Mülheim. Ihre Hunde hatten Menschen und Tiere gebissen, daraufhin untersagte das Veterinäramt der Mülheimerin, Hunde zu halten. Die Frau zog vor Gericht.
Weil ihre Hunde in mehrere Beißvorfälle verwickelt waren, verhängte das Veterinäramt gegen eine Mülheimerin eine sogenannte Hundehaltungs- und Führungsuntersagung. Damit war die Frau nicht einverstanden und zog vor Gericht. Jetzt entschied sogar das Oberverwaltungsgericht über den Fall. Die auffälligen Hunde leben inzwischen nicht mehr bei der Mülheimerin.
Vier stattliche, respekteinflößende Hunde hielt die Mülheimerin: eine Bordeaux-Dogge, einen Old English Bulldog sowie zwei Russische Terrier. Diese Hunde gelten im Sinne des NRW-Hundegesetzes allesamt als große Hunde, darauf weist das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Urteil hin. Wer solche Vierbeiner hält, die größer als 40 Zentimeter und schwerer als 20 Kilo sind, muss sie der zuständigen Ordnungsbehörde melden. Auch ein Sachkundenachweis ist für die Haltung großer Hunde verpflichtend. Doch die Rassen, die die Frau hielt, fallen nicht unter §3 des Landeshundegesetzes, der als gefährlich eingestufte Hunde wie Pitbull oder American Staffordshire Terrier bündelt.
Die in Mülheim auffällig gewordenen Hunde sind zwar keine Listenhunde, aber anspruchsvolle Rassen
Gleichwohl scheinen auch die auffällig gewordenen Hunde der Mülheimerin keinen leicht zu führenden Rassen zu entspringen. Laut der Einschätzung des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) sind Bordeaux-Doggen, die um die 50 Kilo schwer werden, zwar sensible Wesen, die aber als eigensinnige Molosser einer konsequenten Erziehung bedürften. Auch der Old English Bulldog gilt laut VDH als eigensinnig, ignoriere gerne Erziehungsversuche und verhalte sie sich gegenüber Artgenossen eher rüpelhaft. Dieser Vierbeiner benötige eine klare Führung, heißt es. Der Russische Terrier, der rund 70 Zentimeter groß wird und von der russischen Armee gezüchtet wurde, sei demnach ein eigenständig agierender Wachhund, der sofort abwehrbereit reagiere. Die Erziehung des großen Terriers erfordere Konsequenz und Know-how, da die angeborene Motivation des Schutzhundes sehr ausgeprägt sei.
Offenbar überfordert mit diesen anspruchsvollen Hunden war die Mülheimerin, denn es kam zu mehreren Beißvorfällen - laut Oberverwaltungsgericht Münster belegt für die Jahre 2017 und 2019. In mindestens acht Fällen verletzten die Tiere der Klägerin den Gerichtsunterlagen zufolge fremde Hunden - teils „mit mehr als 20 Bisswunden“. Und auch Hundehalter fielen sie an, als diese versuchten, ihre eigenen Vierbeiner vor den Angriffen der Bordeaux-Dogge und des Old English Bulldog zu retten.
Bordeaux-Dogge und Old English Bulldog einer Mülheimerin durchlaufen amtstierärztlichen Verhaltenstest
In der Folge war Hund L., die Bordeaux-Dogge, amtstierärztlich anhand eines Verhaltenstests begutachtet worden. Auch I., der Old English Bulldog, wurde nach einer Beißattacke einer Verhaltensprüfung unterzogen. Für beide ordnete das Mülheimer Veterinäramt zunächst einen vorläufigen Maulkorb- und Leinenzwang an. Nachdem auch die beiden Russischen Terrier in einen Angriff auf fremde Hunde verwickelt waren, galt für sie ebenfalls vorläufig Leinen- und Maulkorbzwang.
