Mülheim. Dicke Luft auf dem Mülheimer Wochenmarkt auf der Schloßstraße: Händler sind verärgert über die Marktgilde, die wiederum schimpft über die Stadt.
Der Wochenmarkt auf der Schloßstraße scheint auf keinen grünen Zweig zu kommen. War im Sommer erst ein Fischstand hinzugekommen, hat dieser schon wieder die Segel gestrichen. Auch der Betreiber des Geflügelstandes musste aufgeben, einen Nachfolger gibt es bislang nicht. Verbliebene Händler klagen über versteckte Gebührenerhöhung durch die Marktgilde, die den Markt betreibt. Die Stadt hatte bereits ausgeschlossen, die Organisation des Marktes wieder selbst zu übernehmen. Bei den aktuellen Händlern überwiegt die Unzufriedenheit, mancher wolle aufhören, heißt es.
Höchstens acht Marktstände stehen auf der Schloßstraße, an manchen Markttagen spuckt die Website für den Mülheimer Wochenmarkt nur sechs Beschicker aus – etwa für Samstag, 30. September. Neue Beschicker zu finden, sei mehr als schwierig – nicht nur, weil generell kaum noch jemand sein Geld mit einem Stand auf einem Wochenmarkt verdienen wolle, sagt Martin Rosmiarek von der Deutschen Marktgilde, sondern vor allem wegen der beengten Verhältnisse auf der Schloßstraße: „Händler mit größeren Ständen würden gerne kommen, aber die können wir in der Mülheimer Innenstadt nicht stellen wegen der sperrigen Baumschalen.“ Gemeint sind die üppig dimensionierten, dunkelgrauen Pflanzkübel, die in Mülheims Fußgängerzone stehen – oder viel mehr verankert sind.
Streitpunkt Pflanzkübel: Sie behindern weitere Marktstände in Mülheims City
Sie sollten für mehr Grün in der Innenstadt sorgen. Beim Marktbetreiber aber sorgen sie für Ärger, denn sie stehen schlicht im Weg und lassen sich wegen ihrer Opulenz auch nicht einfach verschieben. „Es bleiben zwischen den Schalen Parzellen von sechs Metern Breite – aber die meisten Wagen sind minimal sechs Meter breit und dann braucht man auch noch Platz zum Rangieren. Wir hatten diverse Absagen deswegen“, berichtet der Vertreter der Martkgilde. Denn die Verkaufswagen und -anhänger würden vielmehr immer größer, auch, weil die Händler ein größeres Angebot parat halten müssten, um für Kunden attraktiv zu sein, erklärt Martin Rosmiarek.
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Seine Einschätzung der Mülheimer Innenstadt: „Die Frequenz ist da, aber es fehlt an Stellmöglichkeiten.“ Mehrfach, so schildert es Rosmiarek, sei die Marktgilde auf die Stadt zugegangen, habe angeboten, beim Abmontieren der Baumschalen zu helfen – vor allem durch finanzielle Unterstützung, doch: „Die Kommunikation mit der Stadt geht gegen Null, da hat sich nichts getan.“
Noch kein Nachfolger für den Geflügelhändler auf Mülheimer Wochenmarkt
Jüngst sei man wieder an den Pflanzkübeln gescheitert, als es darum ging, einen Nachfolger für den Geflügelhändler, der gesundheitsbedingt ausgeschieden sei, auf der Schloßstraße zu etablieren, berichtet der Verantwortliche der Marktgilde: „Wir hatten einen Anbieter mit einem Wagen gefunden, von dem wir dachten, dass es passen würde.“ Der Platz war letztlich zu knapp, der Geflügelhändler klappt seinen Stand nun auf einem anderen, großzügigeren Markt auf.
