Mülheim. Viele Kinder erleiden Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt. Der Träger von zwölf Mülheimer Kindergärten reagiert jetzt.
Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes hat die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht: 2022 haben die Jugendämter bei fast 62.300 Kindern und Jugendlichen eine Gefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Das seien rund 2300 Fälle oder vier Prozent mehr als im Jahr zuvor, heißt es. Knapp 80 Prozent der Betroffenen waren jünger als 14 Jahre alt, knapp 50 Prozent sogar jünger als acht Jahre. Der Kita-Zweckverband, der in Mülheim ein Dutzend Einrichtungen betreibt, reagiert auf die erschreckenden Zahlen mit speziellen Schulungen für Mitarbeiter.
„Alle Kinder müssen die Chance haben, als starke Persönlichkeit aufzuwachsen, ihre Rechte zu kennen und die Achtung dieser zu erfahren“, sagt Eva Ortmann, verantwortliche Kinderschutzfachkraft des zentralen Kita-Trägers im Bistum Essen. „Für ihren Schutz ist es bedeutsam, dass alle Akteure aktiv werden, dass sie Vorgaben schaffen und sich gemeinsam dafür einsetzen, das Kindeswohl in Kitas und gesamtgesellschaftlich an erster Stelle steht.“
Alle Mitarbeiter aus Mülheim und anderen Teilen des Bistums durchlaufen „PräOn“
Der Kurs „PräOn“ für die Mitarbeitenden besteht aus fünf Modulen, die über fünf Jahre aufeinander aufbauen. Die Katholische Erwachsenen- und Familienbildung im Bistum bietet ihn als Online-Selbstlern-Kurs an. Unter anderem geht es um entwicklungspsychologische Grundlagen und um relevante Rechtsnormen. Langfristig sollen alle rund 3000 Mitarbeitenden aus Kitas und Geschäftsstelle die Schulung durchlaufen.
Auch an anderer Stelle habe man sich mit dem Thema beschäftigt, hieß es jetzt in einer Mitteilung: Im Rahmen der Prävention von sexuellem Missbrauch habe man 2022 das „Institutionelle Schutzkonzept“ überarbeitet - es soll dafür sorgen, dass Kinder, Jugendliche und schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene sich stets „geschützt und wertgeschätzt“ fühlen. Mit dem „Sexualpädagogischen Rahmenkonzept“ habe man eine einheitliche Grundlage geschaffen, um Sexualität in Kitas zu thematisieren. Und über 60 Fachkräfte seien zu Kinderschutz-Experten ausgebildet worden, um Kollegen zu beraten, bei Bedarf eine Risikoeinschätzung vorzunehmen und Verfahren einzuleiten.
„Selbstbewusste Kinder sind vor Gefährdungen am besten geschützt“
„Selbstbewusste, gestärkte Kinder sind vor Gefährdungen jeglicher Art am besten geschützt. Deshalb ist es für uns alle selbstverständlich, dass jedes Kind in seiner Individualität gefördert und gefordert wird“, betont Eva Ortmann. Kinderrechte zu vermitteln, zu leben und zu achten, sei essenziell. „Sie müssen altersgerecht beteiligt werden, ihre Meinung äußern können.“ Man müsse auch gemeinsam Regeln erarbeiten für den Umgang mit Konflikten sowie regelmäßig Kinderkonferenzen abhalten.
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