Nachdem es immer wieder zu Angriffen gekommen war, bei denen die Hunde ihre Zähne einsetzten, untersagte die Stadt der Mülheimerin schließlich gänzlich das Halten und Führen von Hunden im Sinne des Landeshundegesetzes und drohte ihr ein Zwangsgeld von 500 Euro je Zuwiderhandlung an. Zur Begründung gab die Behörde an, die Frau habe bei allen Vorfällen gegen ihre Halterpflichten verstoßen und sei daher als unzuverlässig einzustufen. Vor Gericht begründete die Stadt ihre Ordnungsmaßnahmen als angemessen, „da die Allgemeinheit ein gesteigertes Interesse daran habe, dass unzuverlässige Halter keine Hunde hielten oder führten“.
Hundehalterin: Auseinandersetzungen mit anderen Hunden seien normales tierisches Verhalten
Die Hundehalterin aber akzeptierte das Verbot des Haltens und Führens von Hunden nicht und klagte dagegen. Vor Gericht hatte die Mülheimerin angegeben, bei den Beißvorfällen habe es sich um Auseinandersetzungen zwischen Hunden gehandelt, deren Ablauf von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt worden sei. Daraus könne nicht auf Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften geschlossen werden. Bei einem Vorfall sei es zudem der Hund der Klägerin gewesen, der angegriffen worden sei. Dass Hunde in Auseinandersetzungen mit anderen Hunden gerieten, sei normales tierisches Verhalten. Vielmehr müsse das Fehlverhalten der anderen Hundehalter berücksichtigt werden, hatte die Frau vor Gericht vorgebracht.
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In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf ihre Klage abgewiesen. Nun hatte sich die Klägerin ans Oberverwaltungsgericht in Münster gewendet. Zwischenzeitlich war die Frau aus Mülheim weggezogen und hatte sich nach und nach von ihren Hunden getrennt. Sie soll die Tiere verkauft haben, da sie die Situation insgesamt als sehr belastend empfunden habe, heißt es im Gerichtsurteil.
Hundehaltung untersagt: Klägerin aus Mülheim scheitert vor Oberverwaltungsgericht
Allein die Abgabe der Hunde oder ein Umzug könne aber nicht dazu führen, dass die Klägerin sich den ordnungsrechtlichen Maßnahmen entziehen und trotz bestehender Unzuverlässigkeit künftig neue Hunde halten könne, urteilte das Oberverwaltungsgericht nun. Die Ordnungsverfügung wirke auch an ihrem neuen Wohnort. Dass ihr verboten worden sei, Hunde zu halten und zu führen, sei überdies verhältnismäßig, ordneten die obersten Verwaltungsrichter ein, denn mildere, gleich geeignete Mittel der Gefahrenabwehr gebe es nicht. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies die Berufung zurück und schloss eine Revision aus. Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Die Stadt Mülheim begrüßt das Urteil des Oberverwaltungsgericht ausdrücklich, denn „es gibt der zuständigen Ordnungsbehörde die Sicherheit, solche Haltungsuntersagungen auch zukünftig rechtmäßig aussprechen zu können“. Zudem stehe durch die Entscheidung der Richter nunmehr auch fest, dass eine einmal ausgesprochene Untersagungsverfügung auch dann wirksam bleibt, wenn ein Tierhalter in eine andere Gemeinde und damit in einen anderen Zuständigkeitsbereich umziehe.
Dass Tierbesitzer, die durch nicht artgerechte Tierhaltung aufgefallen waren, vom Radar der Behörden verschwinden, sobald sie umziehen, hatte in einem anderen Mülheimer Fall von mutmaßlicher Tierquälerei bereits die Tierrechtsorganisation Peta bemängelt. Der Mann, der seine Hunde misshandelt haben soll, war zunächst von Mülheim in den Kreis Wesel verzogen, dann verlor sich zunächst seine Spur, sodass kein Veterinäramt mehr kontrollieren konnte, wie er mit seinen Hunden umging.
Dass Menschen, die wegen der Art und Weise ihrer Tierhaltung mit Behörden in Konflikt geraten waren, mehrfach umziehen, sei ein bekanntes Vorgehen zum Verschleiern, schilderte eine Peta-Referentin: „Viele ziehen dann von einem Landkreis in den nächsten.“ Denn bis die ursprünglichen Fälle aus dem einen Ort bei der neuen Behörde ankommen, könnten Jahre vergehen, in denen sie unbehelligt blieben.
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