Mülheim. Die Genussschmiede und der Weinbus: Ein Duo, das die Feierabendmärkte und Stadtfeste der Region erobert. Wir haben die Macher in Mülheim besucht.
Ihr Geschäft dreht sich zwar um Wein und all’ das, was so dazugehört – aber die Idee dazu, die entstand „aus einer Bier-Laune“, erzählt Matthias „Mutzi“ Mutzenbach (41), während er im sonnenschirm-beschatteten Garten seines Nachbarn André Müller (55) sitzt. Der nickt zustimmend und ergänzt: „Vor vier Jahren haben wir uns kennengelernt.“ Damals sind Matthias Mutzenbach und seine Frau Anita Regalado-Lopez (43) nach Styrum gezogen, kamen schnell mit dem Nachbarn ins Gespräch, es entwickelte sich eine Freundschaft. Dass daraus mal eine Geschäftsidee werden sollte, die die Feierabendmärkte der Region erobert, konnte zu dem Zeitpunkt noch keiner ahnen.
André Müller ist schon länger in der Branche tätig – „durch einen witzigen Zufall“, wie er sagt. 2016 lernte er im Urlaub auf Norderney den Weinbautechniker Martin Korrell kennen. Er ist Geschäftsführer des gleichnamigen Weinguts in Bad Kreuznach, das Spitzengastronomien mit Weinen beliefert, darunter etwa Nelson Müllers „Schote“ in Essen oder auch Björn Freitags „Goldener Anker“ in Dorsten.
Mülheimer trifft durch Zufall auf renommierten Weinbautechniker
„Wir haben uns bei Facebook vernetzt“, erzählt André Müller. Dort stößt der 55-Jährige einige Monate nach dem Urlaub auf einen Aufruf Korrells: „Er hat jemanden gesucht, der seinen Wein-Bulli bewirtschaftet.“ Für Müller, der zuvor in der IT tätig war, die Chance, endlich einen Schritt in die Veranstaltungs- und Gastronomiebranche zu wagen. „Ich war früher oft als Gast auf dem Oberhausener Feierabendmarkt und am Weinstand war früher oder später immer der Wein aus“, erinnert er sich zurück. „Da dachte ich mir: Das muss doch auch besser gehen!“
Seit April 2017 ist Müller mit dem weiß-blauen Retro-VW Bulli auf Feierabendmärkten, Stadtfesten und ähnlichen Veranstaltungen unterwegs. „Und du hast immer den kältesten Wein“, sagt Nachbar, Freund und mittlerweile auch Geschäftspartner Matthias „Mutzi“ Mutzenbach. Immer mal wieder hilft er dort aus, als gelernter Koch, der mittlerweile im kaufmännischen Bereich arbeitet, ist ihm der gastronomische Betrieb nicht fern. „Das hat mir immer richtig Spaß gemacht.“
Mülheimer Nachbarn entwickelten gemeinsam eine Geschäftsidee
Und bei einem der feucht-fröhlichen Abende von Mutzi, Anita und André entstand dann die Idee: Zum kalten Wein braucht es ein gutes Essen. Denn: „Auf vielen Festen gibt es Streetfood wie Burger oder Currywurst“, sagt André Müller, der das Angebot über Jahre studiert hat. „Aber zum Wein passt das nicht so recht.“ Zugegeben, mal gebe es auch Flammkuchen im Angebot, „da fehlt aber das gewisse Extra“.
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Bei Matthias „Mutzi“ Mutzenbach klingelt es, die Ideen für Gerichte, die einer gehobenen Streetfood-Küche entsprechen, sprudeln förmlich aus ihm heraus. Hausgemachter Zwiebelkuchen, hübsch angerichtete Snack-Platten mit Käse oder auch Schinken und Salami landen auf der Karte, es folgen Garnelen, die wahlweise mit Pernod-, Knoblauch-Dill- oder Sweet-Chilli-Sauce angemacht sind, und französische Galettes, Crêpes aus Buchweizenmehl. „Das sind alles Gerichte, die hervorragend zu Wein passen“, so der gelernte Koch.
Mülheimer Paar verzichtet für zweites Standbein auf viel Freizeit
Und das scheinen auch die Kundinnen und Kunden auf den einschlägigen Events zu erkennen – die „Genussschmiede by Mutzi“ kommt mehr als nur gut an, wenn sich die Gelegenheit bei gemeinsamen Events bietet auch gerne im Kombi-Angebot mit einem kühlen Wein vom benachbarten Bulli. „Wir sind dieses Jahr schon komplett ausgebucht“, sagt Anita Regalado-Lopez, die im „richtigen Leben“ als Haushaltshilfe arbeitet und sich um den Service kümmert. Dann teilen sie und ihr Partner sich den kleinen schwarzen Anhänger, der von einem Grill, über einen Kühlschrank bis hin zu einer Spüle alles bietet, was ein rollendes Restaurant so braucht. „Es macht wahnsinnig Spaß“, sagt die 43-Jährige. „Das Feedback der Leute ist echt motivierend.“ Da macht es dann auch nur wenig aus, seine Wochenenden für das zweite Standbein zu opfern.
Wobei – die Genussschmiede ist mehr die Erfüllung eines Lebenstraums als eine Geldmaschine. „Wir machen das nicht für eine schnelle Mark“, sagt Matthias Mutzenbach. „Das Konzept ist sehr durchdacht und liegt uns am Herzen.“ Eine Marktlücke, deren Schluss offenbar einen Nerv trifft.
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Die Anschaffung des maßgefertigten 750 Kilo-Hängers war übrigens auch ein Gemeinschaftsprojekt: Dafür ging es für die Nachbarn in die Niederlande. „Der Hersteller hat uns das nach unseren Wünschen gefertigt“, so Mutzenbach. Kostenpunkt: niedriger fünfstelliger Bereich. „Wir sind da aber nicht blauäugig reingegangen und haben alles durchkalkuliert.“ Ähnlich ist es vor jedem Event, „da wägen wir genau ab, wie viel wir wovon brauchen, um nichts verschwenden zu müssen“, so Regalado-Lopez. Praktisch, wenn die kaufmännische Expertise auf gastronomisches Wissen trifft. „Aber zu 100 Prozent kalkulieren kann man nicht“, sagt Matthias „Mutzi“ Mutzenbach.