reihen sich im Altenberg an 100 Tischen aneinander. Dialoge wie: „Was kostet es? Ich überlege es mir!“ - „Ja, aber nicht zu lange warten. Es ist sehr selten!“ hört man häufiger. Manchmal locken auch artfremde Artikel. Kraftwerk-Schallplatten, Fan-Mützen oder alte Langnese-Eiskarten vom Kiosk: Hauptsache die Nostalgie spielt mit. Da Sammlermärkte selten sind, reisen die Käufer aus ganz Nordrhein-Westfalen an, teilweise sogar aus dem benachbarten Ausland.

Mittlerweile lassen Hardcore-Sammler ihre Schätze von Rating-Agenturen auf Zustand und Echtheit bewerten. Danach landen sie in Hartplastikboxen - und werden ungeöffnet zum Spekulationsobjekt. „Die Preise steigen zwar noch kontinuierlich. In diesem Millionen-Bereich wird die Preisblase aber vermutlich bald platzen“, warnt Jens Klöpfel.

Die Retrobörse in Oberhausen bleibt bodenständiger, obwohl auch hier der seltene Prototyp einer NES-Konsole für 2500 Euro steht. Und Kunden für einen leeren, aber raren Karton 600 Euro bieten. Einige sammeln als kuriose Wertanlage, die meisten aber aus Leidenschaft: „Es ist eine Zeitreise zurück ins Kinderzimmer. Hier geht es um Dinge, die man eigentlich nicht mehr kaufen kann.“

>>> Radiosender für Spielemusik - Retrobörse kehrt zurück

Neben den Händlern zeigten Anbieter auch, welche Einflüsse alte Spiele auf die Popkultur haben. So gibt es unter www.radio-paralax.de einen Radiosender, der sich nur mit charmant-knarzender Spiele-Musik aus dem Rechner beschäftigt. Zudem mischen DJs neue Musik aus alten Gameboy-Sounds.

Die Retrobörse für klassische Videospiele kehrt im Sommer 2024 zurück nach Oberhausen. Die Veranstalter um Jens Klöpfel (58) haben sich mittlerweile in einem Verein organisiert, um die arbeitsintensive Messe weiter stemmen zu können.