Mülheim. . Das Gutachten zu bezahlbarem Wohnraum liegt bald vor. Eindeutige Handlungsweisen enthält es aber nicht. Darum soll sich ein Fachgremium kümmern.

Dutzende Studien, Umfragen und Erhebungen beschäftigen sich mit der Wohnungsnot in der Bundesrepublik. Bezahlbare Wohnungen werden immer rarer, der Druck auf dem Wohnungsmarkt für diejenigen, die sich einen Quadratmeterpreis jenseits der 6 Euro nicht leisten können, steigt. In Mülheim beträgt der durchschnittliche Mietpreis pro Quadratmeter laut Mietspiegel derzeit 6,70 Euro.

Über den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum haben Politik und Verwaltung in der Vergangenheit bereits gesprochen. In der Zwischenzeit ist das Thema aber eingeschlafen, unter anderem, weil das Gutachten, das im März vergangenen Jahres in Auftrag gegeben wurde, lange auf sich warten ließ. Mittlerweile liegt zumindest eine Entwurfsfassung vor, die endgültige Fassung soll in den kommenden Wochen folgen. Allerdings ist das Ergebnis bereits jetzt so wenig eindeutig, dass Sozialdezernent Ulrich Ernst noch gar nichts dazu sagen möchte. Man müsse es zunächst „interpretieren“, sagt Ernst. Eine verbindliche Handlungsgrundlage gebe das Gutachten schließlich nicht. „Es sagt auch nicht pauschal, dass wir dringend noch mehr öffentlich geförderten Wohnraum benötigen.“ Allerdings weise das Gutachten dringenden Handlungsbedarf in einzelnen Bereichen aus, sagt der Sozialdezernent, ohne genauer zu werden.

Viele Mülheimer können sich einen Quadratmeterpreis von 5,56 Euro nicht leisten

Nach Informationen der Redaktion soll das Gutachten unter anderem einen dringenden Bedarf an Wohnraum für große Familien und an Wohnungen sehen, die sich im Quadratmeterpreis noch unter der Grenze für öffentlich geförderten Wohnraum bewegen. Der liegt derzeit bei 5,56 Euro. Laut Gutachten leben in Mülheim aber viele Menschen, die sich diesen Preis überhaupt nicht mehr leisten können.

Die Frage ist, wie Stadt und Politik mit diesen Ergebnissen umgehen. Für die Diskussion, wo und in welcher Form bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann, müssten noch zahlreiche Punkte geklärt werden, sagt Ernst. Unter anderem die Frage, wie viele Leerstände es in Mülheim derzeit gebe, „und ob die überhaupt auf dem Markt sind“.

Ende Dezember soll das Veranstaltungskonzept stehen

Zu diesem Zweck schwebt dem Dezernenten in Absprache mit Planungsdezernent Peter Vermeulen eine Konferenz vor, in der das Gutachten diskutiert wird. Teilnehmen sollen maßgebliche Stellen der Wohnungswirtschaft, unter anderem sollen auch die verschiedenen Mietervereinigungen mit am Tisch sitzen. Ende Dezember soll laut Ernst das Veranstaltungskonzept stehen, eine erstes Treffen soll Anfang des Jahres stattfinden. Die Ergebnisse der Diskussion sollen dokumentiert werden und als Leitfaden dienen, auf dessen Grundlage die Ratspolitik über Maßnahmen beraten soll, um dem Bedarf in Mülheim gerecht zu werden.

Den sehen die beiden Wohnungsbaugenossenschaften in der Stadt seit jeher. Der SWB hat rund 2800 öffentlich geförderte Wohnungen in seinem Bestand, beim MWB sind es rund 1000. Derzeit sei man damit noch gut aufgestellt, sagt SWB-Pressesprecher Andreas Jenk. „Allerdings muss man den Markt weiter im Auge behalten.“

Ist eine Vorgabe für geförderte Wohnungen sinnvoll?

Das sieht auch MWB-Geschäftsführer Frank Esser so. „Die Märkte werden sich nicht entspannen“, so Esser, der fordert, dass die Stadt Grundstücke nicht ausschließlich nach dem Höchstpreisprinzip veräußern, sondern auch soziale und städtebauliche Aspekte stärker berücksichtigen solle. Es sei auch denkbar, eine gewisse Anzahl an öffentlich geförderten Wohnungen vorzugeben. Dies fördere die „soziale Mischung in der Nachbarschaft“ und nutze der Stadt.

Essers Vorschlag nennt Ulrich Ernst „vom Grundsatz her richtig“, allerdings könne man das nicht pauschal für sämtliche zukünftige Grundstücke beschließen, sondern müsse es vom Einzelfall abhängig machen.

>>> Nur noch 5000 geförderte Wohnungen in Mülheim
Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in Mülheim ist in den vergangenen rund 30 Jahren stark zurückgegangen.

1987 gab es noch 19.000 geförderte Wohneinheiten in der Stadt, mittlerweile liegt die Zahl nur noch bei rund 5000. Zahlreiche Wohnungen sind um die Jahrtausendwende aus der Sozialbindung gefallen.