Moers. Eine Fotoausstellung auf Schacht IV erzählt, warum Integration im Bergbau jahrzehntelang funktioniert hat. Was die Besucher sonst noch erwartet.
Kohlegeschwärzte Gesichter mit strahlend weißen Zähnen, schmutzige Arbeitskleidung vor nachtdunkler Kulisse und viele freundliche Gesichter: Die neue Ausstellung zum Thema Integration, Titel: „Unter Tage waren wir alle gleich“, ist rechtzeitig zum Saisonstart am 7. Mai im Industriedenkmal Rheinpreussen/Schacht IV fertig geworden. 21 großformatige, sehenswerte Fotos erinnern an die einstige Arbeitswelt der Bergleute, in der deutsche und ausländische Kumpel unter Tage fest zusammenhielten.
Nach der Dauerausstellung zur Grubenwehr und dem Raum zum Thema Waschkaue, die erst im letzten Jahr fertig wurden, stellt der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV) jetzt die Fotoausstellung in der Fördermaschinenhalle vor. Nicht nur die Bilder, auch die Erläuterungen dazu seien wichtig, wie der stellvertretende Vorsitzende des GMGV, Dr. Wilfried Scholten, erklärt. Die aufschlussreichen Texte stammten aus den ehemaligen Werkszeitschriften, die die damalige Unternehmenspolitik veranschaulichten. Auch die Revierarbeitsgemeinschaft für kulturelle Bergmannsbetreuung, die seit 1948 wichtige integrative Arbeit geleistet habe, werde da häufig zitiert.
Ein Team aus ehemaligen Bergleuten um André Thissen machte die Ausstellung möglich. Dass gerade das Thema Bergbau und Integration bis heute eher selten in den Vordergrund tritt, sei wohl auch der Tatsache geschuldet, „dass Integration bei der Arbeit unter Tage nie ein Thema war. Wir waren eben alle gleich“, schildert Thissen aus einstigen Zeiten.
Die ersten kamen schon 1904
Aufgezeigt wird die Historie: 1904 kamen die ersten Bergleute aus Slowenien, Tschechien und Polen nach Utfort oder Meerbeck, nach Hochheide oder Homberg. „Angelockt durch Arbeit und Brot, aber auch durch die Wohnungen in den Zechensiedlungen“, schildert Thissen. Nach dem Krieg kamen die Vertriebenen aus dem Osten, Anfang der 50-er Jahre Arbeitsuchenden aus Ostfriesland, Bayern oder dem Hunsrück.
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Das Wirtschaftswunder rief die so genannten „Gastarbeiter“ auf den Plan. Allein auf den neun Anlagen Rheinpreussens in Moers und Homberg fehlten damals 1000 Kräfte. „Als erstes kamen 1957 Italiener zu uns, gefolgt von Jugoslawen, Spaniern, Marokkanern und Griechen; dies bis 1963. Kurz danach reisten auch die türkischen Gastarbeiter an“, berichtet Thissen weiter. Spätaussiedler aus Polen und Russland seien Ende der 70-er Jahre die letzten Zuwanderer in den Zechenregionen gewesen. Zu Hochzeiten, etwa im Jahr 1957, verzeichnete die Rheinpreussen AG 19.000 Beschäftigte.
Unter Tage habe es teils auch Dolmetscher gegeben, bekundet ein Ehemaliger. „Aber die ausländischen Beschäftigten lernten ja auf der Bergschule auch Deutsch“, weiß der ehemalige Bergman Jürgen Kohl, einst auch Gesamtbetriebsratsvorsitzender Rheinpreussen. „Wir haben in der Ausbildung ja alle den gleichen Weg gemacht.“
Streckenausbau nachgebaut
Die Fotos stammen von Fotografen bzw. fotografierenden Bergleuten wie Ulrich Kreß, Dieter Krämer, Helmut Knoof oder Friederike Most und wurden im Auftrag der RAG zwischen 1973 und 2010 gemacht. Da lächelt beispielsweise Sevket Aslan gut gelaunt mit geschwärztem Gesicht und weißen Zähnen vor der Kulisse Rossenray: „Das war 2010“, meint der heute 61-Jährige, der sich gern an seine aktive Zeit erinnert. Thissen: „1993 war Schluss mit dem Bergbau in Moers, Pattberg wurde als letztes dicht gemacht.“
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Nicht zu vergessen: Im Keller des Maschinenhauses hat das Team um Alberto Dominguez einen alten Streckenausbau mit Holzpfählen nachgebaut. Auch der ehemalige Eingangsbereich zum Förderkorb wurde für Besucher wieder erlebbar gemacht. Frank Heinrich vom GMGV unterstreicht: „Dies alles wurde durch die Kooperation mit dem Stadtteilbüro Neu-Meerbeck ermöglicht. “
Die Ausstellung in der Fördermaschinenhalle ist vom 7. Mai bis Ende Oktober geöffnet: Jeden Sonntag von 13 bis 16 Uhr auf Schacht IV, Zechenstraße 50. Der Eintritt ist frei. Führungen mit den ehrenamtlichen ehemaligen Bergleuten können unter schacht4@gmgv-moers.de vereinbart werden.