Moers. Ein Igelfund in Moers sorgte auf Facebook für Aufsehen. Doch was tun, wenn man ein Tier in Not findet? Eine Expertin warnt vor gängigen Fehlern.

Mit der Bildunterschrift „Der kleine Kerl rannte beim Josef-Stift rum. Habe ihm natürlich geholfen“, postet ein Facebook-Nutzer ein Video von einem Igel, der mit einer Tüte über dem Kopf blind durch die Gegend spaziert in die Facebook-Gruppe „Was ist los in MOers“.

Tierärzte schläfern Igel ein

Igel-Expertin Bianca Kettler aus Neukirchen-Vluyn päppelt bei sich daheim immer wieder Igel auf und ist im ständigen Austausch mit Tierärzten, bei denen die kleinen Säugetiere oft fälschlicherweise abgegeben werden würden, sagt sie. Der Grund: „Viele Tierärzte kennen sich mit Igeln nicht aus und schläfern sie ein“, erklärt Kettler. Das darf laut § 16a des Tierschutzgesetzes nur dann passieren, wenn das Tier „nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden nicht weiterleben kann“.

Kettler sagt, dass der Igel ein Wildtier sei und nicht in die Pflichtausbildung eines Tierarztes gehöre. Entsprechende Seminare seien kostspielig und müssten von den Studierenden selbst getragen werden, was kaum jemand mache. Eine Igel-Pflegestelle sei da die bessere Anlaufstelle. Der Moerser Tierarzt Dr. Sucur bestätigt, die oft fehlenden Behandlungskenntnisse. Er ist jedoch der Meinung: „Es gibt Bücher und dann guckt man, wie man das Tier behandelt“, sagt er. Seine Begründung: Das sei immer noch besser, als das Tier sterben zu lassen.

Igel leiden unter Nahrungsmangel

Gutwillige Tierärzte würden sich hin und wieder an den stacheligen Tieren versuchen und sie wie Katzen behandeln, da sie ihnen am nächsten kämen, erzählt Kettler. Doch oft falle die Medikamentendosierung bei den Igeln entweder zu hoch oder zu niedrig aus. „Igel haben einen höheren Stoffwechsel als Katzen“, sagt Kettler. Deswegen ist die Behandlung nicht mit der einer Katze zu vergleichen.

Ein Grund für die vermehrt tagesaktiven Igel sei der Mensch. Igel sind Insektenfresser und leiden aktuell immer mehr an Nahrungsmangel, der durch den Menschen genutzte Pestizide, Rollrasen oder auch Steingärten entsteht und gefördert wird. Der Igel-Rückgang betrage deutschlandweit aktuell 30 Prozent - Tendenz steigend, sagt die Expertin.

„Gesunde Igel sind dämmerungs- und nachtaktive Tiere“

„Gesunde Igel sind dämmerungs- und nachtaktive Tiere“, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den geschützten Tierarten zählen, schreibt der Verein der Igelfreunde Ruhrgebiet. „Jeder tagaktive Igel ist schwer krank - auch, wenn es nicht so aussieht,“ so Kettler. Der Grund für Tagspaziergänge sei oft hohes Fieber, was die Tiere den Tag nicht von der Nacht unterscheiden lässt, erklärt sie. Die Igelfreunde-Ruhrgebiet raten, tagaktive Igel zu beobachten.

Wirkt der Igel orientierungslos oder benommen? Liegt er auf der Seite? Wirkt er gut genährt? Eine ausführliche Checkliste findet sich auf der Homepage des Vereins. Fiebrige Igel haben in der Regel einen kalten Bauch. Dennoch koche das Tier innerlich regelrecht und brauche eine Wärmflasche, so die Igel-Expertin. Vor dem Fieber oder potenziellen Krankheiten sollten Finder keine Angst haben, denn Igel hätten keine Krankheiten, die auf dem Menschen übertragbar seien.

Was tun, wenn man einen Igel findet?

Wer also einen Igel bei Tageslicht draußen findet, könne diesen aufnehmen, in einen ausbruchsicheren Karton mit Luftlöchern legen und mit Wasser und Katzen-Trockenfutter versorgen, so die Expertin. Vor den Stacheln des Tieres sollten sich Finder in acht nehmen. Hier sei es ratsam, zum Eigenschutz, die Tiere mit Handschuhen oder einem Handtuch aufzunehmen.

Bei Jungtieren ist jedoch Vorsicht geboten. Sie seien oft sehr neugierig und würden das Nest nur aufgrund ihrer Abenteuerlust verlassen, so Kettler. Weitere Tipps für den Umgang mit Igeln wurden unter dem Video in der Moerser Facebook-Gruppe von anderen Nutzern gepostet. Doch an welchen Tipps ist etwas dran und wie kann jeder den stacheligen Säugetieren helfen?

Einen igelfreundlichen Garten schaffen

Wer im Herbst in seinem Garten arbeitet, sollte das Laub nicht wegfegen und entfernen. Hier gilt: Wild statt ordentlich ist igelfreundlicher. Sollten die herabgefallenen Blätter das Auge doch womöglich stören, wird empfohlen, sie wenigstens auf einem Haufen zu sammeln. Ebenso kann mit Totholz Nahrung für Igel geboten werden, denn in dem Holz nisten sich oft Insekten und Käfer ein.