Mülheim. Das erste wasserstoffbetriebene Müllauto rollt durch Mülheim. Welche Vorteile es mit sich bringt und welche Schwierigkeiten noch auftreten.
Wenn die Müllabfuhr in die eigene Straße kommt, hören das Mülheimerinnen und Mülheimer oft schon von weitem. Das könnte sich ändern, denn das neueste Fahrzeug im Fuhrpark der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) ist vor allem eines: leiser.
Aber es spart im Monat auch 800 Liter Diesel sowie CO2, Stickoxide und Feinstaub. Denn es handelt sich um einen Wasserstoff-Plug-in-Hybrid. Von dieser Sorte sind in der deutschen Entsorgungswirtschaft erst rund 50 im Einsatz. Nun gibt es auch den ersten in Mülheim. „Wir wagen uns technologie-offen an jeden Antrieb heran“, sagt Geschäftsführer Timo Juchem.
Mülheimer Entsorgungsgesellschaft: 90-Prozent-Förderung macht neues Fahrzeug möglich
2021 erhielt die MEG eine 90-prozentige Förderzusage des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, im April dieses Jahres konnte das Sammelfahrzeug in Betrieb genommen werden. „Ohne die Förderung wäre das nicht möglich gewesen“, erklärte Juchem, denn das Wasserstoff-Fahrzeug kostet dreimal soviel wie ein herkömmlicher Diesel-Lkw.
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Die MEG möchte sich in Sachen Antriebswende aber in an die Spitze setzen. „Wir wollen nicht andere für uns testen lassen“, betont der Geschäftsführer, warum sich sein Unternehmen um die Förderung bemühte. „Wasserstoffantrieb verbindet man ja meistens erstmal mit dem ÖPNV. Wir wollen zeigen, dass wir dort auch unterwegs sind.“
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Alle drei Tage wird das Hybrid-Fahrzeug am Rhein-Ruhr-Zentrum mit Wasserstoff betankt. Aus vier jeweils 4,1 Kilogramm fassenden Tanks wird Strom erzeugt, mit dem der Elektromotor angetrieben und gleichzeitig die Batterie aufgeladen wird. Mit einer Tankfüllung können etwa 20 Kilometer Strecke zurückgelegt und dabei 20 Tonnen Abfall geladen werden.
Seit einigen Wochen wird das Fahrzeug in der kommunalen Restmüllsammlung eingesetzt. Ein festes Team absolvierte im Vorfeld Schulungen für den Umgang mit dem Neuzugang. „Es ist nicht mehr nur Gas geben und bremsen“, sagt Logistikchef Dirk Eurskens.
Mülheimer Müllabfuhr sammelt noch Erfahrung mit dem H2-Fahrzeug
Ohnehin sammeln Fahrer und Lader noch jede Menge Erfahrungen im praktischen Umgang. Viele offene Fragen sind noch zu beantworten. Auch am Wagen selbst gibt es noch die ein oder andere „Kinderkrankheit“, wie es Disponent Jörg Smets bezeichnet. Daher fällt das Hybrid-Fahrzeug schon einmal tagelang aus, weil der Hersteller noch einmal nachbessern muss. „Trotzdem ist es der beste Lkw, den ich jemals gefahren bin“, sagt Smets während einer Probefahrt über die Pilgerstraße.
Die deutlich geringere Lautstärke ist im Alltag wahrscheinlich einer der größten Pluspunkte. „Dadurch können wir eventuell auch Uhrzeiten verschieben“, erklärt Timo Juchem. Wann das Fahrzeug komplett fehlerfrei im normalen Betrieb eingesetzt werden kann, ist aktuell noch nicht absehbar und damit schon gar nicht, wann sich die MEG um eine eventuelle Förderung für einen zweiten Wagen bemühen wird. „Wir haben eben keine 50 oder 100 Jahre Erfahrung“, betont der Geschäftsführer.
Warum die MEG nicht auf Erdgas-Antrieb setzt
Schließlich tauchen auch immer wieder neue alternative Antriebsmöglichkeiten auf. Auch einen CNG-Antrieb hatte die MEG zumindest einmal diskutiert. In Mülheim gibt es aber noch keine Erdgas-Tankstelle.
Vorerst wird die Entsorgungsgesellschaft bis Ende dieses Jahres neue Fahrzeuge mit Elektroantrieb einführen. Eine in der Innenstadt eingesetzt Kehrmaschine läuft bereits voll elektrisch. Bis Mitte des kommenden Jahres will die MEG zudem ihren eigenen Strom über Photovoltaikanlagen auf den allermeisten Hallendächern erzeugen.