Händlern mit größeren Wagen Flächen statt in der direkten Fußgängerzone auf dem Synagogenplatz anzubieten, zahle sich nicht aus, ist Rosmiarek überzeugt: „Da will keiner hin, weil da nicht genug Frequenz ist. Diese Fläche wird nicht angenommen.“ An sich an einem guten Standort, nämlich direkt auf der Schloßstraße, war im Sommer samstags der neue „Fischhandel Zeeland“ gestartet – doch auch er hat bereits wieder die Segel gestrichen oder vielmehr den Mülheimer Markt von seiner Liste. „Einige halten nicht lang genug durch, um Stammkundschaft aufzubauen“, sagt der Niederlassungsleiter der Marktgilde dazu. Gehalten habe sich indes der Süßwarenhändler, der seit dem Frühjahr auf der Schloßstraße steht. „Für dessen Angebot ist das richtige Publikum auf der Schloßstraße unterwegs“, meint Martin Rosmiarek.
Marktgilde kürzt Rabatt für besonders große Stände auf Mülheimer Wochenmarkt
Einer, der sich hält, und zwar seit Jahrzehnten: Der Obst- und Gemüsestand der Familie Henninghaus. Doch Gemüsehändler Martin Henninghaus, der den Handel bereits in der dritten Generation betreibt, klagt über die Bedingungen. Nach einer ersten Gebührenerhöhung im Frühjahr, die für manchen Händler rund 120 Euro pro Tag ausmachte, habe die Marktgilde den Händlern nun im September eine weitere Preiserhöhung „untergejubelt“, sagt er.
Es geht um den Maxi-Rabatt, also um die Reduzierung der Gebühren bei flächenmäßig großen Ständen. Henninghaus rechnet vor, dass für sein rund 80 Quadratmeter großes Verkaufsareal der Rabatt von 40 Prozent auf 20 gesenkt worden sei. Martin Rosmiarek von der Marktgilde bestätigt: „In der Vergangenheit betrug der Maxi-Rabatt bei Ganzjahresverträgen 40 Prozent. Jetzt wird für jede über dem 24. Quadratmeter gebuchte Quadratmeter-Fläche ein Rabatt von 20 Prozent gewährt. In der Vergangenheit wurde der Maxi-Rabatt erst ab dem 26. Quadratmeter gewährt.“ Diese Änderung, die laut Marktgilde nur wenige Beschicker betreffe, sei notwendig geworden, um die generelle Standgebührerhöhung gering zu halten.
Henninghaus hält das für eine versteckte Kostenerhöhung und sieht sich in den Zwängen des Betreibers. „Mit der Stadt sind wir damals besser zurechtgekommen. Klar müssen wir unsere Gebühren bezahlen, aber jetzt sind die exorbitant gestiegen“, erinnert der Händler an frühere Zeiten, als die Stadt den Markt in Eigenregie betrieben hat. Diese Option aber scheint in weite Ferne gerückt, nachdem die Verwaltung eine Beschickung des Marktes durch die Stadt selbst geprüft, aber als „wirtschaftlich nicht darstellbar“ ausgeschlossen hat. „Alternativ zur Deutschen Marktgilde könnten sich die Wochenmarkthändler zusammenschließen und ebenfalls einen gewerberechtlichen Antrag auf Durchführung des Marktes stellen“, heißt es auf Anfrage bei der Stadt.
Dass die Händler den Markt selbst betreiben, scheint ausgeschlossen
Das wissen auch die Händler, aber: „Zwar wollen alle mitmachen, aber keiner will die Verantwortung übernehmen“, hat Henninghaus aus dem Kreis der Markthändler erfahren. So seien sie an die Marktgilde gebunden. Und: Weil sie keinen Verbund hätten und damit auch keinen Rechtsausschuss, müsste jeder einzeln gegen die Gilde vorgehen und klagen – „aber das bei deren großer Rechtsabteilung“, schüttelt der Gemüsehändler den Kopf.
Die Stimmung sei derart im Keller, dass mancher Händler überlege, gar nicht mehr nach Mülheim zu kommen. Das würde den Markt auf der Schloßstraße weiter schwächen, was dem Citymanagement, das bemüht ist um mehr Strahlkraft für die Innenstadt, nicht gefallen dürfte. Dass es Unzufriedenheit mit der Marktgilde gibt, wisse man bei der Stadt, heißt es auf Nachfrage: „Das Citymanagement steht in Kontakt mit den Händlern und kennt dementsprechend die Beschwerdelage.“ Ob daraus Taten folgen, bleibt offen.
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