Mülheim. Palmen und Stauden wollte Mülheims Verschönerungsverein auf der Schleuseninsel pflanzen. Doch sein Entwurf wurde nicht beachtet. Warum?
Wird die Schleuseninsel noch einmal zu dem beliebten Ausflugsziel, das sie noch vor wenigen Jahren war? Weiterhin hüllt sich der Eigentümer des Wasserbahnhofs über die Gastronomie-Nachfolge in Schweigen, und auch die attraktive Bepflanzung steht auf wackeligen Beinen, seit sich Politik und Stadt entschlossen haben, diese über Spenden finanzieren zu wollen. In die undurchsichtige Gemengelage grätscht nun diese Behauptung: Die Beete hätten längst stehen können, und das bereits im vergangenen Sommer. Ist es politisch verhindert worden?
Mit Kopfschütteln schaut Klaus Ruppin, Architekt, zweiter Vorsitzender und Initiator des Mülheimer Verschönerungsvereins, auf das derzeit triste Erscheinungsbild: „Es ist die gute Stube mitten im Zentrum unserer Stadt, dazu der Fluss ... Ich und viele andere sind mit den Ruhranlagen groß geworden. Die Schleuseninsel war damals ein Ort zum Spielen, ein verschwiegener Ort für Liebespaare. Es kann doch nicht sein, dass man die aktuelle Situation so zulässt.“ Denn aus Ruppins Sicht könnten hier längst insektenfreundliche Stauden und winterharte Palmen die Beete säumen. „Wir hätten es schon im vergangenen Sommer umsetzen können“, behauptet der Architekt.
Verschönerungsverein hätte Kosten für Bepflanzung vorgestreckt
Auch die Finanzierung wäre erst einmal zweitrangig gewesen, denn das Vereinsmitglied Fritz Suthoff, der einen Entwurf für die Schleuseninsel fertigte, ist auch Landschaftsbauer. Er hätte die Pflanzen besorgen können, bestätigt Suthoff, und wäre dafür in Vorkasse gegangen. Danach hätte man mehr Zeit gehabt, um Spenden für die Bepflanzung zu sammeln, sagt Ruppin. Möglicherweise wäre das leichter gewesen, wenn schon etwas zu sehen gewesen wäre.
„Zumindest die beiden Halbrunde an der Blumenuhr und dem Wasserbahnhof hätten wir innerhalb von drei Monaten bepflanzen können“, zeigt Ruppin Entwürfe, die der Verschönerungsverein bei der Stadt eingereicht habe.
Bad Mülheim: Palmen sollten an Pyrmont erinnern
Warum es nicht dazu kam? Darauf gibt es unterschiedliche Antworten. Ein kurzer Blick zurück: Ende März - als die Politik nach Lösungen für die Bepflanzung der Schleuseninsel suchte - hatte sich der Mülheimer Verschönerungsverein gegründet und damit gleich seine erste Aufgabe gefunden. Bereits bei der Gründung hatte der Landschaftsbauer Suthoff einen Entwurf präsentiert, der mehrjährige Stauden und Palmen vorsah. „Die Palmen sollten an den Kurpark von Bad Pyrmont erinnern - das Gefühl von ‚Bad Mülheim‘ hervorrufen“, erläutert Architekt Ruppin die Idee.
Zumal es Palmen auch schon früher am Wasserbahnhof gegeben hatte, wie Fotos belegen. Der Architekt ist davon überzeugt, dass eine schöne Bepflanzung auch die richtigen Anreize zur Ansiedlung einer neuen Gastronomie setzen würde. Der Verein wandte sich deshalb sowohl an den Wasserbahnhof-Eigentümer Conle als auch die Stadtverwaltung, bestätigt der erste Vorsitzende Filip Fischer. Bei der Stadt sei der Entwurf freundlich aufgenommen worden.
Spielten parteitaktische Überlegungen eine Rolle?
Doch zu den späteren politischen Entscheidungen war davon keine Rede mehr. Zwar hatte der Mülheimer Verkehrsverein durch das Engagement des CDU-BV-Fraktionssprechers Hansgeorg Schiemer bereits 10.000 Euro bereitgestellt. Statt aber den Entwurf des Verschönerungsvereins zu besprechen, beauftragte die Politik - initiiert von Schwarz-Grün - die Verwaltung im Mai damit, ein ganz neues Konzept bis August zu erstellen. Damit aber war die Chance auf Beete im Sommer vom Tisch. Gleichzeitig beschloss die BV1, ebenfalls auf Antrag der Koalition, 15.000 Euro für eine „nachhaltige Staudenbepflanzung“ bereitzustellen. Somit kippte auch eine mögliche Umsetzung des „Palmen-Konzeptes“.
