Mülheim. Die Zahl der Tagesbrüche in Mülheim ist 2023 deutlich angestiegen. Warum die Obere Bergbaubehörde in Arnsberg mit Informationen vorsichtig ist.
Am Riemelsbeck klafft aktuell urplötzlich ein Loch, an der Boverstraße, Udostraße… – die Zahl solcher Tagesbrüche in Mülheim machte in diesem Jahr einen deutlichen Hüpfer: Bis jetzt sind sieben bei der Bezirksregierung Arnsberg geprüft worden – mehr als doppelt so viele, wie noch in den vergangenen zwei Jahren. Es gibt weitere Fälle wie etwa der an der Udostraße, in denen noch offen ist, ob sie mit dem Mülheimer Bergbau zu tun haben.
Tagesbrüche kommen in der Ruhrstadt aber immer wieder vor – das zeigt die Statistik der Bezirksregierung über die vergangenen vierzig Jahre. Durchschnittlich fünf Mal im Jahr sackt irgendwo in der Stadt der Boden ab, mit Ausreißern nach oben aber sehr selten im zweistelligen Bereich. 172 Ereignisse hat Arnsberg in diesem Zeitraum gezählt und bewertet, ob diese in einem Zusammenhang mit dem Bergbau stehen.
Spektakuläre Tagesbrüche hielten Mülheim in Atem
„Tagesbrüche entstehen überwiegend in den Bereichen, in denen in geringer Tiefe unverfüllte bergbaubedingte Hohlräume vorhanden sind. Sie treten häufig plötzlich und unerwartet auf und sind auf eine unzureichende Standfestigkeit der die Hohlräume überdeckenden Gesteinsschichten zurückzuführen“, so definiert es die Bezirksregierung Arnsberg.
Spektakuläre Fälle von Tagesbrüchen hatten in der nicht allzu fernen Vergangenheit die Schlagzeilen gemacht: In Essen sorgte 2013 ein „Problemstollen“ am Westkopf des Hauptbahnhofs für massive Bahnausfälle auch in Mülheim. 2011 musste die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (heute Ruhrbahn) an der U-Bahn-Haltestelle Mühlenfeld aufwendig einen Hohlraum verfüllen. Denn hier führte einst das Flöz „Kinderberg“ entlang. Man vermutete damals einen illegalen und daher unverzeichneten Stollen. 2019 führte ein Tagesbruch dazu, dass eine Spur an der Aktienstraße gesperrt werden musste. Ursache war hier aber nicht der Bergbau.
So ist der Stand an Boverstraße und Udostraße
Und nicht immer sind diese Brüche groß: An der Boverstraße, in deren Umfeld es einst Bergbau gegeben habe, kümmert sich just die Bezirksregierung Arnsberg um die Ursachenforschung. Auch an der Udostraße hatte kürzlich die Stadt keine konkreten Ursachen für den Tagesbruch ermitteln können und den Fall nach Arnsberg weitergegeben. Die Nachforschung kann dabei einige Wochen in Anspruch nehmen, heißt es.
An welchen Stellen in der Stadt genau der Boden und der Asphalt in den vergangenen 40 Jahren nachgegeben und zunächst einen Krater hinterlassen hatte, will man allerdings nicht so gerne preisgeben. Das hat je nach Ort unter anderem privatrechtliche Gründe, gibt Peter Hogrebe von der Abteilung Bergbau und Energie in NRW der Bezirksregierung Arnsberg an.
Landeskarte informiert über Gefährdungspotenziale
Aber es gibt eben auch Bedenken, dass die Informationen weitere Unsicherheiten schüren könnten. Denn schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass im näheren Umfeld von bereits eingetretenen bergbaubedingten Tagesbrüchen nicht auch weitere hinzukommen können. Deshalb sei es für Betroffene ratsam, die Arnsberger Abteilung zu kontaktieren, bevor man etwas in der Nähe eines Tagesbruchs baut.
An der Tilsiter Straße in Holthausen stießen Gutachter 2016 in 40 bis 45 Metern unter der Erde auf „Relikte des Bergbaus“ und ließen gefährliche Hohlräume verfüllen, bevor dort gebaut werden konnte. Eine digitale Landeskarte „Gefährdungspotenziale des Untergrundes“ (abrufbar unter www.gdu.nrw.de/GDU_Buerger) zeigt bergbaubedingte Tagesbrüche und weitere Gefährdungen auch auf Mülheimer Gebiet an.
Statistik zeigt die Fälle in Mülheim
Um jedoch einen Teil der Sorge zu nehmen: In den allerwenigsten Fällen – so zeigt es die Statistik von vier Jahrzehnten – hat der Mülheimer Bergbau einen Tagesbruch verursacht, genaugenommen gibt es 15 belegte Fälle, zuletzt einer im Jahr 2016. Dagegen seien Tagesbrüche 114 Mal eindeutig nicht im Bergbau begründet gewesen, 43 Mal konnte man nicht nachvollziehen, wie dieser zustande kam.
Ohnehin spielte der Bergbau zwar eine Rolle in der Stadt, aber im Verhältnis eben kleine: Von 2569 Schächten in der Zuständigkeit des Landes NRW sind gerade einmal 65 in Mülheim gezählt worden. Zum Vergleich: in Essen waren es 634, im Ennepe-Ruhr-Kreis 974. Und doch: Die aktuellen Tagesbrüche in der Stadt werden ganz sicher nicht die letzten gewesen sein.
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