Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn ist eine Bäckerei ausgezeichnet worden. Die Ausbildung ist laut Urkunde „hervorragend“, doch ein Problem bleibt für den Chef.

Die Biobäckerei Schomaker an der Weserstraße 11 in Neukirchen-Vluyn darf sich jetzt vorbildlich nennen: Die Agentur für Arbeit in Wesel und das Jobcenter Kreis Wesel zeichnen das Unternehmen mit seinem Chef Andreas Schomaker für hervorragendes Engagement in der Ausbildung mit dem offiziellen Ausbildungszertifikat 2022/2023 aus. Anlässlich des Überreichens der Urkunde kommen auch die Nachwuchssorgen nicht nur im Handwerk zur Sprache.

Zum 16. Mal zeichnen das Jobcenter und die Agentur für Arbeit Unternehmen für ihre Nachwuchsförderung aus; je eines im Kreis Wesel und eines im Kreis Kleve. Den Rahmen dazu bildet die Woche der Ausbildung mit vielen Aktionen, die noch bis zum 19. März dauert.

So geht es zu in der Bäckerei in Neukirchen-Vluyn: Gesellin Renate Nöh bereitet den Teig vor.
So geht es zu in der Bäckerei in Neukirchen-Vluyn: Gesellin Renate Nöh bereitet den Teig vor. © FUNKE Foto Services | kk

Zurzeit bildet die Bäckerei neun junge Leute in Verkauf, Bäckerei und Konditorei aus. Was aber leider nicht reiche, wie Andreas Schomaker bekundet. Obwohl die duale Ausbildung viele Vorteile habe, wie Dominik Blechschmidt von der Agentur für Arbeit, Geschäftsführer Operativ, erklärt: „Sie bietet neben einem frühen Start in den Beruf mit gutem Einkommen auch einen existenzsichernden Arbeitsplatz. Das ist bei einem Studiengang nicht zwangsläufig gegeben.“ Trotzdem gingen 60 bis 80 Prozent der Schulabgänger heute in ein Studium.

Schomaker, so Blechschmidt weiter, biete jungen Leuten beispielsweise Langzeitpraktika als Brücke in die Ausbildung. Es gebe übertarifliche Zahlungen bei entsprechendem Engagement und viele Weiterbildungsmöglichkeiten. „Leider kommen heute zwei freie Ausbildungsplätze auf einen Jugendlichen.“ Beispielsweise mit Elternabenden werbe man verstärkt für die Ausbildung. Personalleiterin Monika Vollmer ergänzt: „Eltern tun ihrem Kind mit dem Studium nicht immer einen Gefallen. Da herrscht auch großer Druck.“

Das Handwerk sei keine Sackgasse, beispielsweise gebe es die Meisterschule oder das Bachelor-Studium, weiß Schomaker. Aber er mahnt auch: „Wir müssen uns anstrengen, unser Fachwissen zu erhalten. Andernorts wissen Gesellen kaum noch, wie man Biskuit- oder Brandmasse herstellt.“

Leider fehle oft die Anerkennung, hat Schomaker festgestellt: „Es gibt Schulleitungen, die immer noch ausschließlich ein Studium empfehlen.“ Erstaunen sei die Reaktion, wenn er berichte, wie gut im Handwerk verdient werde und wie die Arbeitszeiten sich verändert hätten. „Wir arbeiten in zwei Schichten, spätestens um 2 Uhr ist Feierabend. Das ist für junge Leute beste Partyzeit.“

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Auch die Personalchefin bei Schomaker ist flexibel: „Wer sich bewirbt und engagiert ist, bekommt eine Chance.“ Dies gelte auch für Umschüler, Studienabbrecher und Menschen mit Flüchtlingshintergrund. „Wir haben hier einen jungen Marokkaner, und wir sind sehr zufrieden mit ihm.“ Praktika vermittelt Andreas Schomaker bei entsprechendem Engagement den Azubis auch schon mal ins Ausland wie nach Spanien, in die Schweiz oder nach Paris.

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Die Biobäckerei Schomaker beschäftigt 90 Mitarbeiter, die meisten wurden im Hause ausgebildet. Neben dem heutigen Stammsitz in Neukirchen gibt es sieben Filialen in Neuss, Aachen, Krefeld, Duisburg, Moers und Rheurdt. Die Biobäckerei ist regelmäßig auf 15 Wochenmärkten mit sechs Marktwagen vertreten.


Gegründet wurde
das Familienunternehmen von Erich Schomaker, Vater des heutigen Chefs, 1964 in Rheinberg. Später zog man nach Rheurdt. Dort übernahm Andreas Schomaker den herkömmlichen Handwerksbetrieb 1987 und formte ihn zur Biobäckerei um. In den Folgejahren expandierte das Unternehmen und verlegte den Sitz nach Neukirchen.