Moers. No-Go oder toller Ausklang? Kneipengänge nach dem Festessen an Heiligabend sind auch in Moers keine Seltenheit. Kneipenwirt und Gast erzählen.

Singles, die resigniert an einem Frust-Bier nippen und einsame Seelen, die das Fest der Liebe nicht mit Carmen Nebel und ihren Gästen verbringen möchten: So oder ähnlich stellt man sich den typischen Kneipenbesucher an Heiligabend vor. Tatsächlich berichten immer mehr Kneipenwirtinnen und -wirte in Moers von hohen Nachfragen nach einer Öffnung am Abend des 24. Dezembers – und das nicht nur von Seiten der Stammgäste.

„Bei uns ist es da immer richtig voll“, weiß Stephan Müller, dessen Frau den Dschungel-Club in Moers Scherpenberg leitet, zu berichten. Er geht sogar so weit, zu sagen: „Es wäre dumm, nicht zu öffnen.“ Doch wer sind diejenigen, die ihren Weg in die Kneipe finden? Die Antwort des Betreibers mag überraschen: Laut Müller verbringen vor allem Paare den Weihnachtsabend im Dschungel, der jedes Jahr an Heiligabend ab 21 Uhr geöffnet ist. Die Altersspanne reiche weit: „Von jung bis 88 ist alles dabei“, scherzt er.

Kneipengänge an Heiligabend werden bei jungen Leuten beliebter - auch in Moers

Dass ein Kneipenbesuch am 24. Dezember gerade in der jüngeren Generation beliebt ist, beweist Noah Enger. Der 20-Jährige plant, den Heiligen Abend zunächst im Familienkreis zu feiern, „und dann kommen alle und treffen sich im Dschungel“, so Enger. Alle, das ist sein vierköpfiger Freundeskreis. Wie er darauf gekommen ist, am späten Abend noch einmal auszugehen? „Tatsächlich war es die Idee von einem Kollegen“, gesteht er. Im Familien- und Bekanntenkreis besagten Freundes sei es fast schon Tradition, den Heiligabend mit einem Kneipenbesuch abzuschließen.

Ich hoffe auf einen wohligen und geselligen Abend in familiärer Stimmung.
Noah Enger - freut sich, seine Freunde an Heiligabend in der Kneipe zu treffen.

Ansonsten werde Weihnachten im Hause Enger „relativ klassisch“ gefeiert, wie Noah beschreibt: „Jeder trägt etwas zum Essen bei. Dann wird vergleichsweise früh, gegen 17.30 oder 18 Uhr, gegessen. Dadurch, dass wir so früh essen, ist der Abend dann auch immer relativ früh vorbei.“ Auch wenn der Kneipenbesuch den Ablauf des Heiligen Abends kaum beeinflusst, habe seine Mutter zunächst mit Überraschung reagiert. „Der genaue Wortlaut war: ,Ich find‘s mal okay‘“, lacht der 20-Jährige aus Straelen, der in Moers zur Schule ging und nun in der Grafenstadt auf dem Weihnachtsmarkt jobbt. Eine Wortwahl, die Raum für Interpretation bietet.

„Hoffe auf einen wohligen und geselligen Abend“: Noah Enger geht an Heiligabend in eine Moerser Kneipe

Heiligabend in der Kneipe: Für Noah Enger in diesem Jahr eine Premiere. „Spezielle Erwartungen habe ich jetzt nicht wirklich“, gibt er zu. Er hofft auf „einen wohligen und geselligen Abend in familiärer Stimmung“. Er sei ohnehin eher ein Kneipengänger als „ein Partybiest“. Die ein oder andere „einsame Seele“ vermutet er aber auch am Weihnachtsabend im Dschungel anzutreffen, denn: „Kein Mensch will an Weihnachten alleine sein“, meint Enger.

Obwohl die Inhaber des Dschungels von „ganz gewöhnlicher Öffnung“ sprechen, rechnet Noah Enger mit weihnachtlichen Überraschungen. „Ich würde mich nicht wundern, wenn der ein oder andere in einem Ugly-Christmas-Sweater kommt“, sagt er und zeigt lachend auf sich selbst. Der junge Kneipengänger und seine Freunde sowie die Aussagen der Kneipenbetreiber selbst zeigen: Das Bild der traurigen, einsamen Seele, die ihren Heiligen Abend am Tresen der Lieblingskneipe fristet, gibt es nicht. Vielmehr bietet der Kneipenbesuch die Möglichkeit, das Fest der Nächstenliebe zusätzlich zur Kernfamilie mit der Wahlfamilie und guten Freunden zu feiern.

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