Mülheim. Spektakuläre Neuigkeiten vom Mülheimer Raffelberg: Der Ganzjahres-Spielplan des TaR ist Geschichte. Stattdessen gibt es ein alternatives Konzept.

Ein etwas anderes Theater war das Theater an der Ruhr (TaR) schon immer. Jetzt nimmt es einen radikalen Richtungswechsel vor, der es noch einzigartiger macht. Künftig wird es keinen durchlaufenden Spielplan mehr geben, sondern drei „Spielinseln“ pro Jahr. Diese dauern drei bis vier Wochen und präsentieren mindestens drei Theater-Projekte, flankiert von einem reichhaltigen Rahmenprogramm. Ein weiteres Novum am Raffelberg: Die komplette Spielzeit ist auf ein Thema ausgerichtet. In der Spielzeit 2023/24 geht es um das Thema „Rausch“ – mit allen seinen Facetten.

„In 40 Jahren Theater an der Ruhr hat sich vieles verändert. Eine strukturelle und inhaltliche Neuausrichtung erschien uns dringend notwendig“, begründet Sven Schlötcke, Geschäftsführer des Theater an der Ruhr, die spektakuläre Kursänderung. Wichtig sei es dem Ensemble, „thematische Vertiefungen herzustellen“. „An vielen Theaterhäusern werden Themen sehr schnell abgefrühstückt, auch bei uns. Wir möchten uns jetzt bestimmten Themen ganz intensiv widmen. Das Theater an der Ruhr ist ein Ort der Kunst, der Philosophie, der Anthropologie: Wo, wenn nicht hier, sollte man so etwas ausprobieren“, erklärt Philipp Preuss, künstlerischer Leiter am TaR.

Festival im Mülheimer Raffelbergpark ersetzt die „Weißen Nächte“

Die erste Rauscherkundung startet am 18. August, sie ersetzt die „Weißen Nächte“, empfindet deren Machart nach und findet vorwiegend im Raffelbergpark statt. An vier langen Wochenenden stehen dann vier Neuproduktionen auf dem Programm. „Zudem bieten Kunstprojekte, Workshop- und Familienangebote sowie verschiedene Gesprächsformate dem Publikum an, Aspekte des Rausches, der Euphorie und der Ekstase zu erkunden.

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Insgesamt neun Premieren wird man in der kommenden Spielzeit feiern. „Die Theaterproduktionen werden nur innerhalb der jeweiligen Spiel-Insel zu sehen sein – und dann nicht mehr. Das ist ganz anders als früher“, erklärt Theater-Sprecherin Constanze Fröhlich. Diese Änderung beinhaltet auch, dass die Stücke aus dem bisherigen Repertoire in 2023/24 nicht wiederaufgenommen werden – es sei denn, sie gehen als Gastspiel auf Reisen. „Das ist einerseits bedauerlich, aber von der Notwendigkeit der Strukturänderung bin ich absolut überzeugt“, sagt Theatergründer Helmut Schäfer. Ganz geklärt sei diese Frage aber noch nicht, ergänzt Constanze Fröhlich. „Wenn ein älteres Repertoire-Stück zum neuen Thema passt, könnte es eventuell wieder hervorgeholt werden.“ Für die kommende Saison sei das aber nicht vorgesehen.

Fachleute und Mülheimer Bürger werden einbezogen

Die jeweiligen Spielzeit-Themen gründlich erkunden möchte man mit Expertinnen und Experten, aber auch mit theaterbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern. Die Gespräche zwischen Fachleuten und dem Ensemble sollen teilweise geöffnet werden für die Zuschauer – durch deren Beiträge man auch neue Impulse zu erhalten hofft. Auch manche Probe soll öffentlich sein. Auf das vielfältige Thema „Rausch“ blicke man aus diversen Richtungen. Der Begriff „Rausch“ bezeichne einen „merkwürdigen Zustand jenseits des Normalbewusstseins“. „Wir wollen all jene Zustände erkunden, in denen man sich selbst vergisst, aber auch die gesellschaftliche Bedeutung des Phänomens Rausch betrachten“, erläutern die Theatermacher.

In den Blöcken zwischen den drei Spiel-Inseln, die für August/September, November und März 2024 vorgesehen sind, bleiben die Theatertüren aber nicht zu. Das Junge Theater wird seine Stücke zeigen, die „Szene Istanbul“ und die Gruppe Ma’louba oder die Märchen-Aufführungen von Maria Neumann füllen die Zeit, wenn für das nächste Insel-Festival geprobt wird.

Mülheimer Schauspielerin experimentiert zu „Moby Dick“

„Rausch 1“ startet am 18. August und endet am 9. September. Als Neuproduktionen werden dann eine Inszenierung von Euripides „Bakchen“ (Regie: Philipp Preuss), eine Arbeit über den kontroversen Theaterkünstler Antonin Artaud (Regie: Roberto Ciulli), ein Tanzprojekt über Trance- und Gemeinschaftserfahrungen des italienischen Theaterkollektivs Anagoor („Bromio – das unzerstörbare Leben“) sowie ein experimentelles Spiel über Herman Melvilles „Moby Dick“ von Schauspielerin Maria Neumann zu sehen sein.

Im sogenannten „Klub der Psychonauten“ werden unter anderem Workshops wie Lachyoga und Atmen, aber auch die Performances „Feuer fangen“ von Subbotnik oder „Hymnen an die Nacht“ (nach Novalis) von Ensemble-Neuling Joshua Zilinske sowie eine Führung zu psychoaktiven Pflanzen angeboten. Außerdem laden Konzerte von den Sufi Dub Brothers, The Düsseldorf Düsterboys, Passione Assoluta (Oper) sowie Partys mit verschiedenen DJs ein, sich in einen Rausch zu tanzen. Ein Gespräch mit Religionswissenschaftlerin Susanne Gödde und dem Philosophen Paola Pecere beleuchtet verschiedene Aspekte des Themas. Und im Raffelbergpark kann man sich auf einen Kunstparcours begeben. Was die Spielzeit-Inseln 2 und 3 bringen werden, verrät das Theaterteam noch nicht. Es soll spannend bleiben.

Info: Karten

Der Vorverkauf für „Rausch 1“ startet am 14. Juli. Nähere Infos zum Programm findet man dann auch auf
theater-an-der-ruhr.de.

Ein einfaches Ticketsystem mit zwei Preiskategorien erlaubt den Besuch von einer Vorstellung (12 Euro) oder zwei Vorstellungen (18 Euro) pro Veranstaltungstag.

Alle Besucherinnen und Besucher unter 30 Jahren zahlen nur 9 Euro für einen ganzen Tag. Das Rahmenprogramm ist immer inklusive.

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