Mülheim. Die Entscheidung naht, welcher Entwickler für Mülheims Vallourec-Fläche den Zuschlag bekommt. Beide Investoren stellten sich nun unseren Fragen.

Der Countdown läuft im Bieterverfahren für Mülheims Vallourec-Fläche. Informierte Kreise gehen davon aus, dass der abwanderungswillige Rohrproduzent womöglich noch in dieser Woche entscheiden wird, welcher Investor den Zuschlag bekommen soll für die künftige Entwicklung des 33,5 Hektar großen Industrieareals.

Die Kaufangebote sollen Vallourec mit Frist zum Donnerstag der Vorwoche erreicht haben. Im Stadtrat berichtete Planungs- und Wirtschaftsdezernent Felix Blasch, wie die Stadt Mülheim im Prozess ihre eigenen Ziele zur Nachnutzung der großen Wirtschaftsfläche abzusichern gedenkt. Im Frühjahr hatte die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht, um den Investor Logicor zu verhindern, der spezialisiert ist auf Logistik-Standorte und unter Einfluss eines chinesischen Staatsfonds steht.

Vallourec-Areal: Stadt Mülheim will Investor vertraglich an Stadtwicklungsziele binden

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Blasch sagte im Stadtrat, die Stadtverwaltung habe bereits einen Vertragsentwurf an Vallourec adressiert, in dem grundsätzliche stadtentwicklungspolitische Ziele zum Grundstück hinterlegt seien. Diesen Vertrag gelte es mit jenem Bieter zu verhandeln, der den Zuschlag erhalte. Als weiteres Mittel, die städtischen Ziele für das Areal durchzusetzen, diene das bereits in Gang gesetzte Bauleitplanverfahren. Es solle, hierauf aufgesetzt, weitergehende vertragliche Vereinbarungen mit dem späteren Entwickler geben, in der Details festzulegen wären, so der Dezernent.

Auf Anfrage haben zwischenzeitlich beide Kaufinteressenten für die Vallourec-Fläche Fragen dieser Redaktion beantwortet, was wir folgend dokumentieren.

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Ein historischer, für die Belegschaft im Mülheimer Werk auch wehmütiger Moment: Am 24. August wurde das letzte Rohr fertiggestellt. Die Produktion wird nach Brasilien verlagert.
Ein historischer, für die Belegschaft im Mülheimer Werk auch wehmütiger Moment: Am 24. August wurde das letzte Rohr fertiggestellt. Die Produktion wird nach Brasilien verlagert. © Vallourec

Wann haben Sie zum ersten Mal Interesse an dem Areal gegenüber Vallourec bekundet?

CTP: Das Areal ist uns schon länger bekannt. Da wir in Deutschland ein ambitioniertes Wachstumsziel haben, sind Flächen dieser Größe für uns sehr interessant, deshalb haben wir uns direkt mit dem Markteintritt in Deutschland mit der Fläche befasst.

VGP: Wir haben unser erstes Angebot für den Vallourec-Standort am 20. Juli 2022 abgegeben.

Wie weit sind die Verhandlungen mit Vallourec?

CTP: Kein Kommentar.

VGP: Wir wurden dazu aufgefordert, ein erneutes Kaufpreisangebot abzugeben. Dieses haben wir am 21. September bei Vallourec eingereicht und warten auf eine Rückmeldung.

Bitte begründen Sie Ihr Interesse für das Areal. Hebt es sich im positiven Sinn besonders von anderen Entwicklungsflächen in der Region, in Deutschland ab?

CTP: Die Fläche weist eine attraktive Lage in einem dicht besiedelten Ballungsraum auf, das bedeutet einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt sowie geografische Nähe zu relevanten Kundenmärkten und starke Infrastruktur. CTP ist in NRW bereits gut vertreten, der Großteil unseres deutschen Portfolios ist hier verortet. Auf Grundlage dieser Erfahrung sehen wir hier gute Chancen, einen positiven Beitrag zur Stadtentwicklung leisten zu können.

VGP: Der Standort Mülheim und die Mikrolage der Fläche ist für viele Unternehmen sehr interessant. Grundsätzlich gibt es einen Mangel an zur Verfügung stehenden Industrie- und Gewerbeentwicklungsflächen in NRW.

Die Stadt Mülheim hat ein Bauleitplanverfahren für die Wirtschaftsfläche gestartet. Im Entwurf wird großflächige Logistik ausgeschlossen, gleichzeitig betont, dass über eine kleinteiligere Erschließung kleinteiliges Gewerbe im Westen und auch wieder Industrie angesiedelt werden soll. Gehen Sie da zu 100 Prozent mit? Wie bewerten Sie die Aussichten, neue Industrieplätze an den Standort zu holen?

CTP: Ja, wir glauben an eine Diversifikation von Nutzungsarten und Flächengrößen, um eine robuste Wirtschaftsstruktur für die Stadt zu errichten. Aus Investorensicht ist dies ebenfalls sinnvoll. Außerdem können wir so ein attraktives und belebtes Gewerbegebiet mit hohem städtebaulichen Anspruch realisieren.

VGP: Dies entspricht absolut auch unserem Planungskonzept. Aufgrund unserer Erfahrung mit über 100 Gewerbeparks in Europa und 40 Gewerbeparks in Deutschland verfügen wir über eine umfangreiche Kundenbasis an Unternehmen aus der Industrie und dem Gewerbe. Grundsätzlich sehen wir eine sehr große Nachfrage für den Standort Mülheim.

