Mülheim. Das heftige Gewitter hat vor allem die Heimaterde getroffen. Zahlreiche Bäume hielten dem Sturm nicht stand. Wie Anwohner das Unwetter erlebten.
Nicht nur Keller sind in Mülheim durch das heftige Gewitter am Sonntagnachmittag vollgelaufen, auch Bäume sind entwurzelt worden, dicke Äste abgebrochen, ein Naturdenkmal umgefallen. An manchem Baum hingen die Herzen der Anwohner.
„Es hat laut bumm gemacht und dann war es still – auch das Gewitter war dann vorbei“, so hat Anna den Augenblick erlebt, in dem an der Haarzopfer Straße auf der Heimaterde am Sonntagnachmittag eine meterhohe Linde, die direkt neben ihrer Wohnung stand, umgestürzt ist. „Meine Tochter hat in dem Moment gerade aus dem Fenster geguckt, als er umgekippt ist“, erzählt die SWB-Mieterin aus der vierten Etage.
Kinder beobachten aus der 4. Etage des Mülheimer Hochhauses, wie der Baum fällt
Angst habe ihre Achtjährige nicht gehabt, als der Blätterriese mit einem Rumms seitlich am Hochhaus vorbei auf die Garagen gefallen ist. „Mein Sohn fand es dann besonders spannend, als die Feuerwehr kam“, erzählt die 28-Jährige, die es schade findet, dass die große Linde nun weg ist, zersägt und abtransportiert. „Wir haben morgens immer die Vögel darin gehört und sie beobachtet – ich habe diesen Baum echt geliebt.“
Auch Sonja Kropp tut es „im Herzen weh“, dass der Baum nicht mehr da ist – den Moment seines Falls hat die 76-Jährige indes nicht mitbekommen. Da stand sie gerade vorne auf dem Laubengang und hat die Tanne im Auge behalten. „Die stand so schräg“, sagt Kropp und zeigt mit ihrem Arm einen beachtlichen Neigungswinkel. „Als die Tanne gepflanzt worden ist, war die so groß wie ich, das muss so etwa 40 Jahr her sein“, sagt die Seniorin, die seit 53 Jahren in dem SWB-Hochhaus wohnt. Nicht nur, wie die Tanne vorm Haus gepflanzt worden ist, hat die Heimaterdlerin hautnah miterlebt, sondern beobachtet nun auch, wie der schmale Baum gefällt werden muss. „Da blutet mir das Herz“, sagt sie.
Fast sechs Stockwerke hoch war der Baum, der vom Sturm umgerissen wurde
Auch interessant
Die Linde, die neben dem Haus stand und beinahe bis zum sechsten Stockwerk gereicht hat, wie ein Anwohner berichtet, habe „aufgrund des trockenen Bodens und des starken Niederschlages in Verbindung mit dem starken Wind keine Standsicherheit mehr gehabt“, schildert eine Pressesprecherin der SWB.
Ein Phänomen, das sich bei dem Unwetter am Sonntag an zahlreichen Stellen gerade in Heißen gezeigt hat: Schwer belaubte Bäume, die Angriffsfläche für die Windböen boten, dazu ausgetrocknete Erde, die die Wurzeln nicht mehr halten konnte. Bei 30 Prozent der insgesamt 50 wetterbedingten Einsätze am Sonntag hatten umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste zum Notruf geführt, hatte Feuerwehrsprecher Florian Lappe bilanziert.
Auch die Linde an der Haarzopfer Straße war samt Wurzelteller aus der Erde gerissen worden und umgefallen. Die Garagen seien nicht einsturzgefährdet, zieht das Wohnungsunternehmen nach der Begehung ein Fazit. Den Mieter, der gleich zwei Garagen nutzt, freut das. Sein Mercedes stand sicher in seiner Box auf der gegenüberliegenden Seite. In dem Gebäudeteil aber, auf den der Baum gekracht ist, hat er einen über 20 Jahre alten Wagen stehen. Passiert ist dem guten Stück augenscheinlich nichts. „Die Garagen haben noch dicke Betonwände, denen kann so schnell nichts etwas anhaben“, sagt einer der Arbeiter, die dabei sind das viele Grün der gefällten Linde abzutransportieren.
Ehepaar auf der Mülheimer Heimaterde fühlt sich an den Pfingststurm Ela erinnert
Von ihrer morgendliche Walking-Runde kommen gerade Ingrid und Karl Allmann zurück. Das Ehepaar, Mitte 80, wohnt seit 50 Jahren wenige Meter weiter am Fulerumer Feld. Als es am Sonntag mit einem Mal so dunkel wurde und die Sturmböen einsetzten, fühlten sie sich an den Pfingststurm Ela erinnert, der 2014 auch auf der Heimaterde schwere Schäden angerichtet hatte. Direkt bei ihnen am Haus ist zwar ein dicker Ast auf den Fußweg gekracht und hat auch den Jägerzaun erwischt, mehr ist aber nicht passiert. Auch unterwegs, bei ihrer Runde über die Heimaterde und durch die Felder, haben sie keine größeren Schäden bemerkt, erzählen die sportlichen Senioren. „Uns hat es verschont“, sagt Frau Allmann dankbar.
Weiter unten auf der Heimaterde, an der Kleiststraße direkt am Festplatz, ist eine riesige Kastanie umgestürzt, wohl ein uralter Baum – der Umfang seines Stumpfes ist beachtlich. Zwei Autos hat er unter sich begraben. „An meinem ist er genau vorbeigefallen“, ist ein Anwohner von der gegenüberliegenden Seite erleichtert. Bei ihm und seinen Nachbarn liegen die Vorgärten und Einfahrten noch voller Äste und Blätter.
„Hier war am Sonntag alles abgesperrt, man kam überhaupt nicht mehr durch“, erzählt ein Mann, der gerade mit seinem Dackelmischling Gassi geht und den Rest der Kastanie in Augenschein nimmt: „Das war wohl ein Naturdenkmal, aber wenn ich mir den Stumpf angucke, sieht der nicht mehr gesund aus.“
Kleiststraße: Umgestürzte Kastanie galt bei der Stadt als vorgeschädigter Baum
Laut Auskunft der Stadt handelte es sich bei der Rosskastanie um ein rund 120 bis 140 Jahre altes Exemplar, das einen Stammumfang von rund 3,60 Metern und einen Kronendurchmesser von 15 Metern hatte. Die Stabsstelle Umweltplanung der Unteren Naturschutzbehörde teilt auf Anfrage mit, dass eine sogenannte Regelkontrolle des vorgeschädigten Baums zuletzt Anfang März stattgefunden hat.
In diesem Zusammenhang sei an dem Naturdenkmal festgestellt worden, dass der Baum auch weiterhin als geschädigt einzuschätzen sei. Er wurde laut Stadt gutachterlich betreut, die letzte eingehende Untersuchung sei im vergangenen Monat durchgeführt worden. Das Gutachten dazu stehe noch aus.