Mülheim. 175 Jahre alt, ein stolzes Jubiläum für den Mülheimer CVJM. Über den ehemaligen Männer-Club sprachen wir nun mit einer Frau an seiner Spitze.
Er ist einer der ältesten Vereine Mülheims. Am 16. und 17. September feiert der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) seinen 175. Geburtstag. Was sind die Wurzeln des Vereins und wofür steht er bis heute? Ein Gespräch mit seiner Vorsitzenden Jutta Tappe
Erzählen Sie doch mal Ihre ganz persönliche CVJM-Geschichte!
Jutta Tappe: Mein großer Bruder war schon im CVJM aktiv und hat mich dann, als ich alt genug war, mitgenommen. So kam ich als Neunjährige in die Jungschar. Später habe ich Kinder- und Jugendgruppen geleitet, Ferienfreizeiten organisiert, „Ten Sing“ mitgegründet und schließlich auch im Vorstand mitgearbeitet. Ich habe den Menschen im CVJM viel zu verdanken. Hier habe ich nicht nur soziale Kompetenz, Gemeinschaft mit und Offenheit gegenüber anderen Menschen, sondern auch das Organisieren gelernt. Das wurde auch von meinen Arbeitgebern immer sehr geschätzt. Und nicht zu vergessen: Im CVJM habe ich auch meine Ehemann Carsten kennengelernt.
Mülheimer Verein will Gemeinschaft, Heimat und Orientierung bieten
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Und warum lohnt es sich heute, zum CVJM zu kommen?
Der CVJM hat sich mit der Zeit und mit unserer Gesellschaft gewandelt. Aber sein Kern ist erhalten geblieben. Wir sind ein christlicher Verein, der Menschen Gemeinschaft, Heimat und Orientierung fürs Leben geben will.
Wir leben heute in einer multikulturellen Gesellschaft. Was bedeutet das für den CVJM?
Viele der etwa 80 Kinder und Jugendliche, die täglich in unser Jugendzentrum, die Offene Tür, zwischen Teiner- und Kettwiger Straße kommen, haben keinen christlichen Hintergrund. Sie kommen zum Beispiel aus muslimischen, buddhistischen oder atheistischen Familien. Doch das ist für uns kein Problem. Denn Gastfreundschaft ist eine christliche Tugend und damit ein Kern des CVJM. Doch erleben auch die nichtchristlichen Jugendlichen hier, dass sie in einem christlichen Haus sind. So entsteht ein Dialog zwischen den Religionen. So kommt es auch im offenen Jugendzentrum immer wieder zu tiefsinnigen Gesprächen über Gott und die Welt. Auch heute gehören Andachten und Bibelarbeiten zu unserer Vereinsarbeit. Doch pädagogisch hat sich manches geändert. Wir sind heute stärker erlebnisorientiert und deshalb werden Bibelgeschichten zum Beispiel gerne auch spontan als kleines Theaterstück nachgespielt, um zu überlegen: Was hat das mit unserem Leben zu tun?
Erste Heimstätte in Mülheim war das spätere Hotel Handelshof
Wie fing die Geschichte des CVJM an?
Der Tuchmacherlehrling George Williams hat 1844 in London in einem Wohnheim für Auszubildende die erste CVJM-Gruppe (englisch: YMCA) gegründet; 1855 wurde im Rahmen der Weltausstellung in Paris der CVJM-Weltbund gegründet. Heute ist der CVJM in 120 Ländern vertreten. George Williams hat erlebt, dass seine Altersgenossen, die zur Arbeit in die Großstadt kamen, dort oft halt- und orientierungslos waren. Schon in der ersten CVJM-Gruppe ging es darum, Gemeinschaft zu erleben und sich durch biblische Geschichten inspirieren und stärken zu lassen. Dabei gehörte das gemeinsame Essen und Feiern immer mit dazu. In Mülheim wurde der CVJM 1848 als evangelischer Jünglingsverein gegründet. Sein erstes Vereinshaus stand an der Friedrichstraße und wurde später zum Hotel Handelshof. 1907 wurde aus dem evangelischen Jünglingsverein der christliche Verein junger Männer und 1981 wurden aus den Männern Menschen. Brigitte Ernst war 1973 die erste Frau im Vorstand des Mülheimer CVJM. Und seit 2020 bin ich die erste weibliche CVJM-Vorsitzende in Mülheim.
Ist der CVJM nur etwas für junge Menschen?
Nein. Unsere Arbeit ist längst generationenübergreifend von 0 bis 99 und darüber hinaus ausgerichtet. Bei uns kann jeder etwas für sich finden. Unsere Arbeit hat drei Säulen: unseren Verein, unser Jugendzentrum und unser Wohnheim.
Mülheims CVJM will sein Wohnheim für Studierende umnutzen
Was hat sich der CVJM für die Zukunft vorgenommen?
Wir wollen weiterhin ein verlässlicher Partner für die Menschen in unserer Stadt sein. Ein Ort, wo man gerne seine Freizeit verbringt und sich mit seinen Gaben einbringen kann. Unser aktuell größter Trau: Wir wollen unser Wohnheim als Homebase zum Studierendenwohnheim mit Anbindung an die Offene Tür umbauen. Auch das steht in der Tradition des CVJM, der jungen Menschen in der Großstadt eine Heimat bieten will. Mit der Homebase wollen wir Studierenden nicht nur eine Heimat, sondern auch die Möglichkeit bieten, sich in unsere Arbeit einzubringen und ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln. Zurzeit fehlen uns aber noch 600.000 Euro, um die Homebase zu realisieren.
Was wird aus den aktuellen Bewohnern?
Zurzeit finden dort Männer in schwierigen Lebenslagen eine Übergangsbleibe. Diese Menschen haben einen hohen Betreuungsbedarf, den wir aber nur mit Hilfe der Diakonie und anderer Sozialverbände leisten können. Wenn das Übergangswohnheim zum Studierendenwohnheim wird, werden die jetzigen Bewohner nicht auf der Straße stehen, sondern eine adäquate Ersatzunterkunft finden. Das ist uns bei der Realisierung unseres Projektes Homebase sehr wichtig.
>> So feiert Mülheims CVJM sein Jubiläum
Am Samstag, 16. September, beginnt das Geburtstagsfest des CVJM mit einem Freundestreffen um 15 Uhr im Haus zwischen Teiner- und Kettwiger Straße. Eingeladen sind alle Menschen, für die der CVJM Teil ihres Lebens war oder ist. Im Rahmen des Freundestreffens gibt es eine Ausstellung, die die 175-jährige Geschichte des Mülheimer CVJM präsentiert.
Um 19.30 Uhr beginnt im CVJM-Haus auf dem Kirchenhügel ein „Bunter Abend“, für den man sich beim CVJM per E-Mail oder telefonisch anmelden muss. Kontakt: 0208/381688 oder info@cvjm-muelheim.de.
Am Sonntag, 17. September, klingt das CVJM-Fest um 11.15 Uhr mit einem Gottesdienst in der Petrikirche und einem anschließenden Mittagsimbiss in der Offenen Tür des CVJM aus.
Soziales in Mülheim - wir helfen Bedürftigen mit unserer Jolanthe-Aktion:
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