Am Niederrhein. Die Telefonseelsorge Niederrhein ist rund um die Uhr erreichbar. Die Themen sind oft heikel. Wann die Drähte besonders heiß laufen.

Das Angebot steht. Und zwar 24-7 das ganze Jahr über: Freiwillige am Telefon oder im Chat kümmern sich täglich rund um die Uhr um die Nöte anderer Menschen. Die Telefonseelsorge Niederrhein/Westmünsterland, die auch für Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn zuständig ist, verzeichnet auch im vergangenen Jahr wieder großen Zulauf. „Wir können leider nicht alle Anrufer gleichzeitig bedienen“, erklärt Pfarrer Dirk Meyer. Acht- bis zehnmal müssten es Hilfesuchende zu Spitzenzeiten schon versuchen. „Unsere Gespräche dauern ja manchmal bis zu einer Stunde.“

Insgesamt stehen 100 Freiwillige aus der Region zur Verfügung, um eine der „Drei-Stunden-Schichten“ der Telefonseelsorge zu übernehmen. „Momentan befinden sich wieder zehn Ehrenamtliche in der Ausbildung“, sagt Dirk Meyer, Leiter der örtlichen Telefonseelsorge. Zur Spitzenzeit, von 19 bis 23 Uhr, laufen die Drähte oft heiß, vor allem in der dunklen Jahreszeit. „Dann sind bei uns immer statt einem Abschluss zwei Anschlüsse besetzt.“

Themen der Anrufenden sind oft heikel

Die Telefonseelsorge arbeitet dreifach anonym, wie Dirk Meyer es nennt. „Die Mitarbeiter-Namen, die Anrufenden und der Ort der Telefonseelsorge werden nicht öffentlich gemacht.“ Dies unter anderem auch zum Schutz der Helfer. „Teilweise weiß selbst das private Umfeld nicht, dass ein Helfer bei uns arbeitet.“

Denn: Die Themen der Anrufenden sind oft heikel. Von Familie, Partnerschaft und Sexualität über alle möglichen Alltagssorgen bis hin zu Selbstverletzung und Missbrauch kommen Probleme zur Sprache. Und es kann auch schon mal aggressiv zugehen. „Wir haben es auch mit psychisch Erkrankten zu tun“, erläutert der Pfarrer.

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Deutschlandweit sind es zu 55 Prozent Senioren zwischen 55 und 75 Jahren, die das Angebot nutzen. Und der Anteil der Frauen ist mit 67 Prozent dabei deutlich höher als der der Männer. „In dieser Gruppe leiden die Menschen am meisten unter Einsamkeit, das ist ihr größtes Thema“, weiß der Pfarrer. Zu etwa 7 Prozent sind die Anrufer 20 bis 29 Jahre alt, 27 Prozent gehören zur Gruppe der 30- bis 49-Jährigen.

15 Monate dauert die Schulung, die ein Helfer absolviert. Dabei seien die Selbsterfahrung und die Biografie-Aufarbeitung wichtig, wie der Pfarrer schildert. Aber auch Gesprächsführung und Kommunikationstechniken würden vermittelt. Viel Raum nähmen die Themenblöcke wie Depression und Suizid, Sucht, Missbrauch, Sexualität und Spiritualität ein.

Jüngere zwischen 14 und 40 nutzen Chat-Angebot

Die ersten Einsätze am Telefon begleitet ein erfahrener Mitarbeiter. Dirk Meyer unterstreicht: Die Ehrenamtlichen leisteten großen Einsatz und gäben viel ihrer eigenen Belastbarkeit. Dies, ohne Anerkennung erwarten zu können. Zur Unterstützung der Mitarbeiter gebe es daher die regelmäßigen Treffen unter fachkundiger Anleitung.

Gerade die Jüngeren zwischen 14 und 40 nutzten das Chat-Angebot, weiß der Pfarrer. Die Verzweiflung sei oft groß. Besonders aufmerksam sei man bei Suizidgefahr. „Wir wissen heute, dass es da oft um Einsamkeit geht. Und wir verstehen jedes Gespräch als präventiv. Wenn jemand beispielsweise keinen Sinn mehr im Leben sieht, werden wir hellhörig. Wir sprechen das behutsam an und machen die Tür auf.“ Jedoch: „Wir geben nur dann einen Rat, wenn wir ausdrücklich darum gebeten werden. Unser Angebot ist das Gespräch.“