Politiker haben nach der Präsentation Ihrer Pläne im August geäußert, dass Sie Nebenabreden zum Kaufvertrag für möglich halten bzw. anstreben, die der Stadt zusichern, bei der Ansiedlung von Firmen ein Mitsprache- bzw. gar ein Vetorecht zu haben? Wie weit geht da Ihre Zusage? Was könnten Sie sich als vertragliche Regelung vorstellen?

CTP: Wir haben unsere Position gegenüber der Stadt klar kommuniziert und ein aus unserer Sicht gutes und faires Angebot unterbreitet. Unser oberstes Ziel ist es, eine offene und langfristige Kooperation mit der Stadt aufzubauen und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Details müssen wir mit den Entscheidungsträgern besprechen.

VGP: Wir haben den Vertretern der Stadt angeboten, dass wir bei größeren Unternehmensansiedlungen die Unternehmen vorstellen. Daran werden wir uns halten, und wir finden, dass dies auch die richtige Vorgehensweise ist.

In welcher Form glauben Sie den wirtschaftspolitischen Wünschen der Stadt auch hinsichtlich hochwertiger Arbeitsplätze und Ansiedlungswünsche von (expansionswilligen) Mülheimer Bestandsunternehmen gerecht werden zu können?

CTP: Mülheim hat großes Potenzial: Die Stadt punktet mit ihrer zentralen Lage im Ruhrgebiet, einem der größten Ballungsräume Europas und einer hervorragenden Verkehrsanbindung. Mit vielen Grünflächen ist sie außerdem als Wohnraum sehr attraktiv, was für potenzielle Arbeitnehmer eine große Rolle spielt. Auch ein akademisches Cluster ist vorhanden, es gibt zahlreiche Universitäten in naher Umgebung. Die Infrastruktur für Industrieansiedlungen ist aufgrund der Schwerindustrie aus der Vergangenheit bereits vorhanden. Zudem denkt man hier zukunftsgerichtet. Zum Beispiel spielt das Thema CO2-neutrale Industrie dank Wasserstoff im Ruhrgebiet, das sich als Wasserstoffregion positionieren will, eine wichtige Rolle. Solche Impulse können der ganzen Region einen Schub geben.

VGP: Wir haben konkrete Anfragen von Mülheimer Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit auf dem neuen Standort erweitern bzw. dorthin verlagern möchten. Es ist eine besondere Chance für die Stadt, diese Entwicklungsfläche interessanten Unternehmen anbieten zu können.

Was sind Ihre Referenzen für die Entwicklung einer 33,5 Hektar großen Fläche?

CTP: Wir sind aktuell mit 1,8 Millionen Quadratmetern und 100 Objekten in Deutschland vertreten. Damit spielen wir in der ersten Liga der landesweiten Industrieimmobilien-Investoren. Wir haben zudem jüngst in Wuppertal ein 133.000 Quadratmeter großes Industrieareal erworben, welches wir in einen urbanen Businesspark konvertieren wollen. CTP-weit gibt es zahlreiche Beispiele für unser erfolgreiches Parkmaker-Konzept im großen Maßstab – ein Beispiel ist unser Park im tschechischen Brünn.

VGP: Am Standort München (60 Hektar) haben wir für das Maschinenbauunternehmen Krauss Maffei eine neue Hauptfertigungsanlage inklusive Headquarters und für BMW das Kompetenzcenter Batterieentwicklung fertiggestellt. Unser Anlagen-Portfolio hat sich kontinuierlich stark entwickelt und ist sowohl im finanziellen Wert als auch in der tatsächlichen Zahl der Projekte gewachsen. Am Standort Laatzen (28 Hektar) haben wir für die Spritzgusstechniksparte von Krauss Maffei ein Produktionswerk gebaut. Zusätzlich haben sich am Standort das Unternehmen Edeka mit seinem Frischelager als auch das hochwertige Möbelhandelsunternehmen Connox angesiedelt. Aktuell entwickeln wir u.a. den VGP Technologiepark Wiesloch-Walldorf auf einer im letzten Jahr erworbenen Teilfläche (21 Hektar) des Unternehmens Heidelberger Druckmaschinen AG. Das Planungsbüro Albert Speer + Partner (AS+P) unterstützt uns dort bei der Entwicklung eines neuen Bebauungsplanes und des architektonischen Konzeptes, um die vielfältigen Nutzungsinteressen der Stadt Wiesloch zu berücksichtigen. Referenz 4: Mit dem Erwerb des Siemens Campus Nürnberg (20 Hektar) konnten wir im letzten Jahr eines der größten deutschen Technologieunternehmen in unser Mieterportfolio aufnehmen. Das ist lediglich ein kleiner Auszug unser Referenzen in Deutschland, grundsätzlich hat sich unser Standortportfolio kontinuierlich stark entwickelt.

In Laatzen hat VGP für die Spritzgusstechniksparte des Maschinenbauunternehmens Krauss Maffei ein Produktionswerk gebaut. Auch Edeka und das Möbelhandelsunternehmen Connox siedelten dort an.   
In Laatzen hat VGP für die Spritzgusstechniksparte des Maschinenbauunternehmens Krauss Maffei ein Produktionswerk gebaut. Auch Edeka und das Möbelhandelsunternehmen Connox siedelten dort an.    © VGP Industriebau GmbH | VGP Industriebau GmbH

Das Vallourec-Aus in Mülheim – eine kleine Chronik: