Mülheim. Floristin Ina von der Bey aus Mülheim gibt auf, sie findet kein Personal. Was aus ihrem Ladenlokal in prominenter Lage in Saarn wird, steht fest.

Wenige Tage noch duftet es im Ladenlokal Kölner Straße 59 herrlich nach Blumen. Dann ist dort Schluss für Floristenmeisterin Ina von der Bey. Jahrelang hat sie vergeblich nach neuem Personal gesucht, jetzt reicht’s. An einer der bedeutendsten Straßen Mülheims vollzieht sich ein Geschäftswechsel. Bald soll der Wohlgeruch von frischen Backwaren Kunden dorthin locken.

In der Zeitung hat sie inseriert, in sozialen Netzwerken zur Bewerbung aufgerufen und auf Internetportalen nach motivierten Menschen gefahndet. Sie habe „Unsummen investiert“, um Personal aufzutun, dem „das tolle künstlerische Handwerk“ vielleicht noch Spaß macht, so die 55-Jährige. Fündig wurde sie nicht. Und so schrumpfte das Team von zwölf Mitarbeitern in 2017 auf drei in 2022. Die meisten Kolleginnen schieden wegen ihres Alters aus. Und von unten kam einfach nichts nach. In den vergangenen 20 Jahren habe es gerade zwei junge Menschen gegeben, die Ausbildungsverträge unterschrieben: „Der eine ist gar nicht erst angetreten und die andere hat nach zwei Tagen festgestellt, dass sie noch anderswo eine Stelle zugesagt hat. . .“ Es blieb die ernüchternde Erkenntnis: „Unser Beruf stirbt aus.“

Scheidende Mülheimerin: „Der Laden läuft, wir könnten das Dreifache einnehmen“

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Die vielzitierte Work-Life-Balance ist ein Grund dafür, glaubt von der Bey: „Am Wochenende haben wir am meisten zu tun. Da will aber keiner mehr arbeiten.“ Außerdem die Ungeduld der Kunden: „Alles muss schnell gehen, es gibt keine Wertschätzung mehr für Handarbeit.“ Nach und nach musste sie immer mehr Bereiche aufgeben: „die Märkte, die Grabpflege, den Winterdienst, die Gartenpflege. . .“ Der Stress aber blieb, „und es ist echt nicht schön, wenn man allein im Laden ist und da eine Schlange mit 20 Leuten steht“. Eine bedauerliche Entwicklung: „Der Laden läuft ja, wir könnten das Dreifache einnehmen.“ Doch „mit zwei Männeken allein“ könne man nicht mal mehr das Kerngeschäft an Weihnachten aufrechterhalten.

Sie geht „mit einem weinenden und einem lachenden Auge“: Der Abschied vom eigenen Laden fällt der Mülheimer Floristenmeisterin Ina von der Bey nicht leicht. Die am PC gefertigte Darstellung, die sie in die Kamera hält, zeigt, wie das Geschäft künftig aussehen wird. Die Balken helfen bei der Orientierung.
Sie geht „mit einem weinenden und einem lachenden Auge“: Der Abschied vom eigenen Laden fällt der Mülheimer Floristenmeisterin Ina von der Bey nicht leicht. Die am PC gefertigte Darstellung, die sie in die Kamera hält, zeigt, wie das Geschäft künftig aussehen wird. Die Balken helfen bei der Orientierung. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

33 Jahre nachdem die Mülheimerin – damals noch unter ihrem Mädchennamen Geller – in die Selbstständigkeit gestartet ist, ist das Ende der Fahnenstange erreicht. „Ich gehe mit einem weinenden Auge – aber auch mit einem lachenden.“ Spanien wartet! Gemeinsam mit ihrem Mann Tom Virneburg (58) und ihrer Hündin zieht sie in den sonnigen Süden, setzt sich zur Ruhe. „Von einer 80-Stunden-Woche runter auf Null“, das mache auch „ein wenig Angst“.

Nach Ehe-Aus verkaufte sie Blümchen „in einer drei mal drei Meter Holzbretterbude“

Über die Jahre hinweg war sie an verschiedenen Orten Mülheims als Blumenhändlerin tätig, an der Saarner Straße gegenüber der „Lierberg“-Gaststätte und ab 1993 im Betrieb ihrer damaligen Schwiegereltern an der Düsseldorfer Straße. Blumen von der Bey gibt’s dort heute noch, „die Ehe aber ging in die Brüche“. Und Ina von der Bey verkaufte fortan Blümchen „in einer drei mal drei Meter Holzbretterbude“. 2011 ging es an die Kölner Straße, zuerst im Container, dann ab 2017 ins neu errichtete Ladenlokal. Am 30. September sperrt sie dieses das allerletzte Mal auf, danach ist auch Schluss für die letzten Angestellten, Gabriele Fischersworring und Cornelia Feldkamp.

Mit dem Laden aber geht’s weiter. „Ein Makler hat uns empfohlen, nach einer Bäckerei zu suchen, und er hat Recht behalten.“ Mehrere Unternehmen seien sehr interessiert gewesen, zum Zuge kam letztlich Döbbe aus Mülheim. Johannes Döbbe aus der Geschäftsleitung ist begeistert: „Wir haben jahrelang an der Kölner Straße gesucht. Das ist ein super Standort. Er ist gut sichtbar und gut erreichbar, hat eine hohe Autofrequenz.“ Auch McDonald’s sei ja seit langem dort – „und die wissen immer, wo man hin muss“. Angepeilt ist die Eröffnung der Bäckerei samt Café und Außenbereich „noch vor dem Weihnachtsgeschäft, vielleicht wird es aber auch erst Januar“, so Döbbe. „Sechs bis sieben Mitarbeiter“ werden dort arbeiten.

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