Neukirchen-Vluyn. Nirgendwo im Kreis Wesel sind Immobilienbesitzer so zufrieden mit ihrer Nachbarschaft wie in Neukirchen-Vluyn. Woran liegt das? Eine Spurensuche.
Wenn Anja Steinhoff einmal keine Kettensäge zur Hand hat, kann sie sich auf ihre Nachbarschaft verlassen. Im Neubaugebiet Niederberg ist die Rettung oft nur eine WhatsApp-Nachricht entfernt. Rund 40 Bewohnerinnen und Bewohner des etwa zehn Jahre alten Wohnquartiers sind in dieser Gruppe vernetzt. Insgesamt fassen die vier Quartiere rund 300 Wohneinheiten, meist frei stehende Einfamilienhäuser. „Aus der nachbarschaftlichen Verbundenheit sind schnell Freundschaften entstanden“, sagt Steinhoff, die aus Moers nach Neukirchen-Vluyn gezogen ist.
Die Gespräche gehen dabei oft über den typischen Smalltalk am Gartenzaun hinaus. Und wenn ein Bewohner der Siedlung krank wird, hilft der Mann oder die Frau nebenan auch mal mit dem Wocheneinkauf. Für Anja Steinhoff ist die gute Nachbarschaft ein wichtiger Grund, warum sie so gern in Neukirchen-Vluyn lebt.
Nachbarschaft ist in Neukirchen-Vluyn besonders angesagt
Damit scheint sie in ihrer Stadt nicht allein zu sein, wie die repräsentative Umfrage des NRZ-Immobilienchecks belegt. Hierbei hat die Redaktion Eigentümerinnen und Eigentümer gefragt, mit welcher Schulnote sie das Leben und Wohnen in ihrer Immobilie bewerten würden. Mehr als die Hälfte der Befragten in Neukirchen-Vluyn (52 Prozent) hat sich für die Note 1 entschieden. Zum Vergleich: In Moers (39 Prozent) und Kamp-Lintfort (37 Prozent) ist der Anteil der Bestnote deutlich geringer.
Lesen Sie hier die Ergebnisse der Immo-Check-Frage:
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Als Grund für die gute Bewertung gaben die Immobilienbesitzer aus Neukirchen-Vluyn etwa den guten Zustand ihres Zuhauses sowie die Nähe zur Natur an. Besonders wichtig ist ihnen ebenso eine gute Nachbarschaft. Diesen Faktor haben 84 Prozent der zufriedenen Befragten genannt, Spitzenwert im gesamten Kreis Wesel. Doch woran liegt das?
Das sind die Gründe für die Zufriedenheit
Ein Grund ist offenkundig die Hilfsbereitschaft, auf die auch die Niederberger große Stücke halten. „Hier braucht nicht jeder eine eigene Bierzeltgarnitur oder eine eigene Säge“, sagt Anwohner Klaus Bittmann. An der Kaffeetafel im Garten der Steinhoffs gerät der Neukirchen-Vluyner genau wie seine Nachbarn ins Schwärmen über den Zusammenhalt im Quartier. „Meine Frau und ich sagen jeden Morgen mit Blick aus dem Fenster, dass unsere Nachbarschaft und die Lage am Rande des Zechenwaldes unser Sechser im Lotto sind“, ergänzt Theo Schulte. „Man kann wirklich bei jedem Nachbarn anklingeln, wenn man ein Problem hat“, bekräftigt Gerd Forysch.
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Im Sinne der Nachbarschaftspflege hat Wolfgang Wilms seinen Gartenzaun sogar extra niedriger bauen lassen. „Ich finde die lockere Bebauung in unserem Quartier klasse. Jeder konnte aufgrund der lockeren Vorgaben individuell bauen, nur die Maximalhöhe von 11,50 Metern war vorgegeben“, sagt der aus Krefeld zugezogene Neukirchen-Vluyner.
Trotz aller Freiheiten hat nicht jeder der Bewohnerinnen und Bewohner des Neubaugebiets sein eigenes Ding gemacht. Schließlich begann der Zusammenhalt unter den Nachbarn schon weit vor dem Einzug, wie Anja Steinhoff berichtet: „Wir haben schnell alle anderen Käufer kennengelernt und uns vernetzt. So konnten wir bei der Grundstücksvermessung oder der Bestellung von Legi-Zäunen mit gemeinsamen Aufträgen deutlich niedrigere Preise aushandeln.“
Die Nachbarn in Neukirchen-Vluyn feiern ihre Feste
Das erste gemeinsame Grillfest haben die Niederberger noch auf dem Brachland des ehemaligen Kohlelagers veranstaltet. Viele weitere sollten folgen. „Jedes Jahr feiern wir ein großes Sommerfest. Mit diesem Erlös bezahlen wir dann einen großen Weihnachtsbaum für den Quartierplatz, den die Kinder aus der Siedlung schmücken.“
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Dennoch läuft selbst in der Vorzeige-Nachbarschaft nicht alles glatt. „Natürlich gibt es auch hier mal einen Streit am Gartenzaun oder jemand ruft die Polizei wegen lauter Musik“, sagt Wolfgang Wilms. Er und seine Nachbarn sind sich trotzdem einig, dass die Mischung der Generationen und Charaktere das Viertel belebt. Sorge bereiten den Niederbergern indes die Pläne eines angrenzenden Kiesabbaugebietes. Mit einer Unterschriftenaktion kämpfen die Anwohner gegen mögliche Abgrabungen. Auch diese gemeinsame Aktion kann die nachbarschaftliche Verbundenheit nur weiter stärken.