Oberhausen. . Der Anwalt der Oberhausener Sporthändler fordert von der Stadt ein neutrales Gegengutachten. Er wirft dem Unternehmen vor, mit Tricks zu arbeiten
Gegen die Pläne des französischen Sportartikelherstellers Decathlon, eine Filiale auf dem ehemaligen Stahlwerksgelände in der Neuen Mitte zu bauen, erhebt sich weiter Widerstand. Der Rat der Stadt stimmte kürzlich dem Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und der öffentlichen Auslegung der Pläne zu. Der Sprecher der Oberhausener Sporthändler, Wolfgang Wonsyld und Anwalt Dr. Bernhard Hilland, der Intersport Bechtel und Wonsyld vertritt, äußerten auch Kritik an der Oberhausener Politik und Stadtverwaltung. Wenn nötig, will Hilland eine Klage prüfen.
Für Anwalt Hilland ist klar: „Man will das Vorhaben unbedingt“. Nur so könne er sich erklären, warum weder Politik noch Stadtverwaltung ein weiteres Gutachten einfordern. Zum Hintergrund: Decathlon hatte seinerseits ein Gutachten bei der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) in Auftrag gegeben.
Ansiedlung in der Innenstadt
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Das erntete Kritik, unter anderem von der Industrie- und Handelskammer (IHK) und vor allem vom Handelsverband. In dem Gutachten seien „eigene, nicht der Üblichkeit entsprechende Berechnungsmethoden angewandt“ worden. Nur so sei es möglich geworden, „dass sich das Vorhaben quasi punktgenau in das vorhandene Planungsrecht einfügt“, schreibt der Handelsverband in seiner Stellungnahme an die Stadt, die er just im Juli nach dem Ratsbeschluss erneuerte.
Die Befürchtung: Die Berechnung schafft am Ende mehr Raum für ein Sortiment, das den bisher ansässigen Oberhausener Sporthändlern Konkurrenz macht. Denn Decathlon darf sich in der Neuen Mitte nur unter der Voraussetzung ansiedeln, dass es mehr nichtzentrenrelevantes Sortiment anbietet als zentrenrelevantes. So sieht es das Einzelhandelskonzept in Oberhausen vor. Hillands These: Decathlon will seine Marktmacht, die das Unternehmen bereits in anderen Ländern inne habe, ausdehnen und andere Sporthändler verdrängen.
Die Oberhausener Sporthändler würden sich der Konkurrenz stellen, erklärt Wonsyld. Aber es müssten gleiche Bedingungen für alle gelten, unterstreicht der Einzelhändler. Auch die IHK zu Essen schlug damals vor, Decathlon in den ehemaligen Kaufhof oder in das P&C-Gebäude in der Oberhausener Innenstadt anzusiedeln.
Dass genau das funktioniert, ist an anderen Standorten zu beobachten. In vielen Städten regt sich Widerstand gegen Decathlon-Ansiedlungen. In Essen ist der Sporthändler in der Rathaus-Galerie in der Innenstadt untergebracht, Chemnitz und Berlin folgten.
„Beratungsklau“ befürchtet
Das von Decathlon in Auftrag gegebene Gutachten hat Hilland dem Sachverständigen und Lehrbeauftragten aus Heilbronn, Carsten Mainz, zur Bewertung vorgelegt. Dieser zweifelt das Gutachten an. Unter anderem habe sich das angenommene Marktvolumen für den Standort Oberhausen seit dem ersten Gutachten von 2013 und dem nun vorliegenden zweiten verdreifacht – von 58,8 Millionen Euro auf nun 162,9 Millionen Euro. Das Einzugsgebiet habe sich in dem Gutachten außerdem von 472 000 Einwohnern auf 1,17 Millionen erhöht. Das Gutachten, so Mainz, sei sauber strukturiert, erinnere allerdings an ein Decathlon-Werbeprospekt.
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Aus diesem Grund fragt Hilland, warum die Oberhausener Politik kein eigenes, neutrales Gutachten einfordere. Die Stadtverwaltung ignoriere jegliche Bedenken. Für ihn sind das Zeichen dafür, dass man diese Ansiedlung unbedingt wolle.
Dass Oberhausen wirtschaftlich profitieren wird, sieht er kritisch. Seine Erfahrungen zeigten, dass Decathlon zwar kurzfristig für neue Arbeitsplätze sorgen würde, später die Stellen aber durch Teilzeitkräfte austauschen würde. Eine Nachhaltigkeit sei nicht gegeben. Er befürchtet einen „Beratungsklau“: Kunden lassen sich in den Fachgeschäften beraten, kauften dann aber bei Decathlon. Auch sieht er kritisch, dass Oberhausen von den Steuereinnahmen profitieren würde. Es gebe Gewinnabführungsverträge mit der Zentrale. Die könnten dazu führen, dass nicht viel Geld in der Stadt bliebe, so Hillands These. Gleichzeitig will er beobachten, dass sich das Unternehmen zum Beispiel durch Sponsoring für die örtlichen Sportvereine stark mache. Nach und nach ziehe es sich aber wieder raus.
>>> HINTERGRUND: ABSCHIED VON MARKENWAREN
Anwalt Hilland behält sich vor, gegen die Erteilung einer Baugenehmigung zu klagen.
Seiner Einschätzung nach verstößt der Bau gegen das Einzelhandelskonzept der Stadt.
Auch die Nachbarstädte, von denen viele einer Ansiedlung Decathlons am Brammenring kritisch gegenüber stehen, könnten Klage einreichen, so Hilland.
Decathlon plant in der Nähe von Hornbach auf rund 25 400 Quadratmetern Grundstück den Bau einer eingeschossigen Halle mit einer Verkaufsfläche von 4500 Quadratmetern.
Zum nichtzentrenrelevanten Sortiment gehören große Sportgeräte, Fahrräder, Campingartikel.
Zusätzlich darf Decathlon zentrenrelevante Waren wie Bekleidung verkaufen – begrenzt auf maximal 800 Quadratmetern.
In Ulm hat Decathlon in diesem Jahr einen Markt eröffnet, in dem zentren- und nichtzentrenrelevantes Sortiment räumlich getrennt werden muss.
Laut Wirtschaftswoche will Decathlon sich von Markenartikeln wie Adidas verabschieden und nur noch die günstigeren Eigenmarken anbieten.