Kamp-Lintfort. Die politische Landkarte in Kamp-Lintfort bekommt blaue Flecken. Wo die AfD bei der Europawahl die meisten Stimmen bekam und wer nicht AfD wählt.

Am Tag danach lohnt es sich, noch mal genauer hinzusehen. 17,2 Prozent der Stimmen holte die AfD bei der Europawahl in Kamp-Lintfort insgesamt. 17,2 Prozent für eine in Teilen rechtsextreme Partei, die bisher in der politischen Landschaft der Stadt eine untergeordnete Rolle spielt und in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mit Kamp-Lintforter Köpfen in Verbindung gesetzt werden kann. Das liegt über dem Bundesdurchschnitt von 15,9 Prozent und ist kreisweit einsame Spitze. Und das liegt über dem Wahlergebnis in Kamp-Lintfort von 2019, wo die AfD elf Prozent der Stimmen bekam. Wo kommen die Stimmen 2024 in Kamp-Lintfort her?

In sechs Wahllokalen erzielte die AfD Platz eins, lag also vor CDU und SPD: in der Kita Bunte Welt (27,2%), in der Friedenskirche (25,9%), in der Kita Wirbelwind (26,5%), im Wahllokal II der Europaschule sowie im Dietrich-Bonhoeffer-Haus (24,8%) und im Gesundheitszentrum (23,4%) stimmten die meisten Wähler für die Höcke-Partei. Das aus ihrer Sicht beste Ergebnis für die AfD stammt dabei mit beachtlichen 32,1 Prozent aus dem Wahllokal II der Europaschule. Mit knapp 25 Prozent fand die AfD auch in der Ebertschule viele Wähler, dort allerdings setzte sich die SPD mit 31 Prozent der Stimmen durch. Damit dringt die AfD ausschließlich in die Bezirke ein, die sonst von der SPD beherrscht waren.

Briefwähler neigen nur wenig dazu, AfD zu wählen

Deutlich weniger AfD-freundlich zeigten sich die Briefwähler. Durch die Bank lag die Partei dort unter 10 Prozent - mit einem Ausrutscher im Briefwahlbezirk VI (14,3%). So wenig Zustimmung fand die AfD sonst nur im Wahllokal der Grundschule Niersenberg (11,3%) und in Kamperbrück mit 11,6 Prozent.

SPD behauptet sich denkbar knapp

Und wenn alle anderen anders wählen – Kamp-Lintfort bleibt SPD-Stadt: Mit 26,5 Prozent der Stimmen stadtweit liegen die Sozialdemokraten vorn – wenn auch nur knapp (CDU: 25,2%). Deutschlandweit brachte es die ehemalige Arbeiter-Partei auf gerade mal 14 Prozent. Die SPD-Hochburgen in Kamp-Lintfort mit jeweils über 30 Prozent Stimmenanteil: die Ebertschule, die Kita am Volkspark, das Haus der Familie, das Wahllokal Mittelstraße II, das Wahllokal der Grundschule am Niersenberg II und Kamperbrück. Auch bei den Briefwählern stand die „alte Tante“ mit durchschnittlich um die 30 Prozent hoch in der Gunst. Insgesamt in zehn von 25 Wahllokalen lag die SPD an der Spitze. Unter 20 Prozent fielen die Sozialdemokraten nur im Wahllokal Europaschule II (17,3%), in Saalhoff (17,7%) und in Hoerstgen (ebenfalls 17,7%).

Wo die CDU punkten kann

Bei den beiden letztgenannten machte jeweils die CDU das Rennen: Saalhoff mit 34,3 Prozent für die Christdemokraten und in Hoerstgen mit 29,8 Prozent. An diesen Standorten lag die CDU außerdem vorn in der Gunst der Kamp-Lintforter: Stadthalle (26,4%), Hochschule Rhein Waal (26%), Grundschule am Pappelsee (26,9%), Ernst-Reuter-Schule II (28%), Grundschule am Niersenberg (29,1%) und Alemannia Kamp (24,9%).

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Wo die Grünen schwach sind, ist oft die AfD stark

Die Grünen haben insgesamt schlecht abgeschnitten: Mit 8,1 Prozent der Stimmen stadtweit lagen sie beinahe zehn Prozent unter dem Vorwahlergebnis 2019. Bundesweit kamen die Grünen auf 11,9 Prozent. Mies lief es für die Öko-Partei in vielen der Wahllokale, in denen die AfD gut abgeschnitten hat: in der Ebertschule (2,6%), in der Kita Bunte Welt (4,3%), in der Friedenskirche (3,2%), im Wirbelwind (3,8%), in der Kita am Volkspark (4,6%), im Alten Rathaus (4,2%), in der Ernst-Reuter-Schule I (3,6%), während die Partei sonst teilweise deutlich über 5 Prozent oder an die 10 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte. Auch bei den Briefwählern kratzten die Grünen meist an den 10 Prozent.

Die Wagenknecht-Partei überrascht

Auch wenn viele damit gerechnet haben, die Ergebnisse für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erstaunen. In Kamp-Lintfort stimmten 4,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Partei um die illustre Führungspersönlichkeit. Damit lag das BSW in Kamp-Lintfort gleichauf mit der FDP. Bundesweit stimmten 5 Prozent für die FDP und 6 Prozent für das BSW. Auf relativ viel Zustimmung traf das Bündnis in der Ebertschule (6,6%), in der Friedenskirche (6,7%), in der Kita Wirbelwind (7,5%), im Alten Rathaus (7,2%), in der Außenstelle Soziales und Wohnen (7,8%), in der Mittelstraße I (6,7%) und bei Alemannia Kamp (6,9%). Keine Rolle spielte die Wagenknecht-Partei in der Europaschule II, wo die AfD ihr stärkstes Ergebnis eingefahren hat, und in Saalhoff.

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Während die FDP bundesweit 5 Prozent holte, mussten sich die Kamp-Lintforter mit 4,7 Prozent zufriedengeben, 0,3 Prozent weniger als bei der Wahl 2019. Das aus FDP-Sicht schlechteste Ergebnis gab es im Wahllokal Mittelstraße I mit 2,1 Prozent, eine 2 am Anfang gab es auch in der Kita Wirbelwind, der Kita am Volkspark, der Friedenskirche und im Alten Rathaus. Das beste Ergebnis erzielten die Freien Demokraten im Gesundheitszentrum mit 6,9 Prozent, gefolgt von Kamperbrück (6,5%) und dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus (6,2%).

Fleißige und weniger fleißige Wähler

Die fleißigsten Präsenzwähler kommen aus Kamperbrück. Hier lag die Wahlbeteiligung bei 62,6 Prozent, dicht gefolgt vom Wahllokal Grundschule Niersenberg I mit 62,3 Prozent. NIersenberg II mit 56,9 Prozent steht auch ganz gut da. Auch die Hoerstgener waren fleißig bei der Stimmabgabe: Hier schritten 58,8 Prozent zur Wahlurne. Nur jeweils ein gutes Drittel der Wahlberechtigten nutzten ihre Chance im Haus der Familie (36,1%), in der Außenstelle Soziales und Wohnen (36,98%), im Alten Rathaus (37,1%) und in der Friedenskirche (38%). Und die, die es taten, machten oft bei der AfD ihr Kreuz. Stadtweit lag die Wahlbeteiligung bei 54,2 Prozent. Das ist weit unter dem Bundesschnitt von 65 Prozent.