Nach den Sommerferien ließ die Verwaltung der Bezirksvertretung 1 die Wahl zwischen einer konventionellen Bepflanzung und einer nachhaltigen mit einheimischen Stauden. Palmen - wie im Entwurf des Vereins - hatten weder in der einen noch der anderen Variante Widerhall gefunden.
Spielte womöglich parteipolitisches Kalkül dabei eine Rolle? Denn sowohl Fischer als auch Ruppin sind Mitglieder der SPD, der Vorsitz des Mülheimer Verkehrsvereins, der 10.000 Euro für die Schleuseninselbepflanzung bereitstellen wollte, besteht in Teilen aus Mitgliedern der CDU. Beide Genossen sind zumindest irritiert, dass die Verwaltung und Politik sie für die Planung nicht mit an den Tisch geholt hatte. „Ich empfinde die Situation so, als hätte man uns vor den Kopf gestoßen, linkisch“, kommentiert Ruppin. Denn zur Sitzung im Mai hatte er noch versucht, mit der Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken (Grüne) ins Gespräch zu kommen. „Damals habe ich im Ausschuss kein Rederecht bekommen. Danach habe ich leider nie mehr etwas von ihr gehört.“
CDU-Sprecher verwundert: Warum ging Verschönerungsverein nicht auf die Politik zu?
Der CDU-Fraktionssprecher in der BV1 und Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins Hansgeorg Schiemer wundert sich über den Vorwurf: „Im Vorstand sind zehn Mitglieder, die über die Vergabe von Mitteln entscheiden. Darunter nicht nur CDU-Mitglieder.“ Parteigeklüngel oder gar eine Steuerung der Mittelvergabe für CDU-nahe Anträge weist er mit Nachdruck von sich. Der Entwurf sei auch „zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Weise in die Politik kommuniziert worden“, sagt Schiemer. Er habe daraus nur aus der Presse erfahren.
Seitens der Verwaltung habe es geheißen, das Konzept sei nicht realisierbar und nicht finanzierbar. Dass der Verschönerungsverein in Vorleistung gehen würde, sei damals nicht gefallen. Allerdings wundert sich Schiemer auch, dass der Verschönerungsverein seinen Entwurf nicht direkt mit der Politik besprochen habe oder notfalls als „Bürgerantrag“ in die Bezirksvertretung einreichte: „Der Vorstand Filip Fischer ist doch politisch routiniert genug zu wissen, wie man das macht“, spielt Schiemer auf die verschiedenen Funktionen Fischers bei der SPD und beim DGB an.
Bezirksbürgermeisterin wirbt um Zusammenarbeit: „Wir wollen doch das Gleiche“
Fischer hingegen betont, der Verschönerungsverein sei bewusst nicht über seine Kontakte zur SPD gegangen, weil man daraus keinen Parteiklüngel habe machen wollen. Den Vorwurf der Parteitaktik weist ebenso Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken ausdrücklich von sich: „Für ein neues Konzept hat im Mai auch die SPD abgestimmt“, argumentiert sie. Und ebenso habe die SPD im August für die Variante der nachhaltigen, einheimischen Staudenbepflanzung die Hand gehoben.
Doch für die beauftragte Konzeption hat die Stadt etwa mit dem Naturgarten Verein in Mülheim gesprochen, bestätigt Stalleicken. Dass sich dessen Ansätze nicht mit Palmen vereinbaren ließen, leuchte ihr ein, „das ist aber eine Frage des Gestaltungsschwerpunkts“. Dass der Verschönerungsverein auch die Kosten für seinen Entwurf habe tragen wollen, sei ihr von Verwaltungsseite jedoch nicht vermittelt worden. „Am Ende wollen wir aber doch alle das Gleiche“, will Stalleicken den Verschönerungsverein miteinbeziehen - „wenn er sich von seinem Konzept lösen könnte, wäre das fantastisch“.
Planungsdezernent: Es gab Signale, dass das Konzept politisch nicht gewünscht war
Bleibt die Frage, warum die Verwaltung den Verschönerungsverein nicht weiter eingebunden hatte oder seinen Entwurf zumindest politisch abstimmen ließ. OB und Verwaltungschef Marc Buchholz vermutet, Palmen könnten gegen die Satzung für die Insel verstoßen. Auch sei es für die Verwaltung nicht möglich, einen Umsetzungsauftrag zu vergeben, ohne dass die Finanzierung geregelt sei. Planungsdezernent Felix Blasch macht dagegen auch deutlich: Gespräche im Vorfeld der Abstimmung im Mai hätten signalisiert, das Konzept von privater Seite sei „politisch nicht gewünscht“ gewesen. Wer genau, kann Blasch nur vage sagen - unter anderen die Bezirksbürgermeisterin. Man habe eine nachhaltige Bepflanzung gewollt, begründet Blasch, „warum soll die Verwaltung dann in ein Gremium ein Konzept einreichen, von dem klar ist, das die Politik es nicht will?“