Am Niederrhein. Für die Volksbank Niederrhein war 2022 ein „bärenstarkes Jahr“. Was dem Vorstand mit Blick auf Wirtschaft und Politik dennoch Sorgen bereitet.
Guido Lohmann, Vorstandschef der Volksbank Niederrhein, ist selten um griffige Formulierungen verlegen. Entsprechend bildstark fiel sein Fazit aus, als er am Freitag gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Dieter Hackstein die Bilanz seines Kreditinstituts für 2022 vorlegte: Ein „bärenstarkes Jahr“ sei das für die Volksbank gewesen – trotz aller wirtschaftlicher und politischer Turbulenzen, sagte Lohmann.
So schraubte die Volksbank das Volumen aller von ihr getätigten Geschäfte auf 4,37 Milliarden Euro, die Bilanzsumme auf mehr als zwei Milliarden Euro; beides sind Rekordwerte. Der Nettokreditbestand kletterte 2022 um rund zehn Prozent, wobei sich das Wachstum zu etwa gleichen Teilen auf die private Baufinanzierung und das Firmen- und Gewerbekundengeschäft verteilt. Die Kundeneinlagen stiegen um neun Prozent. Der Bilanzgewinn stieg gegenüber dem Vorjahr um etwa fünf Prozent auf 3,38 Millionen Euro. Vorstand und Aufsichtsrat der Volksbank werden der Vertreterversammlung eine Dividendenzahlung auf die Genossenschaftsanteile der 23.000 Volksbank-Mitglieder von vier Prozent vorschlagen.
Guido Lohmann bewertete auch die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen des Jahres 2022, das mit 1,9 Prozent ein unerwartetes Wirtschaftswachstum gesehen habe. Wachstumstreiber sei der private Konsum nach zwei Jahren der Einschränkungen durch die Pandemie, so Lohmann: „Handel, Gastronomie und die Reisebranche haben davon enorm profitiert.“ Flankiert worden sei dies durch die Unterstützungsprogramme der Bundesregierung. Bei aller berechtigter Kritik im Einzelnen „war es schon stark, wie schnell und umfangreich die Maßnahmen realisiert worden sind.“ Wichtig sei aber, die drängenden Probleme der Wirtschaft wie Bürokratie, hohe Steuern und Energiekosten anzugehen. Er wünsche sich eine Wirtschaftspolitik, die den Mittelstand entlastet.
Im Haus kein Produkt, das die Inflation schlägt
Sorgen bereitet dem Bankchef auch die Inflation, die nach seiner Einschätzung 2023 „um die sechs Prozent“ liegen wird. Die Teuerung betreffe zum erheblichen Teil Wohnen, Wasser und Energie und belaste vor allem die Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen, die Haushalte mit hohem Einkommen kaum. Dies fördere die soziale Spaltung der Gesellschaft. Auch für Sparer sei die Inflation trotz steigender Zinsen schlecht: „Man muss den Leuten ehrlich sagen, dass sie Geld verlieren“, erklärte Lohmann. „Wir haben im Haus kein Produkt, das die derzeitige Inflation schlägt.“
Gestiegene Kosten und Zinsen sowie zunehmender Fachkräftemangel führten dazu, dass bezahlbarer Wohnraum derzeit kaum geschaffen werde, erklärte Lohmann weiter. Neubaumaßnahmen seien derzeit beispielsweise in Moers oder Xanten nur noch mit Mieten von 13 Euro pro Quadratmeter finanzierbar. „Es wird allerhöchste Zeit“, forderte der Banker, „dass die Politik die erforderlichen Rahmenbedingungen deutlich verbessert.“