Mülheim. In der Mülheimer Altstadt gelegen, gilt das „Kaff“ als eines der schönsten Cafés der Stadt. Nun ist es im Rennen um den ersten Wirtschaftspreis.
Der Arbeitstag von Jerome „Jerry“ Krüger (47) und Christin Hönicke (44) ist lang, „von sieben bis sieben“, sagt Krüger, während er auf einem der hölzernen Stühle im Schatten eines gigantischen Ahorns sitzt. Im Rücken hat der Gastronom, der eigentlich aus der Eventbranche stammt und ein Seiteneinsteiger ist, „Das Kaff“. Vor rund drei Jahren öffnete das Paar den Laden, der längst mehr als ein Szene-Café ist, dem kopfsteinpflasternem Siegfried-Reda-Platz nach Jahren der tristen Leere zu neuem Lebensgeist verholfen hat. Nun ist das Lokal für den Mülheimer Wirtschaftspreis nominiert, es wurde als eines von 19 Unternehmen vorgeschlagen und von der Jury in den Kreis der fünf Finalisten gewählt.
„Die Nominierung hat uns total überrascht“, gesteht Jerry Krüger. „Als so nachhaltig sehe ich uns gar nicht unbedingt.“ Vielleicht ist es nicht erklärtes Ziel des „Kaff“ und es mag auch nicht im Konzept stehen, das Krüger und Hönicke bereits 2018 erdacht haben – wer den 47-Jährigen aber von seinem Lokal sprechen hört, merkt schnell: Über Nachhaltigkeit wird gar nicht groß nachgedacht, weil sie so selbstverständlich ist.
Mülheimer „Kaff“ beschäftigt Mitarbeiter im Alter von 17 bis 67
Das fängt schon im Kleinen an, wird nicht an die große Glocke gehangen: „Unser Angebot ist mittlerweile komplett vegan.“ Gut, bis auf die Kuhmilch. Die gibt es auf Wunsch statt der Hafermilch zum Kaffee aus der unweit gelegenen „Kaffeemanufaktur“. Von den Aufstrichen über die Bagel bis hin zu den Kuchen: Alles ist selbst gemacht – und das von den Chefs persönlich. Zum „Kaff“-Team gehören 14 Leute, davon fünf in der Küche. Das neunköpfige Serviceteam im „Kaff“ umfasst eine stolze Altersspanne. „Unser Jüngster ist aktuell 17 und die älteste Kollegin 67 Jahre alt“, berichtet Jerry Krüger. Viele der Servicekräfte seien Studierende, aber auch Geflüchtete. „Irgendwie ergibt sich das immer so, dass unser Team so durchgemischt ist.“
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„Das Kochen und Backen übernehmen aber wir“, erzählt Krüger. 300 Kuchenrezepte gehörten mittlerweile zur Sammlung des Ladens, alleine 40 für Apfelkuchen. „Nur kommt bei uns halt kein Ei in den Kuchen, sondern zum Beispiel Apfelmus.“ Wo es geht und auch sinnvoll ist, werden Bio-Lebensmittel eingesetzt. „Aber nur weil etwas Bio ist, ist es nicht gleich bessere Qualität“, berichtet Jerry Krüger. In den drei Jahren „Kaff“ habe das Team eine regelrechte Lernreise in Sachen Lebensmitteln hinter sich. „Aber wir haben unsere Lieferanten gefunden und kennen viele Betriebe auch persönlich.“
Überhaupt ist das mit dem Kennen im „Kaff“ ein Ding. Für Jerry Krüger und Partnerin Christin Hönicke kam es im Prinzip nur in Frage, in der Altstadt mit ihrem Laden ansässig zu werden. „Hier wohnen wir, hier kennen wir die Leute, hier sind wir vernetzt.“ Dass sich alle in und vor dem Laden wohlfühlen sollen, liegt auf der Hand. Im Inneren des Lokals schaffen generalüberholte, gebrauchte Holzmöbel im Zusammenspiel mit gekalkten Wänden einen einladenden Raum. Grüne Zimmerpflanzen, ein gefülltes Bücherregal und warmes Licht runden die Wohlfühlatmosphäre ab. „Wir wollen einfach einen Ort schaffen und nicht ein Konsum-Durchjag-Laden sein“, so der 47-jährige Betreiber.
Mülheimer Wirtschaftspreis
Fünf Unternehmen aus Mülheim haben in diesem Jahr die Chance, den ersten Mülheimer Wirtschaftspreis zu gewinnen. Die Stadt will in diesem Jahr wissen, welcher Betrieb sich auf besonders kreative und vielfältige Weise auf Nachhaltigkeit fokussiert. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.
Die feierliche Preisverleihung findet am 3. November am Flughafen im Luftschiffhangar der WDL-Gruppe statt. Die Finanzierung des Events erfolgt durch Sponsoren, die WDL-Gruppe stellt beispielsweise die Location kostenlos zur Verfügung. Vergeben wird der Mülheimer Wirtschaftspreis durch Oberbürgermeister Marc Buchholz.