Moers. In Moers musste ein traditionsreiches Hotel samt Kneipe schließen. Was der Grund dafür ist und wie es mit der Immobilie jetzt weitergehen soll.
Die Pilsgläser stehen auf der Schanktheke, die Salzstreuer auf dem Frühstücks-Buffet. Es riecht nach geselliger Kneipen-Gemütlichkeit. Die Gäste können kommen. Doch es wird kein Gast mehr kommen, kein Bier mehr getrunken, kein Fremder mehr übernachten. Das traditionsreiche „Hotel Stadt Moers“ an der Uerdinger Straße 58 ist nach 68 Jahren für immer geschlossen. Gastwirt Manfred Kehrbaum (77) hat sich zur Ruhe gesetzt. Das Gebäude soll verkauft werden.
1955 wurde das „Hotel Stadt Moers“ von der renommierten Moerser Baufirma Weyand errichtet. Ein Haus mit langer Geschichte in bester Lage. Mit „Fremdenzimmern“, urigem Gastraum und Frühstückszimmer. Die Küche lag in der ersten Etage, über einen kleinen Speise-Aufzug kamen die Gerichte auf die Tische im Erdgeschoss. Lange her.
„Hotel Stadt Moers“: Eine der letzten Kneipen der Grafenstadt
Vor 27 Jahren übernahm Manfred Kehrbaum das kleine Hotel, das zuletzt einer der wenigen verbliebenen Kneipen in Moers war. Dunkle Balken an der Decke, verblasste Fußballbilder an den Wänden, die Tische blankgescheuert, doch die meisten Gäste saßen ohnehin lieber am Tresen, hinter dem der Chef das Bier zapfte. Sieben Tage die Woche, keine langen Betriebsferien.
„Manni“ war immer für die Gäste da. Morgens ab 10 Uhr gab es das „verlängerte Frühstück“, bis 22 Uhr ließen sich der „Skatclub Alter Fritz“ oder der „Sparklub“ im Gesellschaftszimmer bewirten. Die Anhänger von Schalke, Gladbach und dem MSV feierten große Siege, die Stadtgarde „Blau Weiß“ bezog ihr Quartier. Auch Schlagerstar Franceso Napoli („Balla Balla“) war einmal da und schrieb ein Autogramm, das leicht vergilbt in der Ecke klebt. Einmal im Jahr schaute der Karnevalsprinz vorbei.
Hotel in Moers geschlossen: Zimmer gab es für 30 Euro die Nacht
Links neben der Theke steht der Schreibtisch der „Rezeption“, dahinter hängen die zehn Schlüssel für die Gäste. Das Geschäft mit den „Fremdenzimmern“ lief viele Jahrzehnte gut. Zwar waren die Räume in den oberen Etagen eher schlicht eingerichtet, aber der Preis überzeugte. 30 Euro die Nacht für das Einzelzimmer, 50 Euro für das Doppel (mit Frühstück) hatten ihren Reiz.
Die meisten Gäste waren Monteure, aber auch Refrendare vom Amtsgericht oder junge Ärzte vom nahen Krankenhaus logierten gerne in dem günstigen Haus. Seit Corona allerdings „lief praktisch nichts mehr“, sagt Bernd Schlayer, der das Gebäude in all den Jahren verwaltete.
An dem Gespräch über Vergangenheit und Zukunft seines Hotels möchte Manfred Kehrbaum vor Ort in „seinen“ alten Räumen nicht teilnehmen. Freunde sagen: „Der Abschied ist noch zu frisch.“ Er wolle erst einmal Abstand gewinnen von den „schönen, vergangenen Jahren“ mit den „vielen Erinnerungen“.
Immobilien-Makler aus Kamp-Lintfort sucht Käufer für das Gebäude
Eigentlich wollte das Ehepaar Kehrbaum noch ein Jahr dranhängen, aber nach dem plötzlichen Tod von Ehefrau Hannelore im letzten Juli und einem Sport-Unfall gab der Hotelier jetzt auf. Die Suche nach einem Nachfolger endete ohne Erfolg, auch aus der Verwandtschaft wollte niemand das liebenswerte Familien-Hotel erben. Bernd Schlayer: „In der heutigen Zeit sind halt kaum noch Leute zu finden, die einen gastronomischem Betrieb übernehmen wollen.“
Nun soll der Kamp-Lintforter Immobilien-Makler Karl-Heinz Michael einen Käufer für das historische Gebäude finden. Es wird wohl das Ende einer Epoche. Denn keiner der bisherigen Interessierten möchte das Hotel weiterführen. Karl-Heinz Michael: „Das Haus eignet sich aber ideal für einen Notar oder eine Versicherung.“ Die Stadt Moers habe kein Interesse, das Gebäude als neue Heimat für Flüchtlinge zu erwerben. Der Umbau sei „zu teuer“.
„Hotel Stadt Moers“: Zum Abschied gab es eine Feier für Stammgäste
So endet ein Stück Geschichte. Am letzten Abend des „Hotels Stadt Moers“ gab es eine Feier für alle Stammgäste „mit Imbiss und Getränken zu halben Preisen“. Und dann schloss Manfred Kehrbaum die Tür zu seiner Gaststätte. Für immer.