Moers. Vor 80 Jahren wurden 21 zumeist betagte Moerser Jüdinnen und Juden ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, unter ihnen ein bekannter.
Die zweite große Verschleppungsaktion jüdischer Bürgerinnen und Bürger ging von Moers über Düsseldorf am 25. Juli 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt: 21 zumeist betagte jüdische Männer und Frauen, darunter der 90-jährige Otto Gutmann, der 86-jährige Dr. Oskar Bähr und seine 79-jährige Frau Madchen. Wie das Grafschafter Museum in einer Pressemitteilung berichtet, starben viele der Moerser Juden wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Theresienstadt. Andere wurden nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.
Nachdem am 10./11. Dezember 1941 über 80 Moerser Jüdinnen und Juden nach Riga deportiert worden waren, lebten – abgesehen von Jüdinnen und Juden in Mischehen – nur noch überwiegend betagte jüdische Menschen in Moers. Ihre jüngeren Familienangehörigen waren deportiert oder ins Ausland geflohen. Zumeist wohnten sie unfreiwillig in einem der sogenannten Judenhäuser. So hatten viele der am 25. Juli nach Theresienstadt Deportierten ihre letzte Adresse in der Burgstraße 16.
Ab 1941 nutzten die Nationalsozialisten die ehemalige Garnisonsstadt Theresienstadt als Zwischenstation für rund 88.000 jüdische Menschen aus dem „Protektorat Böhmen und Mähren“ bis zu ihrer endgültigen Deportation in die Vernichtungslager. Auf der „Wannseekonferenz“ im Januar 1942 wurde Theresienstadt als „Altersghetto“ bestimmt: jüdische Menschen über 65 Jahre, Soldaten des Ersten Weltkriegs und prominente Juden aus dem Reichsgebiet sollten dort zunächst untergebracht werden.
Nur wenige Deportierte überlebten
Die NS-Propaganda machte aus Theresienstadt eine „jüdische Mustersiedlung“ und ein „Vorzugsghetto“. Die Realität war eine andere: Von den 141.000 nach Theresienstadt Deportierten überlebten nur rund 4000. Von den am 25. Juli aus Moers deportierten Jüdinnen und Juden überlebte nur eine Frau.
Unter den aus Moers nach Theresienstadt deportierten war Louis Leyser. Er hatte im Ersten Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich gekämpft und einen Arm verloren. Demonstrativ legte er beim Verlassen seiner Wohnung in der Friedrichstraße 33 sein Eisernes Kreuz auf den Tisch. Gemeinsam mit den Eltern Dr. Oscar und Madchen Bähr wurden Dr. Hermann Bähr und seine Frau Helene nach Theresienstadt deportiert. Der ehemalige Rabbiner Dr. Oscar Bähr und seine Frau waren 1934 nach seiner Pensionierung nach Moers gezogen, um in der Nähe ihres Sohnes zu wohnen.
Dass der 59-jährige praktische Arzt und letzte Moerser Synagogenvorsteher Hermann Bähr nicht schon im Dezember 1941 nach Riga deportiert worden war, lag an seiner Bekanntheit und Funktion. Hermann Bähr, der sich nur noch „Krankenbehandler“ nennen und nicht mehr praktizieren durfte, gehörte bis 1933 zu den angesehensten Persönlichkeiten in der Stadt.
Dreharbeiten wohl noch miterlebt
Als die Nationalsozialisten im Sommer 1944 den NS-Propagandafilm „Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“ drehten, lebten von den im Juli 1942 von Moers nach Theresienstadt Deportierten noch fünf. Hermann Bähr und seine Frau Madchen müssen die Dreharbeiten noch mitbekommen haben. Im Oktober 1944 wurden sie nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Am Dienstag, 26. Juli, findet um 17 Uhr eine Führung durch die neue Dauerausstellung im Alten Landratsamt statt. Im Mittelpunkt der Führung wird die Geschichte der Familie Bähr stehen. Eintritt und Teilnahme sind kostenfrei.